Auch Trainer Michael Skibbe steht nach fünf Pflichtspiel-Pleiten in Folge womöglich zur Disposition. Michael Skibbe wollte dem kräftigen Wind, der ihm bereits ins Gesicht blies, trotzen. Doch nach dem abenteuerlich schlechten 0:5 (0:4) beim VfB Stuttgart könnte der Chefcoach von Hertha BSC in einen Orkan geraten, der ihn sogar von seinem Trainerstuhl fegt. Nach gut fünfwöchiger Amtszeit ist der 46-Jährige mehr denn je in den Mittelpunkt der Diskussion geraten.
Nicht zuletzt, weil Michael Preetz nach der peinlichen Abfuhr ein klares Bekenntnis zum Coach vermied. "Was wollen Sie hören? Wir werden nach Hause fahren und alles aufarbeiten", sagte der Manager auf die Frage nach der Sicherheit des Jobs von Skibbe. Der Start seiner Amtszeit sei natürlich "denkbar schlecht", merkte Preetz noch an.
Skibbe selbst war so bedient wie noch nie in seiner Karriere. "Ich bin schrecklich enttäuscht von der Vorstellung, die wir abgeliefert haben. Nach dem 0:1 haben wir uns bis zur Halbzeit nicht mehr gewehrt und uns ergeben. Die erste Halbzeit war die schlimmste, die ich je als Trainer erlebt habe. Das war so schlecht, dass man dafür kaum Worte findet", sagte er vollkommen niedergeschlagen.
Der zarte Aufwärtstrend der Berliner aus dem unglücklich verlorenen Pokalspiel gegen Gladbach wurde regelrecht zertrümmert von einer Leistung, die der Coach gerade vor der Pause als "absolute Katastrophe" einstufte. Die fünfte Pleite in Serie und das Abrutschen in die unmittelbare Nähe der Abstiegsränge sollen nicht ohne Konsequenzen bleiben. "Das war heute ein Auftritt, wie wir ihn uns nicht gefallen lassen können", äußerte Preetz.
"Debakel" und "Katastrophe", "desolat" und "grausam" waren die meist benutzten Vokabeln der Berliner Spieler und Verantwortlichen. Regelrecht kampflos hatte sich Hertha ergeben, der vollkommen berechtigte Platzverweis für Andreas Ottl in der 30. Minute wischte den letzten Hauch von Gegenwehr beiseite. Stuttgart erhielt Aufbauhilfe aus der Hauptstadt, durfte nach Lust und Laune kombinieren.
Bis zum 50. Bundesligatreffer von Vedad Ibisevic (24.), seinem ersten im VfB-Trikot, hielt Hertha noch halbwegs die Ordnung. Doch als Martin Harnik mit seinem Dreierpack (28./41./58.) und Shinji Okazaki (32.) das 5:0 herausschossen, war die "alte Dame" nur noch ein gebrechliches Wrack. Das dritte Tor von Harnik unter gütiger Mithilfe von Lewan Kobiaschwilli passte ins Bild, die Berliner Fans verfolgten das desolate Geschehen da schon längst mit fassungsloser Enttäuschung.
Für den spielerischen Offenbarungseid und die höchste Bundesliga-Niederlage seit über fünf Jahren könne man "sich nur entschuldigen", sagte Skibbe. Rot-Sünder Ottl wollte nicht einmal ausschließen, dass sich die im Spiel ersichtlichen Auflösungerscheinungen festsetzen. "Die Gefahr ist da", sagte er. Mittelfeldspieler Peter Niemeyer erklärte, man müsse aufpassen, dass man in der Mannschaft den Respekt voreinander nicht verliere. Beide sprachen zudem vom "Tiefpunkt der Saison". Lauter könnten die Alarmsignale kaum sein.
Irgendwie muss Hertha nun rasch einen Weg aus dem Schlamassel finden. Sonst könnte der Weg im schlimmsten Falle wieder direkt in die 2. Liga führen. Michael Preetz hatte dazu als Antwort erst einmal nur Durchhalteparolen parat. "Wir werden wieder zurückkommen. Hertha BSC hat mehrfach in dieser Saison ein anderes Gesicht gezeigt". Skibbe ist überzeugt, dass "wir noch unsere Punkte holen werden" - mit ihm.
Stuttgart hingegen hat sich aus dem Jammertal befreit und einen Befreiungsschlag gelandet. "Das war die Antwort, die wir den Zuschauern geschuldet haben", sagte Trainer Bruno Labbadia. Harnik sprach von einem "klasse Auftritt", gab allerdings zu Bedenken: "Wo es hingeht, werden erst die nächste Spiele zeigen."
Für Nationalspieler Cacau ist diese Frage auch offen. Er durfte nur 20 Minuten ran und Labbadia ließ durchblicken, dass es beim anstehenden Gastspiel in Hannover nicht viel mehr werden könnten. "Momentan gibt's keinen Grund, etwas zu ändern", sagte er.