Es war eigentlich nur ein Interview mit der "Bild-Zeitung", das Preußen Münsters Sportdirektor Detlev Dammeier vor wenigen Tagen gegeben hatte. Die Aussagen, die der so erfahrene Ex-Profi dort traf, sitzen den Spielern und dem Trainer der Adlerträger jedoch noch Tage später in den Knochen. Nach dem Abpfiff des 3:1-Heimsiegs über den Chemnitzer FC entlud sich am Mittwochabend bei den Betroffenen das aufgestaute Unverständnis.
Markige Worte sorgen für Entrüstung
Dammeier hatte neue Hierarchien und neue Gesichter für die neue Saison angekündigt und betont, dass nicht nur die Trainerfrage keineswegs erste Priorität genieße, sondern das darüber hinaus allein er den Kader für die kommende Spielzeit zusammenstellen werde. Neben dem Trainer Ralf Loose waren es insbesondere die älteren, erfahrenen und vor allem verdienten Spieler wie Daniel Masuch, Patrick Kirsch, Stefan Kühne, Clement Halet oder Matthew Taylor, die sich von diesen Aussagen angesprochen fühlten. "Wir hatten uns viel vorgenommen und es gab ja auch ein paar Turbulenzen unter der Woche. Es zeigt aber den Charakter der Mannschaft, dass wir uns so zurückgemeldet haben. Jetzt wollen wir weiter Gas geben, denn das sind wir den Fans und uns selbst schuldig", erklärte Daniel Masuch vielsagend.
Dass die langjährigen Preußenspieler erst durch externe Aussagen ihres Sportdirektors erfuhren, dass sie offenbar in den Planungen für die neue Saison teilweise keine Rolle mehr spielen, hat eine Menge Wut bei den Akteuren hinterlassen. Ex-Kapitän Stefan Kühne, immerhin seit fast viereinhalb Jahren Führungsspieler und davon mehr als drei Jahre lang Kapitän des SCP, nutzte den fehlenden Vertrauensbeweis, um direkt nach dem Abpfiff seinen Abschied zum Saisonende zu verkünden: "Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es meine letzte Saison in Münster ist. Jetzt genieße ich noch die letzten Spiele."
Diverse Disziplinlosigkeiten
Warum sich der SC Preußen zum wiederholten Male in dieser Saison selbst schadet, bleibt ein Rätsel. Nach diversen Diziplinlosigkeiten im ersten Saisonteil, die mit zwischenzeitlichen Rauswürfen aus dem Kader geahndet worden waren (Kevin Schöneberg, Benjamin Siegert, Michael Holt, Dominik Schmidt, Mehmet Kara), schien die Fußballwelt in Münster durch die Inthronisierung von Ralf Loose als Chef an der Seitenlinie eigentlich wieder in Ordnung zu sein. Die Mannschaft hat unter ihrem neuen Trainer ordentlich gepunktet und bei neun Punkten Vorsprung vor der Abstiegszone den Klassenerhalt so gut wie in der Tasche. Doch schon die Aussagen des gebürtigen Dortmunders Loose, die er bezüglich einer Verlängerung seines Vertrages über den 30. Juni hinaus vor eineinhalb Wochen gegenüber RevierSport tätigte, ließen Konflikte im Verein erahnen: "Das Wichtigste ist für mich, Vertrauen zu spüren. Und danach kommt, zu wissen, welche Mannschaft einem zur Verfügung steht. Da sind die Dinge jedoch noch nicht so weit vorangetrieben."
Nach dem Chemnitz-Spiel äußerte sich der 51-Jährige gegenüber den "Westfälischen Nachrichten" nun umso deutlicher: "Ich glaube nicht, dass die Kiste (das Verhältnis zu Dammeier, Anm. d. Red.) noch zu kitten ist, da ist zuviel Erde verbrannt. Wenn verdiente Spieler so erfahren, dass sie nicht mehr gebraucht werden, dass der Trainer nicht wichtig ist und man überhaupt alles selber besser könnte, dann ist das bedenklich." Preußen-Präsident Dr. Marco de Angelis ließ derweil offen, wie es nach dem öffentlich ausgetragenen Konflikt nun weitergeht: "Ich habe den Unmut gespürt, das hat große Wirkung hinterlassen. Es ist in keinster Wiese entschieden, dass Ralf Loose den Verein Ende der Saison verlässt. Siege wie gegen Chemnitz sind die besten Argumente für ihn." Dennoch solle analysiert werden, ob eine weitere Zusammenarbeit der sportlich Verantwortlichen möglich sei
Zukünftige Zusammenarbeit schwer vorstellbar
Vielleicht liegt Ralf Loose mit seiner zögerlichen Taktik falsch, vielleicht ist Detlef Dammeier über das Ziel hinausgeschossen. Eine Zusammenarbeit der beiden langjährigen Fußballprofis scheint nach jetzigem Stand der Dinge aber nicht möglich. "Wir wollen ran an die Fleischtöpfe", hatte Dammeier zu seinem Einstand am Fiffi-Gerritzen-Weg verkündet.
Mittlerweile muss der SCP aufpassen, dass er sich nicht selbst zerfleischt.