Die Elf von Bundestrainer Joachim Löw feierte in Köln beim ersten Heimspiel nach der WM einen glanzvollen 6:1 (3:0)-Sieg gegen Aserbaidschan und geht damit als Tabellenführer der Quali-Gruppe A ins Spitzenspiel am 8. Oktober gegen die Türkei. Vier Tage nach dem 1:0 in Belgien sorgte die deutsche Elf phasenweise für helle Begeisterung unter den 43.751 Fans in Köln - auch weil ihr Liebling "Prinz Poldi" wieder zu alter Form auflief.
Nach dem 1:0 durch den eingewechselten Heiko Westermann (28.) traf der zuletzt hart kritisierte Podolski in "seiner" Arena zum 2:0 (45.+1) und bereitete auch das 3:0 durch Miroslav Klose (45.+2) vor, der zudem das 6:1 (90.+2.) markierte. Nach dem 4:0, das Gäste-Kapitän Rashad Ferhad Sadigow (53.) per Eigentor erzielte, sorgte Torwart Manuel Neuer mit einem Fehler vor dem Gegentreffer durch Rail Malikow (57.) für einen der wenigen Negativpunkte an einem fast perfekten Abend. Holger Badstuber (86.) erzielte mit seinem ersten Länderspieltor das 5:1.
Für Klose waren es im 103. Länderspiel die Tore 54 und 55. Damit zog er in der "ewigen" Torjägerliste mit Joachim Streich auf Rang zwei gleich. Nur noch "Bomber" Gerd Müller (68) hat noch mehr Tore geschossen. Podolski kann mit Treffer Nummer 41 im 81. Einsatz eine ebenso eindrucksvolle Bilanz aufweisen. Am 8. Oktober kommt es in Berlin nun zum Duell mit den bislang ebenfalls ungeschlagenen Türken, die am Dienstag gegen Belgien 3:2 gewannen.
"Gut war, dass wir nach dem 3:0 nicht aufgehört haben zu spielen. Es hat Spaß gemacht, diese Kombinationen zu sehen. Wir haben seit einigen Monaten, auch vor der WM, diese Dinge einstudiert. Man spürt, dass diese Automatismen langsam greifen", sagte Löw, der Podolski nicht über den Klee loben wollte: "Ihm war anzumerken, dass er gewillt war, viel Laufarbeit zu absolvieren. Lukas beweist seine Stärke in der Nationalmannschaft immer wieder, allein seine Torquote spricht für ihn." Podolski selbst sprach von einem "weiteren Schritt nach vorne in meinem Wohnzimmer".
Gästetrainer Berti Vogts erkannte die Niederlage gegen sein Heimatland unumwunden an. "Das Ergebnis geht in Ordnung. Wir waren viel zu passiv. Wir haben dumme Gegentore in der Nachspielzeit bekommen. Deutschland spiel in einer anderen Liga. Wir sind 105. der Weltrangliste, Deutschland an Nummer drei - das ist ein Klassenunterschied", sagte der ehemalige Bundestrainer.
Nur Manuel Neuer ärgerte sich über seinen Patzer: "Wir wollten ohne Gegentor bleiben. Das Tor ist einfach dumm gelaufen. Das ist natürlich ärgerlich. Aber wir haben den Spielwitz von Südafrika mitgenommen. Ich hoffe es geht so weiter."
Das Gästeteam begann wie erwartet extrem defensiv, doch die DFB-Elf fand nur in der Anfangsphase keine Mittel, den Abwehrriegel zu knacken. Fast unbehelligt konnten Mesut Özil und Co. ihr Spiel bis weit in die Hälfte Aserbaidschans eröffnen, ehe der zähe Widerstand begann. Die deutsche Mannschaft setzte nach verhaltenen Beginn Löws Marschroute, das Tempo hoch zu halten, immer besser um.
Ein erzwungener früher Wechsel kurbelte das Spiel der Gastgeber eher noch an. Abwehrchef Per Mertesacker wurde im Kopfballduell von Wagif Dsawadow, der den Ellbogen benutzte, rüde angegangen und konnte schon nach zehn Minuten mit einer Platzwunde am Kopf nicht mehr weiterspielen. Westermann kam und führte sich glänzend ein. Zunächst zwang der Innenverteidiger des Hamburger SV mit einem Kopfball in der 25. Minute Gäste-Torwart Kamran Aghajew zu einer Klasse-Parade. Drei Minuten später war der Ex-Schalker dann erfolgreich. Nach einer Flanke von Kapitän Philipp Lahm spielte Miroslav Klose Westermann frei, und der Abwehrspieler traf im zweiten Versuch aus kurzer Distanz.
Zuvor hatte vor allem der zuletzt hart kritisierte Podolski für gefährliche Aktionen gesorgt. "Prinz Poldi", der von seinen Fans begeistert gefeiert wurde, verfehlte bei drei Schuss-Chancen zwischen der 20. und 25. Minute nur knapp die Führung. In der Nachspielzeit traf er dann nach einem traumhaften doppeltem Doppelpass mit Özil (45.+1). Eine Minute später erhöhte Klose nach ebenfalls sehenswerter Kombination über Holger Badstuber und Podolski auf 3:0. Neuer im Tor der deutschen Mannschaft blieb nahezu beschäftigungslos. Einzig bei einem Distanzschuss von Wugar Nadirow (36.) war der Schalker vor der Pause gefordert und parierte da noch sicher.
Löw hatte in seiner Startelf mit einer kleinen Überraschung aufgewartet. Der Wolfsburger Sascha Riether rückte auf die rechte Seite der Abwehr-Viererkette, Übergangskapitän Lahm wechselte von der rechten auf die ungeliebte linke Seite. Die Innenverteidigung bildeten wie beim 1:0 in Belgien Mertesacker und Badstuber. Der Hamburger Westermann, der als Ersatz für seinen verletzten Vereinskollegen Marcell Jansen in der ersten Elf erwartet worden war, musste bis zu Mertesackers Verletzung auf der Bank Platz nehmen. Für Riether war es zweite Einsatz in der DFB-Auswahl und der erste von Beginn an.
Nach der Pause hielt die Löw-Elf das Tempo hoch und stellte die Gäste immer wieder vor riesige Probleme. Lahm (46.) und Thomas Müller (51.) nach sehenswerter Hackenvorlage des enorm fleißigen Miroslav Klose hatten weitere Treffer auf dem Fuß. Nach Sadigows Eigentor, das Sami Khedira mit einer scharfen Hereingabe provozierte, und Neuers Fehler am kurzen Pfosten nach einer Ecke vor dem Gegentreffer verflachte das Spiel ein wenig, was der Party-Stimmung auf der Tribüne aber keinen Abbruch tat.