Die Schiedsrichter pfeifen auf Zurückhaltung. Als Reaktion auf die heftige Kritik sind die Referee-Verantwortlichen in die Offensive gegangen und haben die zuletzt erhobenen Vorwürfe vehement zurückgewiesen. Dennoch stehen die Unparteiischen bei der Rückkehr in den Bundesligabetrieb am kommenden Wochenende unter Beobachtung. Nach dem ständigen Ärger in den ersten Wochen der Saison müssen die Schiris liefern.
Zunächst sah sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) aber zu einer ausführlichen und ungewohnt deutlichen Stellungnahme genötigt, um sich dem Vorwurf der Vetternwirtschaft und Kungelei gegen seine Schiri GmbH entgegenzustellen. Die in einem Medienbericht („Der große Klüngel-Report“, Bild am Sonntag) erhobenen „Spekulationen“ weise der Verband „entschieden zurück“, hieß es in der Mitteilung.
Die Verantwortlichen in der DFB Schiri GmbH „pflegen in ihrer Arbeit mit den Aktiven (...) einen offenen und kooperativen Führungsstil“, ließ der DFB wissen. Schiedsrichter-Boss Lutz Michael Fröhlich betont, kritisches Feedback sei „ausdrücklich erwünscht“ – auch, wenn dieses anonym gegeben würde.
Dem Vorwurf, die Bosse könnten „frei bestimmen, wer international pfeifen darf“ und es gehe darum, „das beste Netzwerk zu haben“, hält der DFB entgegen, dass personelle Entscheidungen „auf der Basis der aktuellen Leistungen und der Leistungsentwicklung getroffen“ würden.
Fröhlich trat zudem der Behauptung entgegen, die DFB-Verantwortlichen entschieden „selbst, welche Entscheidungen falsch und welche richtig sind“. Die Bewertung der Schiedsrichter-Leistungen werde durch speziell geschulte Beobachter und Coaches vorgenommen.
Dass sich die Schiedsrichter-Verantwortlichen derart heftig zur Wehr setzen müssen, ist allerdings auch ein Beleg für die angespannte Lage. Als Folge der anhaltenden Debatten um die Leistungen der Unparteiischen und der Video-Assistenten sowie die Altersgrenzen-Auseinandersetzung mit Ex-Referee Manuel Gräfe stehen die Schiedsrichter unter besonderer Beobachtung.
Das wurde nicht zuletzt bei der zurückliegenden Managertagung deutlich, auf der es laut diversen Medienberichten massive Schiri-Schelte gegeben haben soll. Fröhlich wertet das Treffen allerdings anders. „Bei dieser Tagung handelte es sich um einen sehr konstruktiven und ich denke für alle positiven Austausch“, sagte der 64-Jährige dem kicker: „Das war kein Druck, und wir sind auch nicht eingeschwenkt.“
Dennoch räumte Fröhlich den durchwachsenen Saisonstart seiner Schützlinge ein. „Es gab zwei Schwerpunktthemen, bei denen die Entscheidungsqualität nicht zufriedenstellend war“, äußerte der Berliner: „An den Spieltagen 1 bis 3 ging es um die Abseitsbewertung. An den Spieltagen 5 und 6 stand die Handspielbewertung im Fokus. In beiden Bereichen müssen wir festhalten, dass dort Fehler gemacht wurden, die zum Teil vermeidbar gewesen wären.“
Fröhlich gestand zudem Schwächen bei den Bossen ein: „Die Kommunikation bei uns war nicht optimal, keine Frage.“ Kritiker beziehen das auch auf die von Fröhlich angekündigte Aufweichung der Altersgrenze. Schließlich hat damit Gräfes Klage gegen Altersdiskriminierung, die am 16. November vor dem Landgericht Frankfurt/Main verhandelt wird, neuen Zündstoff bekommen.
Was Gräfe vorenthalten blieb, soll nun vor allem Felix Brych zugute kommen. Der Top-Referee will mit der neuen Perspektive vor Augen bis zur Winterpause über die Fortsetzung seiner Karriere entscheiden.
Schon jetzt ist sicher: Der Gräfe-Prozess und Brychs Entscheidung werden dafür sorgen, dass die Schiedsrichter auch weiter unter Beobachtung bleiben.