Es beginnt in einem Ledersessel. Das ist schön. Sportarten, bei denen man gemütlich sitzt, gefallen mir. Gleich werde ich zwar stehen, aber bequem bleibt es mit Sicherheit. Bevor es mit dem Elektro-Muskel-Stimulations-Training (EMS) beginnt, fragt mich Trainer Dubravko zunächst aus: Wieviel ich im Büro arbeite, ob ich Sport treibe.
Eine Unterschrift später stehe ich in der Umkleidekabine und halte Viskose-Shirt und –Leggins von „Body Street“ in meinen Händen. Nun gut, wenn der Weg zum gestählten Körper über hautenge Wäsche führt, soll es mir recht sein. Als ich im „kleinen Schwarzen“ den Laufsteg hinabsteige, der in diesem Falle eine Wendeltreppe ist, kommen mir Bedenken. Denn die Kleidung zeigt mehr, als sie verdeckt. Und sie offenbart unbarmherzig Spinnenarme und Bauchansatz.
Das mag in einem normalen Fitnessstudio ein zu vernachlässigendes Kriterium sein. Doch die „Bodystreet“-Filiale, in der ich mit wenig Aufwand viel erreichen will, liegt mitten in der Bochumer Innenstadt. Wer zwischen Hauptbahnhof und Bermudadreieck flaniert, der kommt hier vorbei – und sieht mich unweigerlich im Schaufenster an einer unscheinbaren Apparatur stehen. Zehn kleine Regler, zwei große, ein Display und zwei Haltegriffe – das war’s.
Daumen hoch: Trainer Dubravko Knezevic von "Body Street" Bochum (links) und RS-Redakteur Kai Griepenkerl (RS-Foto: Tillmann).
Interessant wird das Ganze erst durch die Verkabelung: Dubravko sprüht Wasser auf die Innenseite einer Weste, zieht sie mir an und legt Gurte um Arme, Beine und Hintern. Sie alle sind über Elektroden mit dem Gerät verbunden. Ich habe verstanden: Die nächsten 20 Minuten werde ich nun hier stehen, während der Strom meinen Körper strafft. Ich beuge mich gerade zu den Haltegriffen vor, als Dubravko mir einen Strich durch die Rechnung macht.
„Wir werden gleich ein paar Übungen machen“, sagt er, und kann seine diebische Freude nur mühsam hinter Begriffen wie „Crunches diagonal“, „Rumpfrotation“ und „Butterfly reverse“ verbergen. Wenig später realisiere ich, dass die zehn kleinen Regler für die unterschiedlichen Muskelpartien sind und dass ich später jede einzelne davon spüren werde. „Wenn es weh tut, sag Bescheid“, fordert Dubravko, während er den großen Regler immer weiter nach rechts dreht.
Mein Körper vibriert, und dann soll ich auch noch diese Übungen machen, die mein stromloser Trainer vorturnt. Im Vier-Sekunden-Takt wechseln Be- und Entlastung, und ich fühle mich binnen kürzester Zeit überlastet. Der Schweiß rinnt von der Stirn, als ich die Fußball-Einheit am Abend im Kopf schon mal von der Halle auf die PlayStation verlagere.
„Nur noch einmal“, sagt Dubravko, wenn mein Gesichtsausdruck allzu gequält wirkt. Nach der dritten von 18 Übungen weiß ich, dass ich mich besser nicht darauf verlassen sollte. Während ich so neben mir stehe, wundere ich mich, dass die Passanten einfach so am Fenster vorbeilaufen. Eine einzige Frau starrt mich an, kann dem Blick, den ich gramgebeugten Hauptes erwidere, aber nicht standhalten. Zumindest einige Sekunden lassen sich so überbrücken.
Doch bis zum Ende der Einheit sind es noch quälend lange Minuten. Als es vorbei ist, möchte ich mich nur noch setzen. Während Dubravko mir ein Glas Wasser reicht, wischt seine Kollegin mit einem Feudel den Schweiß vom Boden. Der Trainer drückt mir eine Ampulle in die Hand. Der Inhalt ist kein Dopingpräparat, sondern ein bitteres Mittel, das mir einen weniger schweren Muskelkater bescheren soll. „Man sollte die nächsten drei, vier Tage keinen Kraftsport machen“, rät mir der Besitzer. Das habe ich auch wirklich nicht vor.
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