Karen Murphy hat gekämpft. Nicht nur für sich und ihren Pub „The Red White & Blue“ in Southsea, einem Teil der südenglischen Hafenstadt Portsmouth. Sie habe vielmehr, erklärte sie einem englischen Radiosender kurz vor der Urteilsverkündung, für all die „little people“ in Europa gekämpft, denen der Preis für einen ihrer liebsten Zeitvertreibe allzu lange von den habgierigen „big boys“ diktiert wurde.
Spontane Denkmal-Errichtungen für die idealistische Kneipenwirtin blieben allerdings aus. Zu viele Fragen müssen noch geklärt werden: Profitiert die breite Masse der Fußball-Fans wirklich vom Urteil der Luxemburger Richter? Kostet die Kiste Pils zur Samstagskonferenz mit den Kumpels künftig mehr als ein Monats-Abo der bewegten Bilder von Raúl, Götze, Robben und Konsorten? Hat die Entscheidung die Führungsetage von Sky aus allen Wolken fallen lassen? Und schrumpfen die Preise beim Bezahl-Sender jetzt auf ein Niveau, das vergleichbar mit der Breite der Schaumkrone eines englischen Bieres ist? Die Antwort auf all die brennenden Fragen, die sich Fans zwischen Hamburg und München dieser Tage stellen, ist ebenso einfach wie ernüchternd: Nein!
Kyrillisch-Kenntnisse dringend erforderlich
Zu viele Probleme kreuzen den Weg zum billigen Auslandsanbieter. In 57 europäische Länder hat die Deutsche Fußball Liga TV-Rechte verkauft. Die Qual der Wahl reicht von Albanien, über Italien, Kirgisistan und Spanien, bis Wales. Wer auf den Spuren von Frau Murphy wandeln möchte, der wird aber schnell enttäuscht. Der ehrenhafte Ansatz, die Dienste des inzwischen bekannt gewordenen griechischen Anbieters Nova TV in Anspruch zu nehmen und damit gleichzeitig der maroden Wirtschaft der Hellenen auf die Sprünge zu helfen, scheitert schlicht an der Tatsache, dass die deutsche Liga dort nicht übertragen wird.
Gar nicht so teuer: Sky Deutschland.
Beim mühseligen Klick-Marathon durch die verschiedenen Anbieter werden einem schnell drei Dinge klar: Kyrillische Schriftzeichen sind trotz aller Kenntnisse über den geregelten Aufbau einer Internetseite nicht zu entschlüsseln, viele Länder zeigen nur ein paar Bundesliga-Partien live und 33,90 Euro – so viel kostet das Sportpaket derzeit bei Sky – ist im internationalen Vergleich eigentlich gar nicht so teuer. Deswegen reagierte das Unterföhringer Unternehmen auch betont gelassen auf den Richterspruch und wird an seiner Preisstruktur nichts ändern.
Kann man Fritz von Thurn und Taxis vermissen?
Wer mit der Hoffnung auf Revier- und Rheinderbys zum Spartarif hartnäckig bleibt und nicht an den Färöer Inseln oder Kasachstan verzweifelt ist, der landet irgendwann im Mittelmeer und beim Inselstaat Malta. Dort lächeln einen Bundesliga-, Champions League- und Europa League-Logo an und es ist von 9,99 Euro die Rede. Dafür soll man allerdings einen Internet-, Telefon- oder Handyservice des Anbieters „Melita“ anmieten. Vor meinem inneren Auge sehe ich übersehene Fußnoten, Knebelverträge und viele organisatorische Probleme. Nein, das sind die paar gesparten Euros nicht wert. Zumal es äußerst fragwürdig erscheint, ob ein Bayern-Spiel ohne ein „Ahrrrrr, dieser Frooonck Ribery“ aus dem Mund von Fritz von Thurn und Taxis nicht eine Menge Attraktivität verlieren würde.
So bleibt der Sieg der Karen Murphy letztlich vor allem ein persönlicher. Sie hat sich vor einem übermächtig erscheinenden Gegner nicht versteckt, hat ihn herausgefordert, hat für ihr Recht gekämpft und es auch bekommen. Bewiesen hat sie etwas, das der in Portsmouth geborene Schriftsteller Charles Dickens einst mit einem treffenden Bild vor Augen beschrieb: „Auch eine schwere Tür hat nur einen kleinen Schlüssel nötig.“ Die Erkenntnis, die dem hiesigen Fan bleibt ist schlichter und entspringt dem Heimatgefühl des Ruhrgebiets: „Woanders ist auch scheiße!“