Rund um die ohnehin umstrittene Vertragsauflösung nach Angriffen und Drohungen von FC-Hooligans gegen den Abwehrspieler bezichtigten sich beide Parteien der Lüge und stellten sich gegenseitig bloß.
Als Verlierer der Schlammschlacht erscheint der Verein. Die orientierungslos handelnden Geißböcke mussten ihre bisherige Darstellung vom Wunsch des Spielers nach einer Trennung korrigieren, zudem diskreditierten sie den 23-Jährigen durch die Preisgabe privater und finanzieller Details.
"Ich wollte nie meinen Vertrag auflösen" Pezzoni hatte in seinem ersten Interview seit der Vertragsauflösung Kölns offiziellen Verlautbarungen widersprochen. "Ich wollte nie meinen Vertrag auflösen", sagte er der Welt am Sonntag und fügte hinzu: "Der Vorschlag wurde vom Verein an mich herangetragen. Das war für mich ein schwerer Schlag." Auch aufgrund widersprüchlicher Aussagen Kölner Verantwortlicher wirke es für ihn, "als ob auf eine günstige Gelegenheit gewartet wurde, um mich loszuwerden". Die Darstellung des FC, der Verein habe ihm nach der Trennung kurz vor Ende der Transferfrist (31. August) zu einer Anzeige gegen die Hooligans geraten, sei ebenfalls falsch.
Geschäftsführer Claus Horstmann rückte nach diesen Vorwürfen in der Frage der Initiative für eine Trennung von der bislang verbreiteten Lesart ("Wir haben seiner ausdrücklichen Bitte entsprochen") ab. "Der Spieler ist am Mittwoch, 29. August, zu uns gekommen, weil er sich nicht mehr zutraute, im Spiel gegen Cottbus aufzulaufen. Die für ihn schlechtere Alternative zur Vertragsauflösung wäre gewesen, ihn aus dem Kader zu streichen", erklärte Horstmann und offenbarte ein bislang unbekanntes Detail: "Er hat zudem noch eine Abfindung erhalten."
"Wenn Pezzoni keine Auflösung gewollt habe, "hätte er nicht unterschreiben dürfen."
In einer SMS, hieß es in der Vereinsmitteilung weiter, habe sich Pezzoni nach der Vertragsauflösung außerdem "ausdrücklich für die Unterstützung bedankt". Im Sport1-Doppelpass sagte Horstmann am Sonntag, es sei "irrelevant, wer das Wort Vertragsauflösung als erstes in den Mund genommen" habe: Wenn Pezzoni keine Auflösung gewollt habe, "hätte er nicht unterschreiben dürfen".
Pezzoni beklagte auch einen schon in der Öffentlichkeit kritisierten Mangel der Kölner an Solidarität. "Ich hatte gehofft, dass die Verantwortlichen sich hinter mich stellen und versuchen, mich zu schützen. Eigentlich sollte ein Verein dazu in der Lage sein, seine Spieler vor den Fans zu schützen. Das war in diesem Fall nicht so", sagte er.
Er hätte sich "jemanden wie Bayern-Präsident Uli Hoeneß" gewünscht:
Er hätte sich "jemanden wie Bayern-Präsident Uli Hoeneß" gewünscht: "Als die Bayern-Fans damals Manuel Neuer attackiert haben, hat Hoeneß sich vor ihn gestellt und für ihn gekämpft. Mir wurde in ähnlicher Situation lieber die Vertragsauflösung angeboten. Ich habe das Gefühl, so sollte ein unangenehmes Thema auf einfache Weise beendet werden."
Horstmann betonte auch mit Hinweis auf Bemühungen um eine Löschung der Facebook-Hetze gegen Pezzoni darauf, dass sich der Verein korrekt verhalten habe. "Der 1. FC Köln hat alles getan, um Kevin Pezzoni in angemessener Weise zu schützen. Die nun erhobenen Vorwürfe sind substanzlos, unangebracht und schaden ihm selbst am meisten." Der Verein habe aufgrund der Abfindung und der fehlenden Zeit für eine Suche nach Ersatz aus Pezzonis Abschied "keinerlei Vorteile erzielen können".
Zur Verstärkung dieser Sichtweise untergrub der Verein Pezzonis Glaubwürdigkeit durch neue Einzelheiten zu dessen Nasenbeinbruch während der Karnevalstage: "Nach dem uns bekannten Status der Ermittlungen ist der Angriff vermutlich auf private Beziehungsumstände zurückzuführen. Für einen Zusammenhang zwischen der Gewalttat und gewalttätigen Fans des 1. FC Köln, wie ursprünglich von Kevin Pezzoni behauptet, gibt es offensichtlich keine Hinweise."
"Die ganze Geschichte hat einen speziellen Verlauf" Zudem nährte Kölns Kaderplaner Jörg Jakobs durch Andeutungen Spekulationen. "Die ganze Geschichte hat einen speziellen Verlauf. Ob wir den schildern, wird man sehen. Auch, ob das der ganzen Sache dienlich ist", sagte Jakobs dem Kölner Stadt-Anzeiger.
Pezzoni, der in seinem Interview Drohungen und Beschimpfungen ("Das war purer Hass") sowie seine Angst vor weiteren Angriffen schilderte, begründete seine Zustimmung zur Trennung nach fünf Jahren vornehmlich mit fehlender Rückendeckung durch den Verein. "Letztendlich wollte ich nicht in einem Verein bleiben, der mir in solch einer Situation die Trennung anbietet, anstatt für mich zu kämpfen. Wenn ich Unterstützung gespürt hätte, wäre ich heute noch in Köln."