Zwei Krisenklubs, ein Ziel: Für die schwer angeschlagenen Bundesligisten Hertha BSC Berlin und VfB Stuttgart sollen ihre unterklassigen Gegner in der zweiten Hauptrunde des DFB-Pokals heute (alle Spiele live bei Sky) Aufbauhelfer sein.
Doch während die Chancen der Schwaben zur Krisenbewältigung angesichts der Aufgabe beim Viertligisten VfB Lübeck recht gut stehen, gehen die derzeit desolaten Berliner nicht einmal als Favorit in die Partie beim Zweitligisten 1860 München. "In unserer jetzigen Situation ist jeder Gegner gefährlich", sagte der angezählte Hertha-Trainer Lucien Favre, der in den kommenden beiden Wochen um seinen Job beim Tabellenschlusslicht kämpfen muss. Im Pokal in München, in der Liga bei 1899 Hoffenheim und gegen den Hamburger SV sowie in der Europa League bei Sporting Lissabon muss der 51 Jahre alte Schweizer die Wende einläuten, wenn er nicht das Schicksal seines beim VfL Bochum entlassenen Landsmannes Marcel Koller teilen möchte. Von einem Ultimatum wollen die Klub-Verantwortlichen zwar nicht sprechen, doch nach dem 0:4-Debakel gegen Aufsteiger SC Freiburg, dem schlechtesten Saisonstart seit zwölf Jahren sowie dem Krisengespräch am Sonntag mit den Teilnehmern Favre, Präsident Werner Gegenbauer und Manager Michael Preetz ist allen klar, was die Stunde geschlagen hat.
"Wir müssen mit dem Druck klarkommen, der auf uns lastet. In den nächsten Spielen geht es nur noch um Ergebnisse", äußerte Preetz. Für Mittelfeldspieler Maximilian Nicu ist die Situation derzeit sogar ein wenig aussichtslos: "Es ist, als ob du im Treibsand steckst. Je mehr du versuchst, dich freizustrampeln, desto tiefer zieht es dich runter." Runtergezogen wurden zuletzt auch die Stuttgarter. Nach der 0:2-Heimpleite gegen den 1. FC Köln sowie dem Absturz auf den 15. Tabellenplatz sorgte Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann mit seinem Besuch auf dem Oktoberfest für weiteren Zündstoff und wurde für das Pokalspiel beim Regionalligisten suspendiert. Wie es nach der Partie in Lübeck mit Lehmann und dem VfB weitergehen wird, soll nach der Rückkehr aus dem hohen Norden geklärt werden.
"Am Donnerstag werden Horst Heldt und ich mit Jens über die Sache reden - und dann sehen wir weiter", sagte Stuttgarts Teamchef Markus Babbel, der mit seiner Mannschaft bereits am Montag zu einem Mini-Trainingslager nach Lübeck gereist ist. Neben dem VfB und der Hertha peilen auch die Bundesligisten, die derzeit nicht in der Krise stecken, Siege gegen unterklassige Gegner an. Tabellenführer Hamburger SV muss beim Zweitliga-Absteiger VfL Osnabrück antreten, der SC Freiburg reist zum Zweitligisten FC Augsburg und Eintracht Frankfurt trifft auf Alemannia Aachen mit dem neuen Trainer Michael Krüger. Auch Werder Bremen und Bayer Leverkusen müssen sich ebenfalls gegen Zweitligisten beweisen. Die Bremer, bei denen Nationalspieler Mesut Özil mit Knieproblemen ausfällt, treffen im Nord-Derby auf den FC St. Pauli, Tabellendritter der 2. Bundesliga. Bayer muss beim Zweitliga-Zweiten 1. FC Kaiserslautern antreten.
Dabei sehen vor allem die selbstbewussten Hamburger ihren Auftritt in Bremen offenbar nur als Durchgangsstation auf dem Weg nach Berlin. "Wenn wir ins Finale wollen, müssen wir jeden Gegner schlagen", meinte Max Kruse, der in der vergangenen Saison noch bei Werder II spielte. Etwas zurückhaltender äußerte sich FCK-Coach Marco Kurz: "Wir müssen einen tollen Tag erwischen, um für die Überraschung zu sorgen." Eine kleine Überraschung wäre heute Abend auch ein Sieg des 1. FC Köln im einzigen Bundesliga-Duell. Die Kölner müssen gegen den wiedererstarkten Meister VfL Wolfsburg (20.30 Uhr/live im ZDF und bei Sky) antreten, gegen den sie in der Liga am zweiten Spieltag 1:3 verloren haben.