Schalke

Das neue Bollwerk ist noch löchrig

Es war ein nicht alltäglicher Kurztrip des FC Schalke 04 am Wochenende in die Schweiz. Grund der Reise war das Testspiel beim FC Luzern – und gerade einmal 45 Minuten betrug die Flugzeit von Düsseldorf nach Zürich. Genau so lange, wie eine Fußball-Halbzeit dauert. Und jeweils eine Hälfte dieses Vergleichs, den der FCL am Samstag verdient mit 4:2 gewann, dürfte Trainer Markus Weinzierl schon ausgereicht haben, um seine Schlüsse zu ziehen. Allerdings hat er ganz andere Erkenntnisse gewonnen als eigentlich erhofft.

Denn in beiden Durchgängen agierte Schalkes Abwehr überraschend schwach. Dass es am Ende nur vier Gegentore waren – fast schon schmeichelhaft und definitiv ein Grund zur Sorge. „Es gab viel zu große Lücken“, bemängelte Leon Goretzka. Er ist zentraler Mittelfeldspieler, bei ihm fängt die Abwehrarbeit so richtig an. Jetzt, so forderte Goretzka, müsse man die Abwehrfehler genau analysieren.

Höwedes als Fixpunkt

Eigentlich soll die Innenverteidigung in der neuen Saison ja wieder zu einem Schalker Prunkstück werden. Das hat in Schalke schließlich eine gute Tradition. Thomas Linke hieß der Leistungsträger in den 1990er-Jahren auf dieser Position, danach folgte die Ära von Tomasz Waldoch und Hajto. „Die Null muss stehen“ lautete seinerzeit der legendäre Leitspruch von Huub Stevens. Mladen Krstajic und vor allem Marcelo Bordon erarbeiteten sich später ebenfalls einen besonderen Ruf als Zerstörer. In diesem Jahrzehnt ist der Fixpunkt Benedikt Höwedes, in erster Linie mit Joel Matip an seiner Seite.

Dieser ist auf Schalke Geschichte, Matip spielt nun für den FC Liverpool. Auch er hatte nicht verhindern können, dass sich Schalke in der vergangenen Spielzeit sehr anfällig präsentierte. 49 Gegentore waren zu viele, um oben mitspielen zu können. Noch bezeichnender: Das letzte Pflichtspiel ohne Gegentor datiert vom 28. Februar, es war jener grausame Nichtangriffspakt gegen Eintracht Frankfurt (0:0).

Wundertüte Nastasic

Damals agierte Schalke mit einer Fünferkette, aber wie so oft ohne zwei der ersten Anwärter auf einen Stammplatz in der Abwehr: Höwedes laborierte an einem Muskelfaserriss, Matija Nastasic musste wegen eines Achillessehnenrisses die ganze Saison pausieren.

In seinem ersten Halbjahr auf Schalke hatte Nastasic nur ein Spiel verpasst – und 2015 deutlich angedeutet, warum sich die Gelsenkirchener seine Dienste 9,5 Millionen Euro hatten kosten lassen. Jetzt ist der 23-Jährige wieder fit. „Er ist eine Bereicherung. Leider ist er lange ausgefallen, aber er ist mehr als fit zurück. Das stimmt mich froh“, sagte Ralf Fährmann. Als Torwart weiß er, wovon er spricht, denn die Innenverteidiger sind auf dem Platz seine wichtigsten Anspiel- und Ansprechpartner.

Bei Nebenmann Naldo ist es vor allem die Erfahrung, die für den 33 Jahre alten Neuzugang aus Wolfsburg spricht. Und Höwedes, der dritte Kandidat für zwei Plätze in der Abwehrzentrale, vereint beides. Hinzu kommt die Mentalität des Kapitäns. Seine Kollegen haben bis dahin noch etwas zu tun. Vielleicht können Naldo und Nastasic ja schon am Dienstag (19 Uhr) beim DSC Wanne-Eickel 45 Minuten lang Kompromisslosigkeit und Griffigkeit ausstrahlen. Oder noch besser: über 90 Minuten.