Am Dienstagvormittag kamen die Profis des FC Schalke 04 sogar drei Minuten zu früh auf den Trainingsplatz - bei jedem anderen Profiverein wäre das keine Erwähnung wert, aber in dieser verkorksten Saison ist das bei den Königsblauen anders. Einen Tag zuvor war das Training auf dem Platz ausgefallen, Grund war eine XXL-Aussprache. Über die sprach Simon Terodde nach dem Training.
Besonders viel wollte der noch 35 Jahre alte Stürmer nicht sagen, aber als Kapitän sah er sich offensichtlich in der Pflicht, die Öffentlichkeit zu informieren: „Jeder hat gesehen, was in den letzten Wochen passiert ist. Da waren Auftritte dabei, die so nicht in Ordnung waren.“ Deshalb sei die Aussprache notwendig gewesen - und „wichtig für die Mannschaft“. Terodde hoffe, das sei am Freitag zu sehen, wenn Schalke auf den Tabellenführer FC St. Pauli trifft (18.30 Uhr/Sky). Gleichwohl weiß er: „Der Klassenerhalt mit Schalke ist höher zu bewerten als ein Aufstieg.“
Abgelaufen war das so: Um 14 Uhr hatten Trainer Karel Geraerts und Sportdirektor Marc Wilmots am Montag zu einer Besprechung gebeten, eine halbe Stunde später sollte das reguläre Training beginnen. Doch während der Sitzung stellte sich heraus, dass die Spieler auch sich selbst viel zu sagen haben und baten die sportliche Leitung darum, den Raum zu verlassen. Wie in der Kreisliga sei das gewesen, so Terodde. „Man setzt sich zusammen, jeder sagt mal was.“ Als das interne Gespräch lang andauerte, baute das Trainerteam die für die Einheit vorbereiteten Hütchen und Tore wieder ab, angesetzt wurde ein Lauftraining. Die meisten der rund 100 Fans hatten den Platz schon wieder verlassen, am Dienstagvormittag verfolgten etwa 50 das Training.
Wenn ich auch noch einknicke, wird es gefährlich.
Simon Terodde
Selbst ein erfahrener Spieler wie Terodde ist von der aktuellen Krise, vom Abstiegskampf der Zweiten Liga, angefasst. „Das ist eine brutale Situation, was in den vergangenen Monaten abgelaufen ist. Das hat sich jeder anders vorgestellt. Jeder hat seine Chance auf dem Platz bekommen, aber nicht genutzt. Jeder Spieler muss sich hinterfragen, ich mich auch“, sagte er. Doch er möchte als Kapitän weiter vorangehen: „Trotzdem habe ich meine Brust draußen. Ich kann für mich persönlich sprechen: Es geht weiter. Überfordert fühle ich mich nicht. Wenn ich auch noch einknicke, wird es gefährlich.“
Was ihm Mut macht - dass nun zwei Heimspiele anstehen, erst kommt St. Pauli, dann der SC Paderborn (9. März, 13 Uhr). „Das ist kein schönes Gefühl, nach jedem Auswärtsspiel vor der Kurve zu stehen. Ich weiß nicht, wie viel Kredit wir schon verspielt haben. Aber ich weiß, dass die Fans am Freitag um 18.30 Uhr, wieder da sind und das Stadion ausverkauft ist“, sagte Terodde. Er habe nicht den Eindruck, dass die Spieler nicht verstanden hätten, worum es geht.
Über einzelne Namen sprach Terodde maximal zwischen den Zeilen. Angesprochen auf die Kritik von Paul Seguin nach dem 0:3 in Magdeburg, der die fehlende Reibung bemängelt hatte, antwortete Terodde: „Da müssen Sie Paul Seguin fragen.“
Terodde fordert Zusammenhalt
Auch auf Teroddes dicken Kumpel Dominick Drexler, der aktuell bei Trainer Geraerts einen sehr schweren Stand hat, zuletzt zweimal auf der Tribüne saß, wurde der Kapitän angesprochen. „Wir haben gerade einen 30-Mann-Kader. Wir haben sehr, sehr viele Spieler. Jeder ist Vollprofi, gerade Domme, der im Training Gas gibt, so ist mein Gefühl. Ich bin mir sicher, dass wir jeden Spieler noch gebrauchen können“, sagte Terodde.
Ein Nebensatz wie „der im Training Gas gibt, so ist mein Gefühl“ ist interessant. Drexlers Trainingsleistungen hatte Geraerts bemängelt. Dass es auf erfahrene Spieler ankomme, sagte Terodde auch an anderer Stelle: „Wir sind 14. der Tabelle, haben vier Punkte Vorsprung. Dass es Sachen bei uns gibt, die nicht funktionieren, ist klar, sonst würden wir nicht da stehen. Wir müssen zusammenhalten und es müssen Spieler vorangehen, die die Situation kennen und sehr viele Spiele gemacht haben.“ So wie Drexler?
Über die Situation rund um den inzwischen umstrittenen Geraerts sprach Terodde nur am Rand. „Das sind doch die Mechanismen im Fußball. Wenn ich nicht treffe, sitze ich auf der Bank. Wir haben eine schwierige Phase, versuchen aber, gemeinsam da rauszukommen.“