Doch weil der Teufel im Detail steckt, soll er es nicht als Spieler ins Oberhaus schaffen. Dafür aber als Trainer: Den Fußballlehrer hat Ribbeck schon als 22-Jähriger gemeinsam mit Tschik Cajkovski gemacht, Diplom-Sportlehrer darf er sich ebenfalls nennen. Daran erinnert sich schließlich auch sein Mentor Hennes Weisweiler. Doch lassen wir Ribbeck selbst berichten:
„Als Spieler war ich ein Allrounder. Meinen ersten Vertrag beim Wuppertaler SV habe ich sogar als Torwart bekommen. Weil wir auf der Straße groß geworden sind, konnten wir alles spielen. Ich bin immer schon gerne gelaufen und war kein sehr guter Techniker. Daher habe ich mich dann irgendwann in der Abwehr festgesetzt. Unter Zapf Gebhardt sind wir zwar 1962 mit dem WSV in die Oberliga aufgestiegen. Aber das Training war so hart, dass man es heutzutage wahrscheinlich niemandem mehr zumuten könnte. Da ich in Köln Sport studiert habe und Hennes Weisweiler dort mein Dozent war, bin ich zu Viktoria Köln in die Regionalliga West gewechselt, wo er als Trainer arbeitete.
Wir hatten eine halbe Studentenmannschaft. Weisweiler war jemand, der uns begeistern konnte. Er war nicht immer ganz einfach, aber er hat sehr erfolgreich gearbeitet. Unter ihm habe ich den Fußballlehrer gemacht, ich war also ein „Weisweiler-Schüler“. 1964 wechselte Weisweiler zu Borussia Mönchengladbach, und ein Jahr später wollte auch ich die Viktoria verlassen. Ich bekam ein Angebot von Bayer Leverkusen und habe dem Verein mein Wort gegeben, zu wechseln. Aber dann kam eine Anfrage von Hertha BSC Berlin. Die Berliner spielten schon in der Bundesliga und hatten bereits Jürgen Sundermann, Willibert Kremer und Carl-Heinz Rühl aus Köln verpflichtet. Meine alten Mitspieler meinten: ‚Komm doch zu uns, wir haben eine gute Mannschaft.’ Es war praktisch alles perfekt. Der Schatzmeister hat mich sogar schon rumgeführt und mir gezeigt, wie schön alles ist.
Aber dann kam der große Knall: Hertha BSC flog aus der Bundesliga, weil sie Handgelder gezahlt haben. Das hat zwar jeder gemacht, aber nur die Berliner sind aufgeflogen, weil sie sich dümmer als der Rest angestellt haben. So hatte sich dieses Engagement zerschlagen. Und den Versuch mit Leverkusen habe ich gar nicht erst gemacht: Deren Trainer Theo Kirchberg war verständlicherweise stinksauer, weil ich mein Wort gebrochen hatte. Heute würde ich das nie mehr machen. Im Nachhinein war das eine sehr unangenehme Sache, die ich schon frühzeitig bedauert habe. Auch später kam ich in Situationen, in denen ich Angebote von größeren Vereinen hatte. Aber für mich war seitdem selbstverständlich, dass ich meinen Vertrag erfülle. Nach dieser Erfahrung habe ich immer gesagt, dass man alles schriftlich machen muss.
So stand ich plötzlich ohne Verein da. Ich hätte auch bei Viktoria bleiben können, aber dann fragte mich Weisweiler, der mit Mönchengladbach gerade in die Bundesliga aufgestiegen war, ob ich nicht sein Assistent werden will. Ich war baff, schließlich war ich gerade mal 28 Jahre alt. Ich wollte die Schuhe eigentlich noch nicht an den Nagel hängen, aber für diese Herausforderung hat es sich gelohnt.
Im März hatte ich noch auf dem Bökelberg gegen Günter Netzer, Jupp Heynckes, Bernd Rupp, Herbert Laumen und wie sie alle hießen gespielt. Nun, wenige Monate später, war ich plötzlich deren Trainer. Ich war körperlich topfit und konnte im Training vieles mitmachen. Wenn wir beim Abschlussspiel eine ungerade Zahl hatten, habe ich noch mitgemischt.
Ich habe gleichzeitig die Amateurmannschaft der Borussia trainiert. Mit dieser Doppelrolle habe ich mehr Geld verdient als zuvor bei Viktoria Köln. Im Nachhinein gesehen war das genau der richtige Übergang. Und es war mein Weg in die Bundesliga. Dass ich erst 28 Jahre alt war, war kein Problem: Ich war ja nur der Co-Trainer. Schwieriger wurde es, als ich 1968 als 31-Jähriger Chefcoach bei Eintracht Frankfurt wurde.
In den ersten Jahren habe ich gleichzeitig als Sportlehrer am Gymnasium in Remscheid gearbeitet. Jeden Tag bin ich zwischen Köln, Remscheid und Mönchengladbach hin- und hergefahren. Erst als das Angebot aus Frankfurt kam, habe ich mich vom Schuldienst beurlauben lassen. Ich hätte innerhalb eines Jahres zurückkehren können, aber das war nicht mehr nötig.
Was ich von Weisweiler gelernt habe? Das war sicher einiges. Aber nur an eine Sache kann ich mich auf Anhieb erinnern: Er konnte manchmal ziemlich hart und aus meiner Sicht auch ungerecht sein. Daher habe ich später versucht, selbst gerechter zu sein. Ob das geklappt hat, weiß ich nicht. Wohl aber, dass ich ihm den Sprung in die Bundesliga zu verdanken habe.“
Auf Seite 2: Wie Ribbeck zum Sir wurde