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Bottrop: "Fußballkrise"
Prominenz bei der Podiumsdiskussion

Podiumsdiskussion: „Bottroper Fußballkrise“
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Um der Perspektivlosigkeit im Bottroper Fußball zu begegnen, sucht man mit Reformen im Jugendfußball einen viel versprechenden aber schwierigen neuen Ansatz.

Ruhmreiche Fußballzeiten liegen in Bottrop bereits Jahrzehnte zurück. Die 120.000-Einwohnerstadt bringt seit Jahren lediglich Bezirksligamannschaften bei den Senioren hervor. Hoffnungsvolle Talente wandern zu ambitionierten Vereinen in die Nachbarstädte ab. Fehlende Sponsorengelder fesseln so manchen Klub in einer Dauer-Misere: Altlasten müssen einerseits noch weit in die Zukunft getragen werden, in gute Jugendtrainer und die Zukuft kann somit nicht investiert werden. Eine Situation, die genügend Inhalte und Zündstoff liefert, der sich am vergangenen Donnerstagabend eine illustre Gesprächsrunde in der Dieter-Renz-Halle im Rahmen einer Podiumsdiskussion widmete. Auf Einladung des Fördervereins Jahnstadion e.V. und seines Vorsitzenden Harald Lubina stellten sich die ehemaligen Profis Fred Bockholt, Hannes Bongartz, Olaf Dreßel, Willi Landgraf sowie Hans Hülsmann, (Repräsentant der Privatbrauerei Stauder) und Lutz Radetzki (Vorsitzender der Fußballsparte im Bottroper Sportbund) den Fragen des ehemaligen WAZ-Sportchefs Hans-Josef Justen. Dieser war vor einer spärlichen Kulisse von knapp 80 Gästen sichtlich bemüht eine Linie in den Zukunftsdialog zu bekommen, denn sehr rasch entbrannte eine vom üblichen Kirchturmdenken geprägte Diskussion zwischen Vereinsvertretern untereinander, die zudem der Fußballprominenz Vorhaltungen machten, die Vereinsbasis in der Jugendarbeit durch massive Abwerbungen auszuhöhlen.

Hans Hülsmann, Repräsentant der Stauder-Brauerei und ehemaliger Spieler von Schwarz-Weiß Essen, bemüht sich mit einem neuen Jugendfußball-Konzept um die Zukunft in seiner Heimatstadt. (Foto: Kaprol)

Genau dieser Umstand ist hingegen die Motivationsgrundlage des ehemaligen ETB-Spielers Hans Hülsmann neue Wege für die Bottroper Fußballszene aufzuzeigen. Spielgemeinschaften in den unteren Jahrgangsstufen sollen die Vereinspotentiale bündeln und junge Spieler am Ort halten. „Es geht darum, schlagkräftige Teams unter kompetenter sportlicher und pädagogischer Führung zu bilden, die in den obersten Jugendspielklassen konkurrenzfähig sind“, fasst Hülsmann sein Konzept zusammen.

Angesichts der unstrittigen Tatsache, dass bundesweit durchschnittlich 50 Jugendliche eines Jahrgangs den Sprung in eine der drei Profiligen des bezahlten Fußballs schaffen, ist dieses Vorhaben nicht nur richtungweisend sondern in hohem Maße sinnvoll. Fallen doch allzu viele junge Talente durch die Raster der professionellen Talentförderung der Spitzenklubs je größer die Leistungserwartungen in der Bildung eines Unterbaus der Profiteams werden. Wie können diese aufgefangen werden? Wie kann auf Bottroper Ebene Nachsorge und zugleich eine alternative Perspektive gewährleistet werden?

Hannes Bongartz favorisiert eine Leitfunktion des größten Traditionsvereins VFB Bottrop. Hülsmanns hingegen will Grenzen überwinden. Seine Idee verfolgt vor allem einen ganzheitlichen Ansatz. Im Tenor mit den Podiumskollegen appelliert er an die Verantwortung der Eltern und an ein Bekenntnis zur lokalen Identität über den Vereinstellerrand hinweg. „Viele Eltern wissen nicht, was sie ihren Kindern zumuten. Schulische und berufliche Ausbildung wird hinten angestellt. Unser Konzept schließt daher die Begleitung des Menschen neben dem Fußball mit ein und hilft gegebenenfalls auch bei der Lehrstellensuche“, erläutert Hülsmann und wird von RWO-Scout Fred Bockholt unterstützt: „Es kann nicht sein, dass ein Wettbewerb auf Elternseite schon in frühen Jahren beginnt. Wie oft werden mir und auch einem Willi Landgraf die eigenen Kinder aufgedrängt mit den Worten ‚sonst geht er zum BVB oder nach Gladbach, die waren nämlich schon da’. Wenn die vermeintliche Karriere eines Zöglings dann nicht gelingt, müssen wir uns Vorwürfe wie heute abend anhören.“

In Vorwürfen ergehen sich von je her auch die Vereinsvertreter de Bottoper Fußballs untereinander. Besitzstandsdenken und eigene Eitelkeit dominiert auch am Donnerstagabend die Ausführungen einzelner Mitglieder, die so dem nimmer müde auf Fusionen drängenden Spartenvorsitzenden Lutz Radetzki den Wind aus den Segeln nehmen. „Das Projekt von Hans Hülsmann kann bei uns sofort umgesetzt werden. Wir haben eine hervorragende neue Kunstrasenanlage errichtet und können sehr gute Jugendtrainer vorweisen“, stellt sich Karl Ambeck vom SV Rhenania in den Vordergrund und erntet neben hoch gezogenen Augenbrauen Gerd Kießlichs (Werkleiter der städtischen Sport- und Bäderbetriebe und des Trägers der umfassenden Neubaumaßnahmen für Rhenania) auch direkte Proteste von Fortuna- und VfB-Vertretern. Phrasen vom „üblichen Kirchturmdenken“ werden hitzig vorgetragen. „Fußball-Business as usual made in Bottrop“, meint ein ernüchterter Zuschauer auf der Tribüne und geht nach Hause.

Es bleibt dem engagierten Hans Hülsmann zu wünschen, dass er mit seinem professionellen Ansatz Mitstreiter findet, die sich nicht durch vorherrschend lähmenden Fatalismus sondern uneigennützigen Idealismus für Bottrop auszeichnen. Die ersten Schritte sind getan, wenngleich der Weg sehr lang und nicht minder schwierig zu sein scheint.

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