Inmitten der Stadt Dinslaken erhob sich am 14. Oktober 1906 ein kleiner Dorfverein aus dem Stadtteil Hiesfeld. Der TV Jahn Hiesfeld sollte fortwährend einer der konstanten Größen im Oberligafußball am Niederrhein bilden und seit 1945 am Fußballgeschäft teilnehmen.
Über Kuriositäten und große Erfolge - beim TV Jahn findet man zahlreiche Geschichten. Heutzutage sehen die Nachrichten zum Traditionsverein aus dem Dorf schon ganz anders aus. Der einstige Primus der Oberliga kickt mittlerweile nur noch in der Bezirksliga.
Die Hiesfelder, die in der ewigen Oberligatabelle den neunten Platz belegen, feierten die wahrscheinlich verrückteste Saison ihrer Vereinsgeschichte im Jahr 2013/14. In der Liga belegten die Veilchen den vierten Platz und verpassten den Aufstieg in die Regionalliga West nur um fünf Punkte. Doch dieses Jahr wurde erst so einzigartig durch den Fast-Erfolg im Niederrheinpokal.
Über den Wuppertaler SV im Viertelfinale und den KFC Uerdingen, der damals in der Regionalliga West unterwegs war, zogen die Veilchen ins Finale ein.
An das Endspiel des Niederrheinpokals wird sich wohl jeder Anhänger des Klubs erinnern. Am 15. Mai 2014 endete zwar das Märchen für die Veilchen, doch die Partie gegen den MSV Duisburg vor 24.002 Zuschauern dürfte unvergessen bleiben. Bei der 2:5-Niederlage ging der Underdog sogar durch Dennis Hecht in Führung, konnte diese jedoch nicht lange halten. Bis heute bleibt das Erreichen des Niederrheinpokalfinals wahrscheinlich die größte Errungenschaft in der Vereinshistorie des TV Jahn Hiesfeld.
Im Angleroutfit an der Seitenlinie
Im Anschluss ging es langsam bergab: In der Saison 2018/19 stand der TV Jahn bereits länger als Absteiger in die Landesliga fest. Das Trainerteam um Chefcoach Markus Kay war bereits nach der 1:2-Heimniederlage gegen den SC Velbert via WhatsApp von Präsident Dietrich Hülsemann entlassen worden.
Hülsemann echauffierte sich im Nachgang an die Partie bei der NRZ: "Da war kein Einsatz, kein System, gar nichts. So kann man nicht weitermachen. Ich habe hinter dem Tor gestanden und die Bälle geholt, die ins Aus gingen. Dabei saßen fünf Spieler auf der Bank. Von denen hat sich keiner gerührt. Und unsere Trainer sitzen regungslos auf ihren Campingstühlen. Ich wollte denen schon eine Angel in die Hand drücken."
Gesagt, getan: Beim letzten Oberliga-Auftritt seiner Mannschaft (es setzte eine 1:5-Pleite gegen den TSV Meerbusch) ließ sich Kay den Spaß nicht nehmen, den Worten seines Präsidenten taten folgen zu lassen.
Der Trainer erschien in kompletter Anglermontur. Campingstuhl, Hut, Sonnenbrille und eine Angel. "Es war eine Art stiller Protest. Nachdem Herr Hülsemann diese Aussagen bezüglich Campingstuhl und Angel gemacht hatte, hat sich das schnell zu einem Running Gag innerhalb der Mannschaft entwickelt. Ich habe einfach gegen diesen unwürdigen Abschied protestiert", begründete Kay seine Aktion damals gegenüber RevierSport.
Von der Ober-bis in die Bezirksliga
Nach dem Wiederaufstieg in die Oberliga in der Saison 2019/20 spielte Hiesfeld noch für eine kurze Zeit in der fünfthöchsten Spielklasse, ehe sich Hülsemann am Ende der Saison 21/22 dazu entschied, die Mannschaft aus der Oberliga zurückzuziehen. Seitdem kickt der TV Jahn nur noch in der Bezirksliga. In dieser Saison das nächste Desaster: Denn die Mannschaft wurde frühzeitig erneut zurückgezogen. Ab der Saison 2024/25 wird der Dorfklub wohl einen Neuanfang in der Kreisliga A wagen.
Jochen Bruckmann, Abteilungsleiter vom Seniorenbereich des TV Jahn, wagt einen Ausblick, wie es mit dem einst stolzen Oberligisten weitergehen könnte: "Wir wollen in Zukunft auf einen Stamm setzen, der aus Hiesfeldern besteht. In der kommenden Saison wollen wir uns erst einmal in der Kreisliga A etablieren. Mittelfristig ist die Bezirksliga definitiv ein Ziel, welches wir anpeilen wollen. Die Zeiten der Landesliga oder sogar Oberliga sind soweit das Finanzielle reicht, definitiv vorbei. Ohne Sponsorengelder oder Ähnliches ist das beim TV Jahn leider nicht mehr zu realisieren."