Der "Clasico" war wieder ein "Scandalico", und der böse Bube hieß einmal mehr José Mourinho: Der exzentrische portugiesische Star-Trainer von Real Madrid leistete sich bei den Tumulten in der Nachspielzeit beim 2:3 im Supercup-Rückspiel beim Erzrivalen FC Barcelona (Hinspiel 2:2) eine Tätlichkeit gegen Barca-Assistenz-Trainer Tito Vilanova. Mourinho versuchte, Vilanova am Ohr zu ziehen, weil sich dieser aber abwandte, landeten ein Finger des Real-Coaches im Auge seines Kollegen. Festgehalten von den TV-Kameras.
Dem 48-Jährige droht nun ein erneutes juristisches Nachspiel nach einem Clasico voller Rasse und Klasse, erneuten Geniestreichen von Weltfußballer Lionel Messi, aber auch hässlichen Handgreiflichkeiten in der Nachspielzeit sowie drei Roten Karten. Betroffen war unter anderem der schon ausgewechselte Nationalspieler Mesut Özil, der ebenfalls in die Auseinandersetzungen verwickelt war und nun zum Saisonstart von La Liga gesperrt ist.
Mourinho, in der vergangenen Saison wegen seiner Verschwörungstheorien und Schiedsrichter-Schelte von der Europäischen Fußball-Union (UEFA) nach dem Champions-League-Halbfinale der spanischen Renommierklubs für fünf Spiele gesperrt, gab sich als Unschuldslamm. "Vor 'Pito', oder wie der heißt, habe ich nichts zu verbergen", sagte Mourinho und meinte hämisch: "Ich spiele wie ein Mann und falle nicht bei der ersten Berührung zu Boden."
Bei Barcelona werden die Dinge anders beurteilt. "Mourinho zerstört den spanischen Fußball. Die Leute suchen zwar nach Entschuldigungen, aber die kommen aus Madrid. Man muss nur die Bilder analysieren und jeder weiß, wer die Schuld trägt", sagte Barcas Verteidiger-Ass Gerard Pique und klagte den Real-Coach an, der schon in der vergangenen Saison in den fünf Clasicos innerhalb weniger Wochen aus der Rolle gefallen war. Barca-Trainer Pep Guardiola sieht Handlungsbedarf: "Die Bilder sprechen für sich. Das wird noch schlimm enden, wenn jetzt nicht eingegriffen wird."
El Mundo Deportivo kommentierte: "Madrid weiß nicht zu verlieren, kann aber auch nicht gewinnen." Sport hatte ein "aggressives weißes Madrid" und einen "lamentierenden Mourinho" gesehen. Ausgangspunkt für die Auseinandersetzungen in der Nachspielzeit im Estadio Camp Nou war das rüde Foul von Reals Marcelo gegen Barcelonas 40-Millionen-Euro-Neuzugang Cesc Fàbregas, das mit der Roten Karte für Marcelo geahndet wurde. "Das war eine kriminelle und bösartige Tat", schimpfte Barcelonas Mittelfeld-Star Xavi. Es folgten Rudelbildungen, der gegenseitige Griff an die Gurgel und Schubsereien sowie Mourinhos Augenstecher.
In der vergangenen Saison hatte es fünf höchst emotionale Clasicos zwischen den beiden spanischen Renommierteams gegeben, darunter zwei brisante Duelle im Halbfinale der Königsklasse. Mourinho wurde dabei für fünf Spiele wegen seiner Anschuldigungen in Richtung von Schiedsrichter Wolfgang Stark (Ergolding) sowie weiterer Referees und deren angeblich Barcelona-freundiche Haltung von der Europäischen Fußball-Union UEFA verurteilt. Außerdem wurde eine Geldbuße von 50.000 Euro für den 48-Jährigen verhängt. Das Verhältnis zwischen Barca und Real ist weiterhin stark belastet.
Im Zuge der erneuten Tumulte hatten auch Özil und der spanische Welt- und Europameister David Villa (Barcelona) Rot gesehen. Matchwinner der Katalanen war einmal mehr Weltfußballer Messi, der zweimal erfolgreich (44./88.) war und auch das Siegtor mit einem herrlichen Volleyschuss erzielte. Die neuerliche Gala des kleinen Argentiniers wurde allerdings von Mourinhos unverzeihlichem Ausraster überschattet.