Neben ihm jubelt Angreifer Heung Min Son, er versprüht Zuversicht. Doch die ist in der Stadt längst verflogen.
Zu ernüchternd waren die Spiele des runderneuerten Hamburger SV in den vergangenen Tagen. Einem mühsamen Erfolg im DFB-Pokal beim Oberligisten VfB Oldenburg (2:1) folgte am Dienstag ein schwacher Auftritt im letzten Test vor dem Bundesliga-Start gegen den FC Valencia (1:2). "Das Spiel hat gezeigt, dass wir noch sehr hart arbeiten müssen", sagte Sportdirektor Frank Arnesen.
Auch Oenning glaubt nicht mehr daran, dass er die vielen Baustellen in seiner Mannschaft bis zur Partie gegen Borussia Dortmund (Freitag, 20.30 Uhr/ARD, Sky und Liga total!) schließen kann. "Wir können nicht sagen: Wir stürmen die Festung Dortmund mit Hurra", sagte er, "aber wir haben uns in der Vorbereitung neue Möglichkeiten erarbeitet. Jetzt müssen wir noch unsere Schwächen abstellen."
Doch davon hat der HSV mehr, als die Verantwortlichen zugeben wollen. Auch gegen Valencia offenbarten die Hamburger die bekannten Probleme: Keine Ordnung in der Defensive, keine Sicherheit im Spielaufbau, kein Tempo und keine Kreativität vor dem gegnerischen Tor. Keeper Jaroslav Drobny brachte es auf den Punkt: "Wir erarbeiten uns einfach zu wenig Torchancen."
Der so oft in Hamburg beschworene und vor der Saison endlich vollzogene Umbruch dauert länger als gedacht. Viele Spieler mussten gehen, weil sie viel zu alt oder viel zu teuer waren (Ruud van Nistelrooy, Joris Mathijsen, Frank Rost, Piotr Trochowski, Zé Roberto). Zwar lotste Arnesen dafür in Michael Mancienne, Jeffrey Bruma, Gökhan Töre und Jacopo Sala vielversprechende Talente aus der zweiten Reihe des FC Chelsea zum HSV, zudem wird am Donnerstag der Norweger Per Ciljan Skjelbred (Rosenborg Trondheim) in Hamburg erwartet. Doch so kurz vor dem Bundesliga-Start wirken komplette Mannschaftsteile noch nicht eingespielt. "Wir haben nicht den Druck, jetzt schon perfekt zu spielen. Das wird wachsen", sagte Oenning.
Der Trainer spielt auf Zeit, die er aber nicht hat. Schon gegen Valencia pfiffen die Hamburger Fans, die stets gehobenes Bundesliganiveau erwarten, ihre Mannschaft aus. Speziell der alte und neue Kapitän Heiko Westermann, der bei den Gegentoren eine unglückliche Figur machte, wurde bei jedem Ballkontakt mit Pfiffen bedacht. "Alle Leute, die gepfiffen haben, sollten sich mal hinterfragen", sagte Westermann, "wir brauchen nach dem Umbruch einfach Zeit zur Entwicklung, das geht nicht von heute auf morgen." Auch Oenning hatte für den Fan-Frust kein Verständnis: "Ich kann so etwas nicht nachvollziehen. Gerade jetzt brauchen wir die Unterstützung unserer Fans."
Ausgerechnet ein prominenter Bankdrücker verbreitet vor der Partie gegen Dortmund noch etwas Hoffnung. "Man kann auch nach einer schlechten Vorbereitung gut starten. Wir müssen Gas geben, die Dortmunder richtig ärgern und vielleicht etwas mitnehmen", sagte Marcell Jansen. Der Nationalspieler im Wartestand blickte bei diesem Satz sehr ernst. Wie sein Trainer.