Berti Vogts will nicht mehr. Der frühere Bundestrainer hat keine Lust mehr auf den ständigen Kampf mit den Vereinen in der Liga von Aserbaidschan und persönliche Anfeindungen selbst von Journalisten und wird seine Tätigkeit als Fußball-Nationaltrainer in dem Öl-Staat am Kaspischen Meer wohl in Kürze beenden. "Das ist die Tendenz", wird Vogts in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zitiert. Dem ehemaligen Nationalspieler lägen "zwei interessante Angebote" als Nationaltrainer vor.
"Strukturen, die undenkbar sind"
Für eine weitere Tätigkeit in Aserbaidschan hätte Vogts vorausgesetzt, dass seine "sportlichen Wünsche an die Liga erfüllt" und auch vertraglich festgeschrieben würden. "Da ich weiß, dass es dazu nicht kommen wird, werde ich meine Arbeit wohl beenden", sagte der 64-jährige Vogts, der aber noch einmal mit dem Verband sprechen und seine Entscheidung erst danach offiziell bekannt geben will. "Denn der Verband war immer fair zu mir", sagte er.
Nicht zuletzt deshalb hatte er sich wohl im Juni noch dazu entschlossen, seine Tätigkeit weiter auszuüben, obwohl er bei einer Pressekonferenz tätlich angegriffen worden war - mit Toilettenpapier und einer Gießkanne. "Hier gibt es Strukturen, die sind bei uns undenkbar", hatte Vogts damals dem Sport-Information-Dienst (SID) gesagt: "Wenn drei Verrückte auf einen einstürmen, dann fühlt man sich bedrängt. Ich hatte Angst."
Vogts in die Türkei
Doch mehr als im ständigen Clinch mit den Journalisten rieb sich Vogts im Kampf mit den teilweise reichen Klubbossen um bessere Strukturen und die Förderung einheimischer Spieler auf. Schon in seinen ersten beiden Jahren nach dem Dienstantritt im April 2008 seien ihm immer und immer wieder Steine in den Weg gelegt worden. Lediglich das gute Verhältnis zu Verbandsboss Rownag Abdullajew und Generalsekretär Elkhan Mammadow habe dazu geführt, dass er 2010 seinen Vertrag um zwei Jahre verlängert hatte.
Jetzt schaut sich Vogts, der 1996 bei der EM in England die deutsche Nationalmannschaft zum bislang letzten Titel geführt und auch unter anderem schon als Nationaltrainer in Schottland (2002 bis 2004) und Nigeria (2007 bis 2008) gearbeitet hatte, bei anderen Verbänden um. Zuletzt wurde er schon als möglicher Nachfolger von Guus Hiddink in der Türkei gehandelt.
Vier Pleiten gegen Deutschland
In bislang 41 Länderspielen unter Trainer Vogts holte Aserbaidschan acht Siege und zehn Unentschieden, darunter ein 1:1 gegen Russland in der Qualifikation für die WM 2010 in Südafrika. Als bestes Spiel seiner Mannschaft bezeichnete Vogts aber die "höchst unglückliche" 0:1-Niederlage gegen die Türkei zuletzt in der Qualifikation für die EM 2012 in Polen und der Ukraine, nachdem er im Hinspiel gegen die Türken sogar einen 1:0-Erfolg gegeben hatte.
Viermal war es in der Vogts-Ära in Aserbaidschan auch zu Duellen mit der deutschen Nationalmannschaft gekommen, die der ehemalige Bundestrainer immer als Lehrstunden für seine Spieler einordnete. In der Qualifikation für die WM 2010 gab es ein 0:2 und ein 0:4, in den Qualifikationsspielen für die EM 2012 ein 1:6 und ein 1:3.