Als die Platz-Beleuchtung ausgefallen war, stand Bruno Labbadia zum ersten Mal seit seiner Wutrede wieder im Scheinwerferlicht der Kameras. Demonstrativ gelassen und mit ruhiger Stimme erklärte der Trainer des Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart, dass er im Anschluss an seinen verbalen Ausbruch vom Sonntag nicht an einen Rücktritt gedacht habe. Stattdessen berichtete der Coach nach dem Abbruch des Testspiels gegen Zweitligist 1. FC Kaiserslautern (das Flutlicht im südpfälzischen Offenbach war defekt) von Solidaritätsbekundungen aus der Fußballbranche, die ihn bestärkt hätten.
"Welchen Grund hätte ich dazu? Ich bin gerne beim VfB", antwortete Labbadia auf die Frage, ob er in den vergangenen Tagen geschwiegen habe, weil er über einen Abschied aus der Schwabenmetropole nachgedacht habe. Der Trainer, der nach dem 2:2 gegen Bayer Leverkusen in erster Linie die Medien mit deftigen Ausdrücken attackiert hatte, zeigte sich diesmal beim Zusammentreffen mit den Journalisten betont locker und souverän. Alle Fragen wurden ausführlich beantwortet, hier und da huschte sogar ein Lächeln über das Gesicht des 46-Jährigen, der sich am Sonntag über mangelnden Respekt beschwert hatte.
Die Unterstützung, die Labbadia in den vergangenen Tagen zuteil wurde, hat dem zweimaligen Nationalspieler spürbar gut getan. "Das Echo war gewaltig - und zwar sehr positiv. Ich habe von Trainern und auch Managern extrem viel Zuspruch erhalten, weil alle mit den gleichen Problemen kämpfen", äußerte Labbadia: "Es war sehr interessant, wie viele Menschen sich gemeldet haben. Da war eine große Solidarität da - vor allem im Trainerbereich."
Labbadia wirkte schon vor und während des Spiels gegen seinen früheren Klub, das beim Stand von 0:0 in der 52. Minute vorzeitig beendet werden musste, deutlich entspannter als zuletzt. Der gebürtige Darmstädter, der als Profi mit den Roten Teufeln Meister und Pokalsieger wurde, unterhielt sich angeregt mit alten Weggefährten wie Franco Foda und Frank Lelle. Autogrammwünsche von Kindern erfüllte Labbadia geduldig vor, während und nach der Partie.
Schon diese Szenen verdeutlichten, dass der VfB-Coach seine Wutrede hinter sich lassen und nach vorne schauen möchte. Das machte der Trainer dann auch verbal deutlich. "Für mich ist die Sache abgehakt, es ist alles gesagt. Jetzt möchte ich mit der Mannschaft arbeiten. Ich verlange von der Mannschaft, dass sie sich auf den Sport konzentriert. Das gilt auch für mich", sagte Labbadia.
Um nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen, ging der Coach sogar auf Schmusekurs mit dem Stuttgarter Aufsichtsratsvorsitzenden Dieter Hundt - obwohl der ihn heftig kritisiert hatte. "Ich habe seine Aussagen als unterstützend empfunden. Er hat ja gesagt, dass er Verständnis hat und mich als guten Trainer sieht", äußerte Labbadia.
Das war allerdings nur die halbe Wahrheit. Hundt hatte auch erklärt, dass Labbadia Kritik aushalten müsse. Zudem hatte der Arbeitgeberpräsident den Coach, der auf den Sparkurs des Klubs und eine Etatsenkung von 20 Millionen Euro hingewiesen hatte, gekontert. Da der VfB dennoch "den fünft- oder sechstteuersten Kader" in der Liga habe, hätte der Tabellen-15. sportlich "noch viel Luft nach oben". Nun gestand Labbdia ein, das dies "außer Frage" stehe, dennoch beharrte er auf einem "Substanzverlust" durch den Sparkurs.
Im heimischen Stuttgart erklärte Sportdirektor Fredi Bobic unterdessen, dass Labbadia die Rückendeckung des Klubs genieße. "Jeder ist zufrieden mit seiner akribischen und systematischen Arbeit", sagte der Europameister von 1996 den Stuttgarter Nachrichten. Für Bobic ist auch eine Verlängerung des am Saisonende auslaufenden Trainervertrags wünschenswert: "Wir haben bereits betont, dass wir uns gut vorstellen können, mit ihm weiterzumachen."