Nach dem vorentscheidenden 4:2 brachen bei den Gästen aus Siegen alle Dämme, als der Trainer über den nassen Rasen flutschte und sich an der Eckfahne eine Traube aus Spielern und Betreuern bildete. Mit 2:5 (0:1) ging Viktoria Köln im Höhenberger Sportpark unter – der Auftritt glich dem eines benommenen Boxers.
„Es fällt mir natürlich schwer, nach so einer Niederlage etwas zu sagen. Die Moral ist absolut intakt, aber wenn wir weiter so viele individuelle Fehler machen, werden wir noch viele Spiele verlieren“, erklärte der sichtlich niedergeschlagene Trainer der Hausherren, Ralf Aussem. Wie angekündigt agierten die Siegener zunächst zurückhaltend, standen hinten bis auf einige Situationen stets gut sortiert. Nach einem blitzsauberen Konter über die rechte Seite bugsierte Alexander Hettich den Ball in Luca-Toni-Manier über die Linie. Es war die einzige richtige Chance für die Sportfreunde, die sich in der Phase im Stile eines Spitzenteams präsentierten. Tumulte, Platzverweis und eine strittige Elfmeterentscheidung
Im zweiten Durchgang wurde es wild, nicht zuletzt weil die Zweikämpfe teilweise mehr als nur englisch wurden. Bestes Beispiel war die Grätsche von Mariusz Kukielka, der in der 49. Minute seinen Gegner niederstreckte und folgerichtig die Ampelkarte sah. Diese Situation gefiel Siegens Leon Binder: „Durch den Platzverweis taten sich Räume auf und wir hatten noch mehr Platz zum Kontern.“ Nur wenige Sekunden später kam es zu einem diskussionswürdigen Elfmeterpfiff, den Binder nach den üblichen Beschwerden beim Referee in eine Zwei-Tore-Führung ummünzte.
Die FC-Spieler bewiesen Moral und kämpften sich nach einer guten Stunde dank des Abstaubers vom eingewechselten Serge Yohoua heran, als der sonst so sichere Raphael Koczor nach starkem Reflex einen Schuss nach vorne abklatschen ließ. Sein Wechsel zur Viktoria steht bekanntlich fest: „Es sind keine gemischten Gefühle bei mir. Ich stehe bis zum 30. Juni in Siegen unter Vertrag und freue mich für die Mannschaft. Ab jetzt darf Viktoria Köln die Spiele wieder gewinnen.“
Boris: „Das Spiel stand immer wieder auf des Messers Schneide.“ Doch noch während der Stadionsprecher den gewohnten Torjubel zelebrierte, erhöhte Julian Jacobs mit strammem Schuss zum 3:1. Es folgte ein offener Schlagabtausch, denn der FC steckte nicht auf. David Müller sprang der Ball nach Vorarbeit von Mike Wunderlich vor die Füße – nur noch 2:3.
Die emotionsgeladene Partie nahm an Fahrt auf, die Zahl der Nickligkeiten stieg ebenfalls. Der Höhepunkt einer sich aufheizenden Stimmung glich einer komischen Bühnenaufführung, als sich zwei gefoulte „Viktorianer“ unmittelbar nebeneinander mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden wälzten. Das aus Sicht der Gäste erlösende vierte Tor von Mefail Kadrija (79.) endete in beschriebener Jubelorgie: „Da hab´ ich mich ein bisschen gehen lassen“, schmunzelte Boris auf der Pressekonferenz.
Die Moral hat gestimmt Die Schlussoffensive war so farblos wie die schneeweißen Trikots der Höhenberger, nach verzweifeltem Aufbäumen schienen sich die dezimierten Gastgeber mit der Niederlage abzufinden. Alexander Hettich beendete den Torreigen wenige Augenblicke vor dem Abpfiff, die höchste Saisonniederlage des ehemaligen Aufstiegsanwärters war perfekt. Das Ergebnis ist letztendlich zwei Tore zu hoch ausgefallen, der aufopferungsvolle Kampf einzelner Kölner wurde nicht belohnt – die Viktoria ist im Aufstiegrennen spätestens am Freitag K.o. gegangen.