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50 Jahre Bundesliga
"Bochum war wie eine Familie"

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50 Jahre BL: Thomas Christiansen im Interview
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Als eine Überraschungsmannschaft der Saison galt der VfL Bochum. Der Aufsteiger blieb die ersten vier Spiele ungeschlagen und führte sogar die Tabelle an.

Nach einer Talfahrt berappelte sich das Team von Peter Neuruer wieder und beendete die Spielzeit auf Platz neun. Großen Anteil an diesem Erfolg hatte Torjäger Thomas Christiansen, der 21 Tore schoss und zusammen mit Giovanne Elber die Torjägerkanone holte.

Thomas Christiansen, hat die Torjägerkanone einen Ehrenplatz bei Ihnen? Die steht in einer Vitrine im Wohnzimmer zusammen mit Bildern von meiner Familie. Sie ist wirklich eine schöne Erinnerung an eine tolle Saison. Das Problem ist, dass ich immer den Staub weg machen muss.

Am zweiten Spieltag gab es einen 5:0-Sieg über Energie Cottbus, bei dem Sie drei Tore erzielt haben. War das das Spiel Ihres Lebens? Ich erinnere mich noch sehr gut daran und ich habe auch immer noch ein Andenken. Denn einen Tag vor dem Spiel hatten Peter Neururer und ich bei Mercedes Benz eine Pressekonferenz. Da stand ein „smart cross-blade“, der mir sehr gut gefallen hat. Die von Mercedes haben dann gesagt: „Wenn du morgen drei Tore schießt, dann bekommst du dieses Auto.“ Es steht heute immer noch in meiner Garage.

Die Familie soll den Erfolg miterleben

Davor und danach haben Sie nie wieder so viele Tore geschossen. Was hat Sie in dieser Saison überhaupt so beflügelt? Zum einen hatte ich natürlich ganz viel Glück, dass die Bälle auch alle reingegangen und nicht vom Pfosten wieder rausgesprungen sind. Hinzu kam, dass die Abstimmung in der Mannschaft gestimmt hat, ich gut gearbeitet habe und dann hat es halt einfach geklappt.

Ab wann haben Sie die Torjägerkanone ins Auge gefasst? Das kam zum Ende der Rückrunde, als ich an den letzten acht Spieltagen jeweils getroffen hatte und in der Liste immer weiter nach oben gerutscht bin. Aber die Trophäe hatte ich nur im Hinterkopf. Erst als ich am letzten Spieltag nur ein Tor hinter Giovanne Elber lag, wollte ich mehr.

Wie haben Sie dann den letzten Spieltag erlebt? Der war ganz groß. Meine Mutter, meine Frau und meine Tochter saßen auf der Tribüne im Olympiastadion. Zum einen, weil ich am nächsten Tag wegen meiner anhaltenden Rückenprobleme operiert werden sollte, aber auch, weil ich wollte, dass sie dabei sind, falls ich den Titel noch hole. Das war ein wirklich toller Moment, als das Spiel aus war und ich erfahren habe, dass Elber nicht mehr getroffen hat.

Bochum war eine kleine Familie

Ärgert es Sie, dass sie die Trophäe nicht alleine gewonnen haben? Wenn ich den Erfolg mit jemandem teilen muss, dann mit Giovanne Elber. Er war ein Topspieler in der Bundesliga und hat viel erreicht. Natürlich will man den Titel zwar auch für sich alleine haben, aber eigentlich bin ich einfach nur froh, was ich mit der Mannschaft in dieser Saison geschafft habe. Und die Torjägerkanone ist jetzt eine schöne Erinnerung an die Zeit.

Was hat die Bochumer Mannschaft von 2002/2003 ausgemacht? Ich glaube, dass war die Stimmung innerhalb des Teams. Wir haben einen guten Start hingelegt, gleich drei Siege in Folge gefeiert und standen plötzlich auf Platz eins. Das hat uns die nötige Ruhe gegeben. Wir hatten eine ganz große Freundschaft in der Mannschaft. Der VfL Bochum war damals wie eine kleine Familie. Alles hat gepasst und dann war vieles einfacher. Wir waren zwar nicht die besten Spieler, aber wenn du als Mannschaft funktionierst, dann kannst du fast das gleiche schaffen, wie die Großen. Elf Freunde spielen besser, als elf einzelne Spieler.

Torschützenlise 2002/03 21 Tore: Thomas Christiansen (VfL Bochum), Givanne Elber (Bayern München) 16 Tore: Ailton (Werder Bremen) 15 Tore: Kevin Kuranyi (VfB Stuttgart), Claudio Pizaro (Bayern München) 14 Tore: Fredi Bobic (Hannover 96), Marcelinho (Hertha BSC), Bernardo Romeo (HSV), Markus Schroth (1860 München)

Mit Paul Freier spielt noch einer Ihren ehemaligen Kollegen in Bochum. Verfolgen Sie das Geschehen? Oh ja, das verfolge ich noch. Im Moment macht es mich allerdings traurig, dass ein Verein wie der VfL Bochum in dieser Saison da unten ist. Das ist wirklich schade, wenn ich an unsere tolle Zeit denke.

Nach der Saison sind Sie zu Hannover 96 gegangen, der Wechsel war etwas kompliziert. Warum? Nun ja, eigentlich wollte ich den Vertrag in Bochum verlängern, aber in diesem Moment kam es mir vor, dass der VfL sich nicht so dafür interessiert. Ich hatte mehrere Angebote, habe auch mehr Mals davon erzählt, aber die schienen das nicht so ganz zu glauben, dass ich weggehen könnte. Als ich dann die Möglichkeit hatte, zu wechseln, habe ich sie genutzt. Hannover schien mir damals die beste Lösung. Ich war 30, musste auch an die Zukunft denken. Nicht nur sportlich, auch ökonomisch.

Zukunft in Bochum vorstellbar

Sie galten als Wandervogel, haben 15 Mal den Verein gewechselt. Wo haben Sie sich am wohlsten gefühlt? Ich muss sagen, dass es in Bochum sehr gut war. Nicht nur, weil ich viele Tore geschossen habe, auch spielerisch habe ich mich entwickelt. Ich hatte eine Stellung in der Mannschaft, in der ich eigentlich machen konnte, was ich wollte. Peter Neururer wusste, wie er mit mir umgehen musste, was ich brauchte, um mich wohl zu fühlen. Das ist ganz wichtig für einen Spieler, damit er seine Maximalleistung bringen kann.

In Hannover hatten Sie Neururer ja nochmal als Trainer. Wie war Ihr Verhältnis? Ja, das stimmt, aber da hatten wir nicht so viel miteinander zu tun. Ich hatte zwar gehofft, dass wir wieder zu alten Zeiten zurück kehren könnten, aber wegen des Ermüdungsbruches im Schienbein konnte ich meine Leistung nicht bringen und habe nicht mehr viel gespielt. Immerhin habe ich im Spiel gegen Schalke aber noch mal ein Tor geschossen und da hat er sich riesig mit mir gefreut.

Mit einer Verletzung hört niemand gerne auf. Trauern Sie dem Ende Ihrer Karriere nach? Die Ärzte haben immer gesagt, ich hätte nichts, weil sie den Ermüdungsbruch nicht erkannt haben. Aber ich habe gespürt, dass mit meinem Schienbein etwas nicht stimmt. Das Problem war dann, dass mir niemand so richtig geglaubt hat. Am schwierigsten war es, wegen einer Verletzung aufhören zu müssen. Es ist etwas anderes, wenn du fit bist, aber die jungen Spieler an dir vorbei ziehen. Ich hätte gerne selber entschieden, wann ich aufhöre. Das hat schon weh getan.

Könnten Sie sich vorstellen noch einmal zum VfL Bochum zurück zu kehren? Vielleicht ja jetzt als neuer Trainer. Nach Deutschland zu kommen wäre super toll. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, nach Bochum zu gehen, dann werde ich sie nutzen. Ich habe die Stadt, die Leute und den Verein immer noch sehr lieb und würde dem VfL gerne etwas zurückgeben. Aber wer weiß, was kommt. Vielleicht kommt auch ein Angebot aus einem anderen Land. Ich habe noch guten Kontakt zu Michael Schjönberg, der in Hannover Co-Trainer war. Und wenn uns jemand verpflichten möchte, dann sind wir bereit.

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