Der Libero. Selbst Kreisligisten, die etwas auf sich halten, spielen mit „Kette“; Mannschaften, die noch mit dem „freien Mann“ auflaufen, gelten als wenig schicke, ewiggestrige Ausnahmen. Wie zum Beispiel die griechische Nationalmannschaft, die 2004 unter Otto Rehhagel sensationell den Europameistertitel holte, dafür in Fachkreisen aber eher belächelt als bewundert und als altmodisch gegeißelt wurde. „Modern ist, wenn man gewinnt“, sagte der Trainerfuchs allen, die meinten, es besser zu wissen.
Mit Libero stieg Wickede ungeschlagen in die Landesliga auf
In der Westfalenliga 2 allerdings ist die ausgestorbene Spezies wiederbelebt worden. Marko Schott, Coach von Westfalia Wickede, hatte sich eigentlich vorgenommen, wie alle anderen auch mit einer Viererkette auf einer Höhe zu verteidigen. Er betrachtete das Experiment nach diversen Rückschlägen aber schon in der letzten Saison irgendwann als gescheitert. Seitdem spielen die Dortmunder wie in der „guten alten Zeit“ mit Libero, Schott nennt sein System aber dann doch lieber „unsere Dreierkette“.
Es ist das System, mit dem die Schwarz-Weißen einst in die Landesliga aufgestiegen waren. Die Bilanz der Saison 2008/09 ist auch drei Jahre später noch beeindruckend: In 30 Meisterschaftsspielen blieb Wickede ungeschlagen, holte 80 Punkte. Besonders die Zahl der Gegentore aber fällt ins Auge: Nur 11 Mal klingelte es im Kasten der Westfalia, die Schott-Elf war damals im Prinzip in allen Belangen Liga-Spitze, aber eben auch besonders in der Defensive kaum zu bezwingen.
Zurück in der Gegenwart: Zentraler Mann beim aktuell Tabellenfünften ist in der Regel Sebastian Didion, daneben widmen sich die Innenverteidiger, zum Beispiel Marvin Kohl und Marcel Städter, den gegnerischen Stürmern. Didion, eigentlich Mittelfeldspieler, bleibt so die Gelegenheit, das Spiel zu ordnen, Kommandos zu geben und Löcher zu stopfen. Das kompakte Auftreten der Westfalia ist einer der Schlüssel zum Erfolg der Überraschungsmannschaft – und doch sieht es der Coach eher als Not, aus der er eine Tugend machte, nach dem Motto: Man muss das Beste aus dem vorhandenen Spielermaterial machen – und das spielen lassen, was die Mannschaft auch beherrscht.
Auch Brünninghausen hat umgestellt - mit Erfolg
Angesichts des drohenden Abstiegs hat auch der FC Brünninghausen umgestellt. Tim Harbott bekleidet die traditionell mit der Nummer 5 versehene Position. „Das hat gut geklappt“, sagte der Sportliche Leiter des Aufsteigers, Michael Griehsbach, bereits nach dem Spiel gegen Wanne-Eickel, trotz der 0:1-Niederlage. Ohne Gegentor blieb der FCB auch nicht in den Derbys gegen die Brüder im Geiste aus Wickede und gegen den TuS Eving Lindenhorst, feierte aber jeweils Siege. Die 2:1- und 4:2-Erfolge halten den ambitionierten Klub aus dem Dortmunder Süden zumindest im Rennen um den Verbleib in der sechsthöchsten Spielklasse.
Ob der Schachzug, den Libero wiederzubeleben, schließlich noch den Klassenerhalt bringt, ist aber noch offen. „Schaun ‚mer mal“, würde der Kaiser sagen.