Im Pokal bereits ausgeschieden, in der Bundesliga auf einem Abstiegsplatz und in der Champions League unter Zugzwang - nach einem kapitalen Fehlstart wachsen die Zweifel an Bayer Leverkusens Trainer Gerardo Seoane. Weitere Niederlage im zweiten Gruppenspiel der Königsklasse am Dienstag (21 Uhr/DAZN) gegen Atlético Madrid und am Samstag gegen Werder Bremen könnten die Diskussionen über den Schweizer verstärken. Auf die Kritik reagierte der 43-Jährige am Montag mit Verständnis: „Es ist klar, dass bei dieser Anhäufung von Resultaten der Druck auf die Verantwortlichen immer mehr steigt. Der Trainer hat die Gesamtverantwortung für eine Entwicklung.“
Ähnlich wie in der heimischen Liga mit nur vier Punkten aus sechs Spielen lief es auch zum Auftakt der Champions League beim 0:1 in Brügge nicht nach Plan. Gelingt nun auch gegen den Tabellensechsten aus Spanien kein Sieg, rückt das avisierte Achtelfinale bereits nach nur zwei Spielen in weite Ferne. Diese knifflige Ausgangslage kann Seoane nicht schrecken: „Die Frage ist, wie man mit diesem Druck umgeht. Nimmt man sie als Herausforderung. Ich fühle Energie, ich fühle Kraft.“
Noch glauben Trainer und Profis an eine schnelle Trendwende. Das 2:2 am vergangenen Bundesliga-Spieltag bei Hertha BSC werteten alle Beteiligten als ermutigendes Signal für das ungleich schwerere Duell mit der defensivstarken Mannschaft von Trainer-Original Diego Simeone, die ihr erstes Spiel gegen den FC Porto mit 2:1 gewann. Abwehrspieler Piero Hincapie verwies auf den noch immer intakten Teamspirit: „Es ist nicht so, dass die Stimmung in der Kabine schlecht ist. Wir stehen als Mannschaft zusammen, um das alles nach vorne zu bringen.“
Eine Trendwende tut not. Schließlich scheint die Geduld der Fans langsam aber sicher aufgebraucht zu sein. Die von einigen Profis nach dem Remis am Samstag im Berliner Olympiastadion als Geschenke zur Besänftigung in den eigenen Fanblock geworfenen Trikots flogen zurück in den Innenraum.
Doch bei aller Unzufriedenheit über den missratenen Start hält die Clubführung bisher noch an Seoane fest. „Bei uns ist es so, dass wir volles Vertrauen haben, dass wir natürlich trotzdem gewinnen müssen, Punkte machen müssen“, sagte Sportchef Simon Rolfes wenige Minuten vor dem Spiel bei Hertha. Ähnliche Signale kamen nach der Partie aus der Mannschaft: „Er ist ein guter Typ, ein super Trainer“, kommentierte Torschütze Kerem Demirbay. Keeper Lukas Hradecky pflichtete bei: „Niemand meckert, es gibt überhaupt kein Problem mit dem Trainer. Er ist überragend. Für ihn ist es natürlich auch schwierig, wir sind zusammen in dieser Scheiß-Situation.“
Diesen Rückhalt weiß Seoane, der gegen Atlético neben Florian Wirtz, Amine Adli und Karim Bellarabi auch auf Mittelfeldspieler Exequiel Palacios verzichten muss, durchaus zu schätzen. Seine persönliche Befindlichkeit hält er jedoch für nachrangig: „Es ist klar, dass man besorgt ist über die Entwicklung. Aber meine persönliche Situation ist für mich die letzte in der Hierarchie. Die Situation der Mannschaft, des Clubs und jedes einzelnen Spielers ist viel entscheidender.“