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Jens Keller im Interview

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Schalke: Jens Keller im Interview
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Jens Keller verschränkt die Arme vor der Brust und beobachtet jede Aktion seiner Profis. Die Spieler des FC Schalke 04 nehmen beim Torschusstraining genau Maß.

Der vom FC Bayern gekommene neue Co-Trainer Peter Hermann feuert sie an, lobt sie, korrigiert sie auch. Der Cheftrainer nimmt sich nicht nur während des Trainingslagers im österreichischen Klagenfurt bei solchen Übungen bewusst zurück.

Herr Keller, ein Kameramann vom Fernsehen, der nichts vom Fußball versteht, bekam von seinem Reporter den Auftrag, gezielt Bilder vom Trainer zu liefern. Raten Sie mal, wen der Mann gefilmt hat? Jens Keller (lacht): Peter Hermann. Er ist ja auch Trainer.

Treffer. Täuscht der Eindruck, dass Sie Ihr Verhalten auf dem Trainingsplatz verändert haben, seit Peter Hermann da ist? Nein, verändert würde ich nicht sagen, aber es ist schon richtig, dass ich mich in einigen Dingen mehr zurückziehe. Wenn es aber um Taktisches geht, bin ich sehr präsent. Mir ist es ja recht, wenn ich mich nicht in jeder Übungsform verbrauchen muss.


Was haben Sie als Schalker Cheftrainer im letzten halben Jahr gelernt? Dass dies ein ganz hartes Geschäft ist, so hart, wie ich es vorher noch nicht kannte, obwohl ich viele Jahre Profi war. Ich habe auch gelernt, gelassen zu werden. Wenn man das alles erlebt hat, was mir in den ersten drei Monaten passiert ist, dann weiß man: Schlimmer kann es kaum mehr kommen.

Sie haben sogar von einem Stahlbad gesprochen. Ja, was ich öffentlich abbekommen habe, ging weit über jedes normale Maß an Kritik hinaus. Das war zum Teil völlig unsachlich.

Wie oft haben Sie sich gefragt: Warum mache ich das überhaupt? Der Gedanke, ob das alles wirklich sein muss, kam mir natürlich öfter. Ich bin ja nicht nur Trainer, ich habe auch eine Familie. Und selbst meine Kinder haben ja vieles mitbekommen.

Sie haben sich trotzdem dafür entschieden, gegen alle Widerstände weiterzumachen. Weil ich immer Spaß an der Arbeit hatte.

Wie konnten Sie Enttäuschung und Ärger ausblenden? Man darf das gar nicht ausblenden. Man muss sich durchaus immer wieder hinterfragen, aber vor allem muss man konsequent seinen Weg gehen. Ich glaube, das hat mich ausgezeichnet.

Wie dick sind denn bei Ihrem Fell die Schichten? Wahnsinnig dick. Wenn man sich ständig ärgert, verliert man seinen Weg.


Die gestiegene Wertschätzung tut Ihnen sicher gut. Ja, logisch. Wenn man genau hingeschaut hat, konnte man in der öffentlichen Bewertung zuletzt sogar manche Entschuldigungen herauslesen.

Wie hat sich Ihr Leben verändert, seit sie bei Schalke 04 vom B-Juniorentrainer zum Cheftrainer aufgestiegen sind? Man ist nirgends mehr anonym, man wird auf Schritt und Tritt beobachtet. Aber all das gehört zum Job, wir verdienen ja auch ordentlich. Ich will mich nicht verändern, nur weil ich hier Trainer bin.

Haben Sie Vorbilder? Nein!

Das kam aber schnell. Ich hatte auch als Spieler keine Vorbilder. Ich schaue, was andere links und rechts machen, aber es geht mir immer darum, authentisch zu bleiben.

Mal abgesehen vom attraktiven und im Idealfall auch erfolgreichen Fußball, nach dem alle Trainer streben: Was ist Ihnen wichtig? Dass wir im Spiel eine gute Ordnung haben, dass wir als Mannschaft geordnet agieren.

Das Stichwort heißt Teamgeist? Absolut. Die Bayern konnten in der vergangenen Saison nur deshalb so erfolgreich sein, weil sie zusätzlich zur individuellen Klasse eine Mannschaft waren.


Beim Training haben Sie einen Spieler, der einen Trinkbecher auf den Boden geworfen hat, deutlich dazu aufgefordert, ihn wieder aufzuheben. Es geht also bei aller Lockerheit, mit der Sie eine solche Gruppe selbstbewusster junger Männer führen müssen, auch um Disziplin. Die Zeiten haben sich komplett geändert. Früher sind wir blind hinterhergelaufen, wenn der Trainer etwas gesagt hat. Die Jungs heute muss man überzeugen und begeistern. Aber ohne Disziplin hast du keinen Erfolg. Auch Respekt gehört zu den Werten, die ich zu vermitteln versuche, auch Respekt gegenüber den Fans. Nur weil wir mehr verdienen, sind wir ja keine besseren Menschen. Und es geht eben gar nicht, dass einer einen Becher wegwirft und irgendjemand den später aufheben muss.

Die Mannschaft hatte in der vergangenen Saison immer mal wieder einen Tritt in den Allerwertesten nötig. Wie arbeiten Sie als Trainer an der berühmten Charakterfrage? Indem ich eine Siegermentalität zu entwickeln versuche, und zwar auch in jedem Trainingsspiel. Übertrieben gesagt, versuche ich sogar gegen meine Kinder um jeden Preis zu gewinnen. Ich habe auf meinem Niveau als Fußballer nicht deshalb vieles erreicht, weil ich überdurchschnittliches Talent hatte, sondern weil ich einen überdurchschnittlichen Willen hatte.

Durch die Zugänge gibt es neue Konkurrenz. Manager Horst Heldt hat schon gesagt, dass er bei den Entscheidungen nicht mit Ihnen tauschen möchte. Auch in der vergangenen Saison wollte niemand tauschen, als mir häufig zu wenige Spieler zur Verfügung standen.

Es wird Härtefälle geben. Werden Sie dann vor allem als Psychologe gefragt sein? Ja, aber das gehört zum Trainerjob. Bei uns redet jetzt jeder von der guten Stimmung. Ich sage: Wie die Stimmung wirklich ist, entscheidet sich erst dann, wenn Spieler auf die Bank müssen oder gar nicht im Kader sind.

Da drohen Konflikte. Ja, aber wir gehören zum oberen Bereich der Bundesliga, da muss man das akzeptieren. Oder konsequent seine Leistung bringen.

Auf Schalke sind einige Entscheidungsträger ins Schwitzen gekommen, als in diesem Sommer die Top-Angebote aus dem Ausland für Julian Draxler eingingen. Sie auch? Klar, das wäre nicht angenehm für uns gewesen, wenn er gegangen wäre. Egal, wie viel Geld man bekommt: Es ist schwer, die Qualität zurückzuholen. Das hat auch Dortmund gesehen.

Jermaine Jones ist der Ansicht, Schalke sollte sich das höchste Ziel setzen. Das heißt für ihn: um die Meisterschaft mitzuspielen. Man muss immer Demut behalten. Warum sollte ich in unserer Situation von der Meisterschaft reden? Da würde ich ja gefragt, ob ich mit dem Hammer geschlagen worden bin. Wir können mit Glück vielleicht etwas weiter hochkommen. Aber die Bayern haben sich in diesem Jahr ganz bestimmt nicht verschlechtert, und durch den neuen Trainer gibt es auch kein Sättigungsgefühl.

Ist Borussia Dortmund zu packen? Das haben wir im letzten Jahr schon zweimal gezeigt.

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