Droh-Mails, psychische Belastung, Rechtfertigungszwang - die heftigen Folgen des Wirbels um Felix Zwayer strapazieren den Schiedsrichter auch sechs Wochen nach dem Beginn der Debatte enorm. Trotz seiner Klagen über ein völlig aus den Fugen geratenes Leben kann Zwayer dennoch nicht darauf hoffen, dass er juristisch reingewaschen wird.
Denn auch nach Zwayers neuen Einlassungen hinsichtlich seiner Verstrickung in den Manipulationsskandal um seinen früheren Kollegen Robert Hoyzer sieht die Sportgerichtsbarkeit des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) keinen Handlungsbedarf. Das machte der Sportgerichts-Vorsitzende Hans E. Lorenz deutlich.
„Der Fall ist rechtskräftig abgeschlossen. Es gibt für die Sportgerichtsbarkeit keine Veranlassung, den Fall noch einmal aufzurollen“, sagte Lorenz dem SID: „Ein Wiederaufnahmeverfahren könnte es nur dann geben, wenn es eine neue Beweislage geben würden. Davon kann aber keine Rede sein.“
Zwayer hatte zuvor bestritten, dass er einst Geld angenommen habe, um ein Spiel zu manipulieren. „Mir wurde niemals Geld angeboten, mir wurde niemals offenkundig von einer beabsichtigten oder durchgeführten Spielmanipulation berichtet“, sagte der Berliner bei Sky: „Ich habe von Robert niemals Geld für irgendeine Beteiligung an irgendeiner Manipulation eines Spiels erhalten.“
Damit geht Zwayer nicht konform mit der Aktenlage rund um den Hoyzer-Skandal im Jahr 2004. Es „ist davon auszugehen“, dass Zwayer als Assistent Geld von Drahtzieher Hoyzer angenommen habe, heißt es im Urteil des damaligen Sportgerichts-Vorsitzenden und heutigen DFB-Interimspräsidenten Rainer Koch aus dem Jahr 2006. Später deckte Zwayer den Skandal mit auf, eine Manipulation wurde ihm trotz Sperre nie nachgewiesen.
Zwayer gab hinterher an, dass er das Urteil lediglich aus verfahrenstechnischen Gründen akzeptiert habe. Allerdings wurde Zwayer damals nicht wegen der angeblichen Annahme des Geldes gesperrt, bei dem seine Aussage gegen die Hoyzers stand. Die Strafe erhielt Zwayer, weil er sein Wissen über die Manipulationen Hoyzers nicht umgehend offenbart hatte.
Zwayer hat sich nach der heftigen Diskussion im Anschluss an das Bundesliga-Topspiel zwischen Borussia Dortmund und Bayern München (2:3) Anfang Dezember eine Auszeit verordnet. Die Frage, ob der 40-Jährige seine Laufbahn vorzeitig beendet, steht bereits im Raum - obwohl Zwayer vor einem Monat vom Weltverband FIFA erneut auf die Liste der internationalen Top-Schiedsrichter gesetzt wurde.
Die Debatte um Zwayer wurde durch den Dortmunder Jude Bellingham ausgelöst. Der Engländer hatte den Unparteiischen nach dem Bayern-Spiel verbal hart attackiert: „Man gibt einem Schiedsrichter, der schon mal Spiele verschoben hat, das größte Spiel in Deutschland. Was erwartest du?“ Für dieses Aussage musste Bellingham 40.000 Euro Strafe zahlen.
Sein Kollege Patrick Ittrich steht Zwayer bei. „Ich bin schockiert darüber, was in den letzten eineinhalb Monaten passiert ist. Man muss kein Fußball-Experte sein, um klar zu erkennen, dass hier einem Menschen Unrecht angetan wird. Shitstorms und Morddrohungen - die halbe Fußballwelt schaut einfach dabei zu“, schrieb Ittrich bei Twitter.
Zwayer hatte von Drohungen berichtet. „Auf meinem dienstlichen E-Mail-Account sind zahlreiche Nachrichten eingegangen, die unglaublich sind und mit denen es sehr schwer ist, umzugehen und diese zu ignorieren“, sagte der Referee, der zuletzt am 9. Dezember auf dem Platz stand.
Zudem berichtet Zwayer von weiteren Auswüchsen. „Ich wurde angeschrieben von der Berliner Polizei, dass eine Morddrohung gegen mich im Internet existiert“, äußerte der Unparteiische, den auch die Sorgen seiner Frau bedrücken: „Man versucht, diesen Rucksack aufzuladen und sich wie seit 15 Jahren von der eigenen Frau in der Tür zu verabschieden. Und dann sieht man, wie sie in Tränen ausbricht.“