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EM 2021
Müller, Hummels, Reus: Corona verschafft Löw drei EM-Bonus-Plätze

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Mit welchem Kader geht Joachim Löw in sein letztes Turnier? Statt 23 kann er 26 EM-Tickets verteilen. Müllers DFB-Comeback gilt als fix. Gegen Hummels könnte auch die Position sprechen. Der Bundestrainer weiß eh, wie er dastehen wird: Als Umfaller oder als Sturkopf.

Joachim Löw pflegt auch bei seinem allerletzten Turnierkader ein vertrautes Ritual. Er schweigt bis zum letzten Moment. Nach einer mehrtägigen Klausur mit seinem Trainerstab und Nationalmannschafts-Direktor Oliver Bierhoff vergatterte der Bundestrainer seine engsten Vertrauten wieder als Geheimnisträger.

Bei einer Video-Veranstaltung mit Fans und „Überraschungsgästen“ wird der 61-Jährige an diesem Mittwoch (12.30 Uhr) seine 26 Auserwählten für die am 11. Juni beginnende Fußball-Europameisterschaft verkünden. Die Top-Nachricht soll die offizielle Bestätigung des DFB-Comebacks von Bayern-Leitwolf Thomas Müller sein - zwei Jahre nach seiner eigentlich endgültigen Ausmusterung aus der Nationalmannschaft.

Traditionell informieren Löw, sein Assistent Marcus Sorg und Torwartcoach Andreas Köpke die letzten Spieler erst am Morgen der Kaderverkündung. Spezielle Härtefälle - wie die Absage an Torjäger Mario Gomez vor der mit dem Titelgewinn gekrönten Weltmeisterschaft 2014 - übernimmt Löw dabei persönlich. Bei wem klingelt das Handy noch? Mats Hummels? Marco Reus? Julian Draxler? Julian Brandt?

Oder bei einer möglichen EM-Überraschung wie dem Wolfsburger Ridle Baku? Die Liste der Wackel- und Streichkandidaten ist namhaft und lang. Immerhin muss kein Torwart mehr gestrichen werden. Nach dem EM-Ausfall von Marc-André ter Stegen müssen Kevin Trapp und Bernd Leno nicht mehr um den dritten Torwartplatz konkurrieren. Hinter Kapitän Manuel Neuer sind beide bei der EM dabei.

„Telefonieren tue ich eigentlich ständig im Moment mit allen möglichen Leuten“, erzählte Löw vor einer Woche im Berliner Olympiastadion, als er den BVB-Anführern Hummels (32) und Reus (31) beim Dortmunder Titelgewinn im Pokalfinale gegen RB Leipzig zusah. Das Duo warb noch einmal mit einer starken Leistung für sich. So, wie es Bayern-Angreifer Müller schon seit über anderthalb Jahren macht.

Vielleicht hat sich Löw auch von Hansi Flick überzeugen lassen, seinem ehemaligen Assistenten und designierten Nachfolger auf der Bundestrainer-Position. „Thomas Müller ist ein Spieler, der dir mehr Freude macht als Kopfzerbrechen. Er ist ein Spieler, den man gerne in der Mannschaft hat“, betonte der Bayern-Trainer nochmals Ende der vergangenen Woche. Müller könnte als ein Überraschungsgast bei der Nominierung zugeschaltet werden - als Schmankerl für die Fans.

Hat Löw auch bei Hummels umgedacht? Und holt er den oft verletzten und seit Oktober 2019 nicht mehr im Nationalteam eingesetzten Reus nochmal als Edeljoker zurück? Der BVB-Kapitän würde darauf brennen, doch noch ein i-Tüpfelchen auf seine von Enttäuschungen geprägte DFB-Turnier-Historie setzen zu können. „Es ist nicht immer einfach, wenn du lange raus warst, in den Rhythmus zu kommen. Ich bin unheimlich stolz auf mich, dass ich es geschafft habe, wiederzukommen“, sagte Reus zu seinem starken Saisonendspurt.

Reus hat - wie auch Müller - gegenüber Hummels den Vorteil der Position. In der Offensive werden bei einem Turnier stets mehr Akteure eingesetzt. Da können oft wenige Minuten ausreichen, um mit Toren und Vorlagen als Joker viel zu bewegen. Bei Abwehrspielern ist das anders. Löw müsste auch Hummels eine tragende Rolle zuweisen, zum Gute-Laune-Onkel auf der Bank taugt der Hochdekotierte eher nicht.

Bei Innenverteidigern wechseln Trainer bei Turnieren nur ungerne, sondern meist nur wegen Verletzungen oder Sperren. Hummels könnte daher für Löw weiter verzichtbar sein, obwohl die deutsche Abwehr seit dem Umbruch nach dem WM-Desaster 2018 nie wirklich sattelfest war. Bekannt ist, dass Löw sehr viel von Antonio Rüdiger hält, der in der Regel links innen verteidigt - auf der Hummels-Position.

Und es könnte passieren, dass der 28-jährige Rüdiger ins Trainingslager nach Seefeld als Champions-League-Sieger anreist. Am 29. Mai trifft er in Porto mit seinen Chelsea-Kollegen Kai Havertz und Timo Werner im Finale auf Manchester City mit dem ebenfalls für den EM-Kader gesetzten Mittelfeldspieler Ilkay Gündogan.

Dass die Nationaltrainer wegen der Corona-Pandemie ausnahmsweise 26 statt 23 Akteure nominieren dürfen, verschafft Löw drei Bonusplätze. Er könnte sie mit dem Ü30-Trio Löw, Hummels und Reus besetzen. Aber vollzieht Löw diese totale personelle Rolle rückwärts? „Vor einem Turnier drehe ich mit meinen Trainern alles noch einmal um, was in den Jahren davor war. Wir hinterfragen alles. Wie sieht unsere Spielweise aus? Wie sind unsere Gegner? Wie kann die Zusammensetzung der Mannschaft am besten funktionieren? Es geht um den bestmöglichen Erfolg“, schilderte Löw seine Vorgehensweise beim Kader-Puzzle.

Löw weiß nach 15 Jahren als Bundestrainer, dass er es niemals allen recht machen wird. „Wenn der Trainer diese Entscheidung trifft, ist er ein Umfaller. Wenn er die andere trifft, dann ist er stur“, bemerkte er. Wenn aber Löw eines in all' den Jahren kaum interessiert hat, so ist es die öffentliche Beurteilung seiner Entscheidungen. „Ich entscheide das, wovon ich persönlich überzeugt bin“, lautet sein Credo. Erst recht beim letzten Kader und dem allerletzten Turnier. dpa

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