Marcus Uhlig (51) ist am 1. März 2018 bei Rot-Weiss Essen als Vorsitzender angetreten, um den Verein endlich zurück in den Profifußball zu führen. Nach mehr als vier Jahren im RWE-Amt ist es dem eingefleischten RWE-Fan gelungen, "seinen Klub" aus der "Schweineliga" Regionalliga herauszuführen.
RevierSport hat am Montag mit dem RWE-Boss, der zweifelsohne der Macher der letzten Jahre in Essen ist und dafür mit sorgte, dass RWE sportlich angreifen kann, gesprochen.
Marcus Uhlig, wie waren die Feierlichkeiten und wie sind Sie persönlich durch das Wochenende gekommen?
Eigentlich ganz gut. Ich war in der Nacht sicher nicht derjenige, der das Licht ausgemacht hat und als letzter ins Bett gekommen ist. Dafür war ich einfach zu platt. Der Druckabfall hat schon Tribut gezollt bei mir.
Also im Flieger auf Mallorca sitzen Sie nicht?
Nein. Die Mannschaft hat sich ein paar Tage am Ballermann redlich verdient, da muss der Chef nicht dabei sein und den Jungs auf den Keks gehen (lacht). Außerdem gilt: Nach der Saison ist vor der Saison. Hinter den Kulissen geht die Arbeit jetzt erst richtig los und an Urlaub ist erst einmal nicht zu denken.
Haben Sie mittlerweile realisiert, was RWE geschafft hat?
Ich glaube ehrlicherweise, dass das erst nach und nach kommt. Wer die Wucht am Samstag erlebt hat, der kann nur erahnen, was dieser Aufstieg bedeutet. Ich habe am Samstag im Überschwang gesagt, dass der schlafende Riese jetzt erwacht ist. Das sollte keinesfalls arrogant oder als Kampfansage rüberkommen, sondern beschreibt das, wie es ganz viele in Essen und auch in Fußball-Deutschland wahrnehmen. Wir müssen jetzt schauen, dass wir die ganze frei gewordene positive Energie aufsammeln und richtig kanalisieren. Aber wie gesagt: komplett realisiert, was der Aufstieg bedeutet und nach sich zieht, habe ich noch längst nicht.
Konnten Sie diese ganzen Emotionen, Glücksgefühle der Menschen überhaupt aufsaugen, genießen oder waren Sie am Samstag gefühlt noch im Tunnel? So wirkte es zumindest bei den Beobachtern...
Ich war am Samstag noch relativ lange im Tunnel. Jeder geht doch anders mit solchen Momenten um. Und ich brauchte und brauche immer noch einen Moment länger dafür. In dieser Saison sind vor und hinter den Kulissen schon einige Dinge passiert, die man jetzt einmal in Ruhe sortieren und verarbeiten muss.
Inwiefern anders ist für Sie der Aufstieg mit Rot-Weiss Essen im Vergleich mit dem mit Arminia Bielefeld?
Ich bin mit Arminia zweimal in die zweite Bundesliga aufgestiegen, 2013 und 2015. Das war jeweils gigantisch, aber dieser Aufstieg mit RWE ist noch eine Portion emotionaler, noch wuchtiger, noch krasser. Die Bilder von Samstag sind für immer auf meiner Festplatte gespeichert.
Auch von Ihnen persönlich dürfte viel Druck herabgefallen sein oder? Immerhin sind Sie kein gewöhnlicher Vorstandsboss, sondern jemand, der mit Herz und Leidenschaft dabei ist, der den Klub lebt und liebt.
Ganz klar. Das war, ist und wird immer mein Stil bleiben. Und ja: Der Druck war immens. Aber ich denke, dass in dieser unglaublichen Saison mit den vielen besonderen Geschichten, die im Laufe der zwölf Monate passiert sind, die allermeisten Entscheidungen richtig waren.
Waren der Platzsturm und die dadurch entstandenen Schäden ein kleines Haar in der Suppe?
Wenn dann ein klitzekleines. Der Platzsturm war nicht zu verhindern und ist insgesamt in vernünftigen Bahnen abgelaufen. Besser und geordneter im Übrigen als in Gelsenkirchen und Bremen. Die Schäden werden derzeit aufgenommen, dürften sich aber in relativen Grenzen halten. Das, was mich am meisten geärgert hat, war der gezündeter Böller auf dem Rasen nach dem Spiel. Das sind Dinge, die ich nie verstehen werde, was da im Kopfdieser Menschen vorgeht. Aber die Gesamtbilanz der Feierlichkeiten im und außerhalb des Stadions scheint aktuell sehr moderat auszufallen.
Manche Fans versuchen sich jetzt mit einem Stück Rasen bei ebay-Kleinanzeigen zu bereichern. Was sagen Sie dazu?
Zunächst einmal wurde unser Rasen weniger zerpflückt als vorher zu befürchten war. Ich kann sicherlich noch irgendwo nachvollziehen, dass es Souvenirjäger gibt, die sich irgendetwas als Andenken an diesen Tag sichern möchten. Aber für diejenigen, die daraus dann Kapital schlagen möchten, fehlt mir komplett das Verständnis.