Diejenigen, die sich auf den Weg nach Polen oder in die Ukraine machen, sollten eine gehörige Portion Abenteuerlust mitbringen.
Gero Janze nimmt sein EM-Fiasko mit Galgenhumor. "Ist doch schön, andere Leute glücklich zu machen", sagt er. Der 32-Jährige hat gerade über das Internetauktionshaus ebay ein Ticket für das Gruppenspiel Deutschland gegen Dänemark für 20,50 Euro verscherbelt - 70 Prozent unter dem Einkaufspreis! So geht das schon die ganze Zeit. "Ich habe einen Verlust von insgesamt 800 Euro gemacht, weil keine Sau die Karten kaufen will", sagt Janze. Der Beamte ist keiner, der den großen Reibach gewittert hat. Ihm wurde nur das mangelnde Fan-Interesse an der EM in Polen und der Ukraine zum Verhängnis.
Keine fan-freundlichen Bedingungen
"Meine Freunde und ich dachten, dass wieder nur jeder zehnte Kartenwunsch erfüllt wird, also haben wir bestellt wie die Blöden. Aber dann gab es für jedes Spiel den Zuschlag", erzählt Janze. Warum er die überzähligen Tickets nicht weiterverkauft bekommt, weiß er aus eigener Reise-Erfahrung: "Die Bedingungen in Polen und der Ukraine sind alles andere als fanfreundlich - um es mal höflich auszudrücken."
In der Tat warten auf den Fan, der Janzes Ticket zum Schnäppchenpreis ersteigert hat, noch böse Überraschungen. Der günstigste Hin- und Rückflug am 17. Juni kostet bei einem bekannten Flugportal (flüge.de) 705 Euro. Im Spielort Lwiw bietet ein Hotelvermittler (HRS) kein Zimmer mehr an, die dem Zentrum nächste Unterkunft ist 73 Kilometer vom Stadtkern entfernt und mit 187 Euro pro Person und Nacht sehr teuer.
10000 Deutsche in der Ukraine?
Hohe Zimmerpreise und überteuerte Flüge führten dazu, dass die Gruppenspiele der deutschen Nationalmannschaft in Lwiw gegen Dänemark (17. Juni) und gegen Portugal (9. Juni) noch nicht ausverkauft sind. Laut DFB-Präsident Wolfgang Niersbach gingen etwa 10.000 Tickets pro Gruppenspiel an deutsche Anhänger. "Es gibt wohl Probleme bei der Anreise und Übernachtung. Wir wissen nicht, ob die Fans davor zurückschrecken", sagte Niersbach.
Diejenigen, die sich auf den Weg nach Osteuropa machen, sollten eine gehörige Portion Abenteuerlust mitbringen. "Ein EM-Besuch in Polen oder in der Ukraine ist keine Pauschalreise, hier ist auch ein bisschen Improvisationskunst gefragt", sagt Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS).
So kann der Anhänger die happigen Hotelkosten umgehen, indem er beispielsweise in den polnischen Gastgeberstädten auf einem der großen EURO-Campingplätze nächtigt. Ein Doppelzelt kostet umgerechnet rund 35 Euro. Auf den "Luxus" einer eigenen Toilette müssen die Fans zwar verzichten, dafür wirbt der Veranstalter auf seiner Internetseite mit dem Argument, es sei eine "internationale Gesellschaft" zu erleben.
Bier als Zahlmittel für Unterkunft
Als Reaktion auf die hohen Übernachtungspreise haben die Ukrainer eine "Bettenbörse" eingerichtet. Auf der Facebook-Seite "Welcome to Ukraine" bieten sie ausländischen Fans eine kostenlose Unterkunft in ihrer Wohnung an. Ein Ukrainer gewährt zum Beispiel fünf Reisewilligen Unterschlupf und verlangt dafür nur eins: "Bier!
Fanexperte Gabriel kommt aber zu dem Schluss: "Die Anstrengungen in Polen, den Gästen den Aufenthalt angenehmer zu gestalten, sind ausgeprägter als in der Ukraine." Nach einer Initiative der Regierung werden zum Beispiel besonders hilfsbereite Polen mit einem Aufkleber mit der Aufschrift "How can I help you?" (Wie kann ich Ihnen helfen?) herumlaufen.
Die Gastfreundschaft der Polen und Ukrainer wird nicht selten mit einem Wodka begossen. Aber Vorsicht: In Polen gilt eine 0,2-Promille-Grenze, in der Ukraine sogar ein absolutes Alkoholverbot im Straßenverkehr.