Angeführt von Weltfußballer Lionel Messi will der FC Barcelona Rache für den "Betrug von Mailand" und ein weiteres Stück europäische Fußball-Geschichte schreiben. Vor dem Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen Inter Mailand heute (20.45 Uhr/live bei Sky) ist die katalanische Metropole wie elektrisiert. Und Gerard Pique heizt die Stimmung kräftig an. "Die Inter-Spieler müssen 90 Minuten lang den Fußball hassen", sagt der "Barca"-Innenverteidiger: "Ich kann mich nicht erinnern, dass unsere Fans je so heiß auf ein Spiel waren. Wir werden das beste Camp Nou aller Zeiten erleben. Die Inter-Spieler werden sich ganz alleine fühlen."
Hält sich im Vorfeld zurück: José Mourinho. (Foto: firo)
Der derzeit wohl weltbeste Klub bläst auf Plakaten in der ganzen Stadt zur "Aufholjagd". Einen 1:3-Rückstand müssen die Katalanen nämlich wettmachen, wollen sie das Endspiel am 22. Mai im Stadion des Erzrivalen Real Madrid erreichen und als erstes Team in der Geschichte der Champions League ihren Titel erfolgreich verteidigen. Mailand dagegen will erstmals seit 38 Jahren das Finale des wichtigsten europäischen Vereinswettbewerbs erreichen und träumt vom ersten Triple der italienischen Fußball-Geschichte.
Dabei sprechen sämtliche Statistiken für "Barca", das 2009 alle sechs möglichen Titel holte. Im Heimspiel des Vorrunden-Duells gab es ein 2:0 - das würde reichen. Die letzten beiden Partien im heimischen Stadion gegen den VfB Stuttgart und den FC Arsenal gewann "Barca" 4:0 und 4:1 - auch das würde reichen. Und erst zwei Mal gingen die Katalanen in der Champions League mit einer 1:3-Hypothek ins Rückspiel, beide Male kamen sie weiter. 1994 mit einem 4:1 gegen Dynamo Kiew und 2000 durch ein 5:1 gegen den FC Chelsea. Auf den besten Sturm Europas um den in der Torjägerliste führenden Superstar Messi, der bei den Siegen gegen Stuttgart und Arsenal insgesamt sechsmal traf, setzt Barcelona auch heute Abend. "Dass Inter ein Tor macht, kann immer passieren. Aber wir müssen einfach so viele wie möglich schießen", sagt Pique.
Die Benachteiligungen im Hinspiel, als der portugiesische Schiedsrichter Olegario Benquerenca - angeblich ein alter Geschäftspartner von Inter-Coach Jose Mourinho - ein irreguläres Tor der Italiener gab und den Spaniern zu allem Überfluss einen klaren Strafstoß verweigerte, sind beileibe nicht vergessen. Doch "Barca"-Präsident Juan Laporta gibt mit einem Schmunzeln den Diplomaten. Der Belgier Franck de Bleeckere, der die Partie heute leitet, sei "ein hervorragender Schiedsrichter mit einem guten Ruf. Er wird das Spiel sicher nicht entscheiden." Auch der sonst so streitfreudige Mailand-Coach Mourinho vermeidet diesmal markige Worte. "Jetzt ist nicht die Zeit der Worte, sondern die der höchsten Konzentration", erklärt der Portugiese, ergänzt dann aber: "Wir können all unsere Ziele schaffen." Seit dem Wochenende ist Inter wieder Tabellenführer der Serie A, auch das Pokal-Endspiel (am 5. Mai gegen den AS Rom) hat der Serienmeister erreicht. Das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions League hat noch kein italienisches Team bisher errungen.
Mourinho kann dabei auf seinen wohl besten Akteur dieser Saison zählen, den Niederländer Wesley Sneijder. "Er ist fit und wird spielen", sagte der Coach, der damit sein Erfolgssystem aus dem Hinspiel zum Einsatz bringen kann: Denn der argentinische Routinier Javier Zanetti, der im Hinspiel seinen Landsmann Messi erfolgreich zermürbte, muss doch nicht wie zunächst befürchtet ins Mittelfeld vorrücken. Bei "Barca" fehlt der gesperrte Abwehrchef Carles Puyol, womit es zu einem brisanten Familienduell kommen dürfte. Gabriel Milito wird wohl die Aufgabe erteilt, seinen Bruder Diego auszuschalten, der im Hinspiel der überragende Mann auf dem Platz war.