Bereits am Samstag, wenige Sekunden nach dem Abpfiff von Schiedsrichter Knut Kircher, hatte Jürgen Klopp seine Kicker im Mittelkreis beisammen gerufen. Die 1:5-Niederlage im heimischen Signal Iduna Park - die erste Heimpleite überhaupt unter dem früheren Mainzer - sollte möglichst zügig in der Gemeinschaft besprochen und verdaut werden, um im medialen Nachspiel nicht mit zig verschiedenen, sondern nur mit einer einheitlichen Zunge zu sprechen.
Die Rechnung ging auf: Gegenseitige Schuldzuweisungen blieben aus, stattdessen wurden die positiven Aspekte des Auftritts hervorgehoben und versucht, den Eindruck eines Fehlstarts durch Hervorhebung der gegnerischen Stärke abzuschwächen. Doch man kann nicht alles mit der Qualität der gegnerischen Teams aus Hamburg, Madrid und München, die dem BVB allesamt binnen weniger Wochen drei herbe Niederlagen zugefügt hatten, erklären.
Die Konstanz, die die Borussen speziell im letzten Drittel der vergangenen Spielzeit auszeichnete und zu acht Siegen aus den letzten zehn Spielen verhalf, ist derzeit verschwunden. Gegen Stuttgart, Frankfurt und München ließen die Schwarz-Gelben jeweils nur in einzelnen Phasen des Spiels die Tugenden aufblitzen, die sie im letzten Jahr so stark gemacht hatten: Pressing, Einsatzwille und Laufbereitschaft.
An der Kraft dürfte es nicht liegen, dass man diese Merkmale bislang noch nicht über die volle Spielzeit an den Tag legen konnte. Gegen Stuttgart und München fiel - mit Abstrichen - die erste Halbzeit gut aus, in Frankfurt war es die Phase zwischen der 45. und 65. Minute. Das Problem scheint tiefer zu liegen - im mentalen Bereich.
„Vielleicht ist die Erwartungshaltung zu groß“, versuchte sich BVB-Keeper Roman Weidenfeller, der gegen München selbst böse patzte, am Samstag an einem Erklärungsansatz. Doch das Umfeld, das in der Zeit vor Klopp gerne für schwache Leistungen teilverantwortlich gemacht wurde, ist ruhig - auch wenn es in den diversen Fan-Foren der Borussia in den letzten Tagen mitunter hoch her ging.
Entscheidender dürften dagegen die persönlichen Formkrisen sein, die sich derzeit durch nahezu jeden Mannschaftsteil ziehen. In der Defensive haben Neven Subotic und Felipe Santana noch nicht zu der Stabilität gefunden, die sich in der vergangenen Rückserie auszeichnete. Auf den Außen erzeugen Patrick Owomoyela und Dede keinen offensiven Druck. Im Mittelfeld laufen Jakub „Kuba“ Blaszczykowski und der gegen München nicht berücksichtigte Tamas Hajnal ihrer Vorjahres-Form hinterher. Und im Sturm ist Hoffnungsträger Lucas Barrios derzeit noch zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass er der Mannschaft mit Toren aus der Patsche helfen könnte.
Konnten kleinere Krisen einzelner Akteure im letzten Jahr noch aufgefangen werden, weil der Rest des Teams funktionierte, greifen diese Mechanismen im Moment nicht. Denn in der derzeitigen Fülle sind Leistungstiefs für den BVB schlicht nicht zu kompensieren - wie der seltsam teilnahmslos wirkende Kick in der zweiten Halbzeit gegen München zeigte.
Jürgen Klopp reagierte darauf, indem er sein Team am Montagabend im Hotel Klosterpforte in Marienfeld versammelte, um dort zweieinhalb Tagen lang konzentriert zu arbeiten - und um die durch die zehntägige Länderspielunterbrechung verlorene Zeit wieder einzuholen.
„Vor dem Bayernspiel fehlten uns über einen Zeitraum von knapp zwei Wochen neun Spieler. Wir wollen die Zeit in Marienfeld deshalb dazu nutzen, in Ruhe und ohne Publikum einiges aufzuarbeiten und uns gut auf die nächsten Spiele vorzubereiten“, erklärte Klopp am Montag seinen Schritt, bevor er sich mit seiner Truppe in die ostwestfälische Abgeschiedenheit verabschiedete.
Keine Presse und keine Fans störten dort den Ablauf, nur eine kleine Magen-Darm-Grippe des 42-Jährigen übernahm am Dienstagvormittag kurz die Rolle des Spielverderbers und bremste Klopp für die erste Einheit in der „Klosterpforte“ aus.
Ob die zwei Tage reichten, um den BVB wieder in die richtige Spur zu führen, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Mit der Liga-Partie bei Hannover 96 beginnt am Samstag die „Woche der Wahrheit“. Es folgt der schwere Pokal-Auftritt beim KSC (Dienstag, 22.09., 20.30 Uhr) und das große Revierderby gegen Schalke 04 (Samstag, 26.09., 15.30 Uhr). Setzt sich in diesen Partien der Abwärtstrend der letzten vier Spiele fort, könnte es rund um den BVB allerdings wirklich ungemütlich werden...