Karim Adeyemi musste seinen spektakulären Rückwärtssalto so ausführlich erklären wie sein 60-Meter-Turbo-Solo. „Den habe ich oft auf dem Trampolin geübt, da bin ich sehr sicher“, berichtete der Matchwinner von Borussia Dortmund, und wie er da so stand und selig lächelte, vor der „Wand der Legenden“ im Interviewbereich, war er ein Symbol für den gesamten BVB: „Neues Jahr, neues Glück“, nennt Adeyemi das.
Sieben Siege in sieben Pflichtspielen 2023, jetzt das glückliche 1:0 (0:0) gegen den Krösus FC Chelsea im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League, lösen recht erstaunliche Entwicklungen in Dortmund aus. Der Begriff „Mentalität“ hätte allerbeste Chancen gehabt, immer wieder das BVB-Unwort des Jahres zu werden - plötzlich wird es positiv benutzt.
„Wir haben“, oha, „uns gewehrt, die richtige Mentalität gezeigt, den richtigen Kampfgeist“, lobte Sportdirektor Sebastian Kehl. Einstige Sorgenkinder zeigten „seit Januar ein deutlich besseres Gesicht“, stellte Kehl fest, Trainer Edin Terzic wirkte erleichtert: „Auch Karim ist endlich angekommen.“ Meep, meep, machte Terzic, „das war wie der Roadrunner. Er ist eine Waffe, die schwer zu verteidigen ist.“ Ein englischer Reporter hatte Adeyemi in seiner Frage gar mit Usain Bolt verglichen.
Auch Emre Can, der mit dem enorm sicheren Torhüter Gregor Kobel sehenswert den Ball von der Linie kratzte, spielt in Bestform. Julian Brandt trägt die Mannschaft gemeinsam mit Jude Bellingham, ein Marius Wolf fällt im wichtigen Spiel nicht ab. „Es läuft einfach alles richtig gut derzeit“, sagte Adeyemi. Da trifft ein Joao Felix für Chelsea eben die Querlatte, nicht ins Tor - als hätte eine magische Hand Glitzer über den BVB gestreut.
Dennoch „ist der Job noch nicht getan“, wie Bellingham bei Twitter mahnend schrieb. Beim Rückspiel am 7. März werden die 330 Millionen Euro schweren Chelsea-Winterzugänge zwar noch besser eingespielt sein, doch es gibt keinen Grund, sich klein zu machen. An der Stamford Bridge ist gegen die mit Hunderten Millionen Euro aufgepumpten Londoner das Viertelfinale drin, obwohl „das Ergebnis wohl das Beste an diesem Spiel war“ (Terzic). Der Teamslogan sei gewesen: „Auf geht“s Dortmund, kämpfen und siegen.„
Bei aller Freude lohnte sich am späten Mittwochabend ein Blick auf die Ersatzbank: Denn dort saß der Kapitän. Marco Reus stand nicht in der Startelf und wurde nicht einmal eingewechselt. Er wird also derzeit offenbar nicht gebraucht, wenn es hart auf hart kommt. Es tue ihm „brutal leid“, sagte Terzic, aber: „es geht nicht nur um Marco. Wir hatten auch andere Jungs, die nicht eingewechselt wurden. Er muss es respektieren, aber nicht akzeptieren.“