Beim Gedanken an die 50.000 emotionalen Fans in Müngersdorf platzte die Vorfreude aus Steffen Baumgart heraus. „Das ist auch für mich das erste Derby dieser Größe“, sagte der Trainer des 1. FC Köln vor der Partie gegen Borussia Mönchengladbach: „Wir haben eine volle Hütte. Darauf freuen wir uns.“ Doch das rheinische Duell, das im März 2020 das erste Bundesliga-Geisterspiel war, könnte nun eines der letzten vor ausverkauftem Haus für längere Zeit werden.
Denn die Corona-Zahlen steigen rasant, die Lage spitzt sich zu, und die Bundesländer verschärfen ihre Maßnahmen - auch der Profifußball blickt in einen langen, ungewissen Winter. Während in Sachsen die ungeliebten Geisterspiele zurück sind, geht die große Party auf den Rängen in Köln am Samstag (15.30 Uhr/Sky) vorerst weiter - nicht zur Freude aller.
„Dass wir in einer solchen Situation noch vollbesetzte Fußballstadien am letzten Wochenende hatten, das geht nun wirklich gar nicht“, sagte der scheidende Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) im rbb-Inforadio. Dass nun wieder Tausende Fans in die Stadien strömen werden, dürfte ihm auch nicht gefallen. Braun fordert eine „Vollbremsung“ angesichts von rund 76.000 Neuinfektionen am Freitag.
Es ist offen, was nun wieder auf die Profivereine zukommt. Geisterspiele, wie sie etwa RB Leipzig in den kommenden Wochen im eigenen Stadion austragen muss, sind auch bei anderen Klubs keineswegs ausgeschlossen - nicht nur Sachsen reagierte bereits auf die teils dramatische Lage. Die 2G-Regel ist schon Mindestanforderung in allen Stadien, in einigen Bundesländern greift 2G plus.
Mit den neuen Maßnahmen muss sich auch Rekordmeister Bayern München beschäftigen. In Baden-Württemberg und Niedersachsen dürfen 50 Prozent ausgelastet werden, in Bayern nur 25 Prozent. Dies sei „bitter, wirtschaftlich und emotional. Die vierte Welle trifft uns sehr hart“, sagte Vorstandsboss Oliver Kahn. Sollte die Inzidenz über 1000 steigen, müssten auch in der Allianz Arena die Tribünen leer bleiben.
Bei den Klubs wachsen die Sorgen, die Angst vor einer weiteren Corona-Saison ist groß - die Geisterspiele und die Partien mit begrenzten Kapazitäten reißen erneut große Löcher in die ohnehin knapp gefüllten Kassen. „Wir halten uns an die Politik“, betonte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl. Doch die sächsischen Vereine befürchten durch die ungleichen Regeln einen Wettbewerbsnachteil.
Ein Vorteil könnte es dagegen für die Kölner werden, dass das gefüllte Stadion am Samstag gegen Gladbach hinter ihnen steht. „Die sportliche Rivalität muss auf dem Platz zu spüren sein“, sagte Baumgart, der im Derby auf seinen zuletzt angeschlagenen Torjäger Anthony Modeste setzen kann. Die sportliche Brisanz ist jedoch überschaubar - im Fokus stehen wie so oft in diesen Tagen die Themen abseits des Rasens.