Die Freude an seinem neuen Job war Edin Terzic binnen weniger Minuten gründlich vergangen. Mit finsterer Miene und deutlichen Worten kommentierte der Dortmunder Fußball-Lehrer den unerklärlichen Blackout seines Teams beim 2:3 (1:0) gegen Werder Bremen. „Wie wir uns nach der 88. Minute drei Tore fangen, ist brutal dämlich und brutal ärgerlich“, klagte der 39-Jährige am Ende seiner Erfolgsserie von zuvor neun Siegen als BVB-Chefcoach. Die Art und Weise, wie sein Team das scheinbar sichere 2:0 leichtfertig verspielte, war eines Titelaspiranten unwürdig. „Trotz schwacher Leistung musst du bei 2:0-Führung das Spiel gewinnen“, befand Terzic.
Nach Toren von Julian Brandt (45.+2) und Raphael Guerreiro (77.) schien das Happy End und die Tabellenführung zum Greifen nahe. Die schmeichelhafte Führung tröstete alle Beteiligten darüber hinweg, dass - wie schon zuvor bei den Siegen über Leverkusen (1:0) und Freiburg (3:1) - erneut viele spielerische Wünsche offen geblieben waren.
Dass der BVB danach als erstes Team in der langen Bundesliga-Historie drei Treffer von der 89. Minute an kassierte, war BVB-Kapitän Marco Reus sichtlich peinlich: „Das ist für uns alle jetzt natürlich ein Schock. In der Art und Weise darf uns das nicht passieren. Nicht nur bei den Fans war der Frust groß, bei uns auch. Wir müssen darüber reden, das werden wir.“ Torhüter Gregor Kobel wirkte ähnlich konsterniert: „Wir konnten nicht die gleiche Energie auf den Platz bringen wie Bremen.“
Der Anschlusstreffer von Lee Buchanan (89.) ging noch als verschmerzbarer Schönheitsfehler durch. Doch nach den weiteren Toren von Niklas Schmidt (90.+3) und Oliver Burke (90.+5) wurde aus den Gesängen der BVB-Fans ein Pfeifkonzert. „Nach dem 1:2 ging es los mit dem Zittern“, beschrieb Terzic den Einbruch seines Teams. Angesichts des couragierten Auftritts der über weite Strecken besseren Bremer verzichtete der Rose-Nachfolger auf Schönfärberei: „Wir reden hier von einer verdienten Niederlage.“
Alle Hoffnungen der Borussia, nach Jahren mit steten Formschwankungen endlich zu mehr Stabilität gefunden zu haben, erwiesen sich als Wunschdenken. In Sachen Leidenschaft und Spielwitz stahl der Aufsteiger dem Titelaspiranten locker die Show und hätte eigentlich schon früher in Führung liegen müssen. Die späten Treffer von Niklas Schmidt (90.+3) und Oliver Burke (90.+5) waren der gerechte Lohn.
Selbst der nicht gerade für große Emotionen bekannte Ole Werner genoss den magischen Augenblick in vollen Zügen: „Solch einen spektakulären Spielverlauf kann man sich selbst als Kind nicht ausmalen. Diese Momente in einem solchen Stadion zu erleben, dafür ist man Fußballer geworden“, schwärmte der Werder-Coach, „beim 3:2 gab es kein Halten mehr. Es war ein turbulentes Spiel mit dem besseren Ende für uns.“
Nach den beiden Remis gegen Wolfsburg und Stuttgart und dem Coup von Dortmund steht der Aufsteiger glänzend da. Mit leuchtenden Augen ließ Torschütze Schmidt das Spektakel Revue passieren: „Das war der schönste Moment meiner Karriere. Das waren pure Emotionen, das kann man gar nicht beschreiben.“ Auch für den Siegtorschützen Burke ging ein Traum in Erfüllung. Kurios: Wie schon beim 2:2 gegen Stuttgart traf er wieder in der 90.+5 Minute. „Ja ich weiß, das scheint meine Glücksminute zu sein. Ich weiß zwar nicht, ob ich es mag, auf der Bank zu sitzen, aber ich hab nichts dagegen reinzukommen und zu treffen“, kommentierte er schmunzelnd.