Ein bisschen "Quälix" steckt auch in Silvia Neid. Immer wieder schickte die Bundestrainerin ihre Spielerinnen in Köln auf die sogenannte "Himmelsleiter". 220 Stufen, im Dauerlauf. Und das nach einer knüppelharten Laufeinheit. Beim Konditionslehrgang der Frauenfußball-Nationalmannschaft gibt sich Neid derzeit gnadenlos. "Dieser Lehrgang ist auch eine teambildende Maßnahme. Man wächst zusammen, weil man sich zusammen quält", sagte sie in einem Anflug verschmitzter Ironie, die tatsächlich stark an den Wolfsburger Meistertrainer Felix Magath erinnerte.
Ihren Spielerinnen ist dagegen kaum zum Scherzen zumute. Fatmire Bajramaj jammerte sogar: "Ich habe jetzt schon schwere Beine, zum Glück bin ich nicht alleine damit. Wir werden froh sein, wenn am Samstag alles vorbei ist."
Alles überstanden haben die DFB-Frauen am Wochenende allerdings noch nicht, nur den Konditionslehrgang, der jedoch der unbeliebteste Teil der Vorbereitung auf das große Ziel ist. Am 17. Juli wollen Bajramaj und ihre Kolleginnen den Lohn der harten Arbeit einfahren und sich beim WM-Finale in Frankfurt zu Weltmeisterinnen krönen. Dafür quälen sich die 26 Spielerinnen derzeit Tag für Tag.
"Die Laufeinheiten hauen ganz schön rein", sagte Birgit Prinz. Die dreimalige Weltfußballerin ist hartes Training in der Nationalmannschaft gewohnt, es ist die fünfte WM, auf die sich die 33-Jährige vorbereitet. Daher kann die Rekordnationalspielerin aus Erfahrung sprechen: "Wir haben es bis jetzt jedesmal überlebt und werden es auch diesmal überleben." Es klang, als wolle Prinz sich und ihren Leidensgenossinnen Mut machen.
Ausgepumpt fallen Abends alle ins Bett. Für Disziplin in der Mannschaft muss Teammanagerin Doris Fitschen daher nicht sorgen. "Bisher mussten wir noch keine Spielerin aus der Kneipe holen", sagte sie. Zeit und vor allem Kraft für ein Feierabend-Bier fehlen bereits beim zweiten von sieben Lehrgängen auf dem Weg zum erhofften Titelgewinn.
Das war in der Ära Gero Bisanz noch ganz anders. Der Pionier des deutschen Frauen-Fußballs stattete der Nationalmannschaft in Köln einen Besuch ab und plauderte entspannt aus längst vergangenen Zeiten: "Wir hatten 14 Tage Vorbereitungszeit - maximal." Mit großem Respekt beurteilte der langjährige Bundestrainer die Arbeit seiner ehemaligen Spielerin Neid: "Silvia ist sehr konsequent, sehr bestimmend. Sie weiß genau, was sie will."
Und das ist eine Nationalelf im körperlich besten Zustand. "Die anderen Länder bereiten sich mittlerweile leider genauso vor, daher müssen wir noch härter arbeiten", erklärte Neid.
Eine Ansage, die für ihre Elf wie eine Drohung wirken muss. Spätestens an den letzten beiden Lehrgangstagen sollen die Qualen jedoch etwas gelindert werden. Neid und ihr Trainerteam reduzieren die Umfänge in den Übungseinheiten und bringen etwas Abwechslung in den harten Trainingsalltag. Beim Taekwondo und Basketball - so ist der Plan - soll das Teambuilding voranschreiten. Stellvertretend für alle Kolleginnen sagte Spielführerin Prinz: "Wir freuen uns, wenn es endlich mit dem Ball weitergeht."