Nach 2018 steht Kroatien wieder im WM-Halbfinale. Nach dem Coup gegen Brasilien wollen Luka Modric und Co. nun auch Messi und Argentinien rauskegeln und wie vor vier Jahren - damals Halbfinal-Sieg gegen England - ins Endspiel einziehen. Dieses verloren die Kroaten gegen Frankreich.
Wer weiß, was bei dieser WM für die starken Kroaten noch drin ist. Geht es nach Predrag Crnogaj, dann ist "alles möglich", wie er gegenüber RevierSport betont.
Crnogaj spielte in den 1990er Jahren für Rot-Weiss Essen in der 2. Bundesliga. Der gebürtige Kroate entstammt der Jugend von Dinamo Zagreb. Seit Jahrzehnten lebt der 54-jährige Familienvater in Essen und war auch Amateurtrainer von Klubs wie SV Sodingen, DJK Katernberg 19 und Fortuna Bredeney.
Crnogaj, ein heißblütiger Anhänger der kroatischen Nationalmannschaft, hofft nun auf den nächsten Coup seiner Kroaten. RS hat mit dem "kroatischen Essener" gesprochen.
Ob Oma, Opa, Vater, Mutter, Sohn, Tochter oder ein kleines Baby: alle tragen Trikots, schwenken Fahnen und fiebern mit. Aber das ist immer so, wenn Kroatien spielt. Auch wenn wir in der EM- oder WM-Qualifikation antreten, ist das Interesse an der Nationalmannschaft immens
Predrag Crnogaj
Predrag Crnogaj, was ging in Ihnen nach dem Sieg über Brasilien vor?
Das ist nicht in Worte zu fassen. Wir haben das Spiel mit meiner Frau, unseren Kindern, meinem Schwiegersohn geschaut und sind alle an die Decke gesprungen. Das war wieder der Wahnsinn! Vielleicht noch heftiger als 2018. Denn die Brasilianer waren klarer Favorit. Aber wir Kroaten, ein Land mit rund vier Millionen Einwohnern, haben die Selecao besiegt. Im fußballverrückten Brasilien haben sie wahrscheinlich mehr Schiedsrichter als Kroatien Einwohner (lacht). Aber das alles zählt nicht. Unsere Mentalität, unser Nationalstolz treiben uns in jedem Spiel voran. Auch mich macht das sehr stolz.
Wie kann man sich die Stimmung rund um die Nationalmannschaft in Kroatien vorstellen?
Wir bekommen das ja alles mit, ob durch Freunde, Familie oder das Fernsehen. Die Straßen sind bei den Spielen leergefegt. Alle schauen die Spiele. Ob Oma, Opa, Vater, Mutter, Sohn, Tochter oder ein kleines Baby: alle tragen Trikots, schwenken Fahnen und fiebern mit. Aber das ist immer so, wenn Kroatien spielt. Auch wenn wir in der EM- oder WM-Qualifikation antreten, ist das Interesse an der Nationalmannschaft immens.
Woher kommt dieser Hype?
Das ist eine Entwicklung der 1990er Jahre. Nach dem wir als Land selbstständig wurden, sehnten wir uns nach einer tollen Fußball-Nationalmannschaft und die haben wir bekommen. Ob 1996 bei der EM in England oder 1998 bei der WM in Frankreich, wir haben schon so oft für Furore und Begeisterung unter den Kroaten gesorgt. Wir sind einfach ein stolzes Land, das die Nationalmannschaft liebt, ja eigentlich schon verehrt.
Und den Spielern geht es ähnlich...
Ganz genau! Deshalb haben sie ja auch unseren Respekt, unsere Zuneigung. Sie verzichten auf Prämien, sie spenden diese immer. Sie spielen in ihren Klubs für Geld, für großes Geld. In der Nationalmannschaft spielen sie mit ihrem Herzen, für ihre Freunde, Familie, für ihr Land.
Was ist noch möglich?
Alles ist möglich (lacht). Ich hoffe ja auf ein Finale gegen Frankreich, eine Revanche für 2018. Sollte es zu diesem Finale kommen, hätte es dann auch Steven Spielberg in Hollywood nicht besser hinbekommen (lacht).
Und was sagen Sie zur deutschen Mannschaft?
Natürlich drücke ich auch immer dem DFB-Team die Daumen. Aber diese WM haben sie verschenkt. Sie haben sich um Dinge gekümmert, die keinen Spieler etwas angehen. Das ist Politik. Ich verstehe nicht, warum man sich wenige Tage vor der WM um irgendeine Binde streitet. Man wusste doch schon seit zehn Jahren, dass die WM in Katar stattfindet. Man kann das Land nicht ändern. Nach der WM geht das Leben in Katar weiter. In Kroatien ist die WM ganze Zeit das Thema, der Fußball. Niemand interessiert sich da für politische Dinge. Wir sollten uns auf Sport freuen. Ich glaube, dass das auch in den meisten Ländern der Fall war - außer in Deutschland. Schade.
Wie sehr verfolgen Sie eigentlich noch ihren Ex-Klub Rot-Weiss Essen?
Sehr, natürlich. Ich fiebere da auch mit und besuche ab und an die Spiele. Ich freue mich, dass sich RWE nach anfänglichen Schwierigkeiten so gut in dieser schweren 3. Liga macht. Dieses Jahr bleiben wir drin und dann greifen wir an. In Essen ist so viel möglich. Das zeigen ja auch wieder die diesjährigen Zuschauerzahlen.
Wann wird man in Essen mal wieder einen kroatischen Spieler wie Predrag Crnogaj oder Goran Milanko sehen?
Von mir aus sofort, noch in dieser Winterpause (lacht). Mal schauen, wann das wieder passiert. Aber Marcus Uhlig ist herzlich nach Kroatien eingeladen. Ich zeige ihm dann ein paar gute Spiele und Spieler. Ich bin mir sicher, dass er dann schnell Interesse zeigen würde.