Anthony Losilla, Deutschland befindet sich im Wahljahr. Auch beim VfL steht eine Wahl an, nämlich die zum Mannschaftskapitän. Gibt es auch eine Art Wahlkampf? Im vergangenen Jahr hat Thomas Reis mich als Kapitän bestimmt. Ich schätze, weil es vorher gut funktioniert hat. In diesem Jahr haben wir darüber aber noch nicht gesprochen. Es kann sein, dass er etwas ändert. Ich glaube es aber nicht. Davor durfte die Mannschaft noch wählen.
Würden Sie im Falle eines Falles einen „Wahlkampf“ veranstalten oder ließen Sie das ganz gelassen auf sich zukommen? (lacht) Große Wahlplakate à la „Wählt bitte Toto Losilla“ brauchen wir natürlich nicht. Den, der gewählt werden würde, würde ich unterstützen. Ich wäre aber auch froh, wenn ich noch weitermachen dürfte.
Sie wurden auch schon als der „neue Ata Lameck“ bezeichnet. Ist das, neben Titeln, das Größte, was man beim VfL erreichen kann? Auf jeden Fall. Ata ist für Stadt und Verein eine große Figur. Wenn ich dann als der „neue Ata“ bezeichnet werde, macht es mich natürlich stolz. Ich durfte ihn bereits kennenlernen und kann sagen, dass er ein toller Mensch ist. Er ist nicht umsonst eine solche VfL-Legende. Er hat sich diesen Status verdient. Der Vergleich ist unter dem Strich aber vielleicht etwas zu hoch gegriffen, da Ata schon noch einmal auf einem anderen Level ist.
Aktuell sind Sie in Ihrem achten Jahr beim VfL Bochum auf jeden Fall der dienstälteste Spieler. Gab es zwischendurch mal Zweifel, ob Sie sich den Traum von der Bundesliga noch erfüllen können? Auf jeden Fall. Schließlich werde ich nicht jünger. Die Chance auf die Bundesliga wurde immer geringer. Nun haben wir den Aufstieg aber doch noch geschafft. Mit 35 Jahren habe ich mir damit einen persönlichen Traum erfüllt. Dass ich dann noch mit meinem VfL in der Bundesliga antreten darf, ist natürlich überragend.
Ihre Klasse haben Sie auf jeden Fall gezeigt. Der VfL Bochum stellte in der abgelaufenen Saison mit Ihnen, Robert Tesche und Robert Zulj laut dem Kicker die drei besten Mittelfeldspieler der Zweiten Liga. Sie sind dabei hinter Tesche „nur“ Zweiter geworden. Das, der Aufstieg und die Meisterschale: Mehr geht nicht, oder? Das stimmt. Den Aufstieg hätte ich auch sofort unterschrieben. Dass wir am Ende dann aber in unserem Stadion die Meisterschale gewonnen haben, war einfach grandios. Es hat einfach alles gepasst. Wir drei haben uns mit einer Mischung aus Erfahrung und den genialen Ideen von Robert Zulj in der Mitte einfach super verstanden. Gerade Robert Tesche und ich verstehen uns einfach blind, da wir schon so lange zusammenspielen. Er hat eine fantastische Saison mit vielen und wichtigen Toren hinter sich. Abgesehen davon haben aber nicht nur wir drei ein tolles Jahr gespielt. Unsere Viererkette mit Danilo Soares und Cristian Gamboa als Außen- und Maxim Leitsch und Armel Bella-Kotchap als Innenverteidigern hat uns defensiv stabilisiert. Vorne hat Simon Zoller 15 Tore erzielt. Jeder hat seinen Teil zur Meisterschaft beigetragen.
Wenn Sie die Augen schließen und an die vergangene Saison denken: Welcher Moment fällt Ihnen ein? Ganz klar mein Tor zum 2:1 gegen den SV Sandhausen am 34. Spieltag. Als ich gesehen habe, dass alle auf der Tribüne gejubelt haben und die Spieler auf dem Platz auf mich zugekommen sind, war es wirklich ein besonderer Moment. Ein paar Monate zuvor hatte ich außerdem meine Mutter verloren. Sie hatte meine Karriere immer verfolgt. Deswegen denke ich auch, dass dieser Moment ein Zeichen war und sie das für mich gemacht hat. All das macht dieses Tor für mich sehr besonders.
Haben Sie in dem Moment, als das Tor fiel und Sie zum Jubel abgedreht sind, an Ihre Mutter gedacht? Ja. Schon in der ganzen Woche vor dem Spiel habe ich viel an meine Mutter gedacht, weil sie mich immer so gepusht hat. Das Tor war für sie. Kurz nach dem Abpfiff habe ich auch mit meiner Familie in Frankreich telefoniert. Sie haben alle geweint. Deshalb hatte ich auch zwei schwierige Monate. Es ist nicht einfach, solch einen Trauerfall zu verarbeiten. Zum Glück hatte ich aber die Mannschaft und auch meine Familie hinter mir. Dazu die Aussicht auf das große Ziel Bundesliga. Das hat mir geholfen. gp, tica
Lesen Sie in Teil zwei des Interviews mit Anthony Losilla seinen Appell an die Fans und ob er schon auf der Liste für die Traditionself des VfL Bochum steht.