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Schalke oder Dortmund? Für Hans-Joachim Dohm und Ansbert Junk keine Glaubensfrage
"Den Fußballgott gibt es nicht!"

BVB-Pfarrer Ansbert Junk braucht kein Kapellchen im Signal-Iduna-Park
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Hans-Joachim Dohm hat viele Ämter und noch mehr Aufgaben.

Er ist S04-Ehrenratspräsident, Pfarrer der evangelischen Gnadenkirche in Schalke-Nord und der Kapelle in der Veltins-Arena. Er sieht sich als Seelsorger für alle Menschen, die in Königsblau aber in ihm den Ansprechpartner für Glaubensfragen rund um Schalke. Ansbert Junk geht es genau so. Er ist Vikar in der Dortmunder St. Dreifaltigkeitskirche, die so etwas wie die Wiege des BVB ist. Junk war am 30. Januar dabei, als zu Beginn der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Vereinsjubiläum die geweihte BVB-Standarte an BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball übergeben wurde. Vor dem Revierderby am morgigen Freitag in Gelsenkirchen sprach RS mit den beiden Geistlichen über Fußball und Gott.

Herr Pfarrer Dohm, Herr Vikar Junk, für viele Fans der beiden Klubs ist die Wahl zwischen Schalke und Dortmund eine Glaubensfrage? Für Sie auch?

Dohm: Nein, das ist keine Glaubens-, sondern für viele eine Existenzfrage. Gerade im Derby kommt die Stellung zum Ausdruck: Wer ist der Bessere im Revier? Das geht über das Sportliche hinaus, es ist eine gewachsene Konkurrenz, ein sportliches Gegeneinander, das gepflegt wird.

Junk: Auch von mir ein klares Nein! Man kann natürlich sagen, Schalke hat eine kleine Kapelle und Borussia eine große Kirche. Aber wenn sie sich unser Gebet anschauen, das neben dem kleinen schwarz-gelben Engel in unserer Kirche geschrieben steht, werden sie das Wort Fußballgott nicht finden. Das ist ein Gebet, das jeder beten kann.

Pfarrer Hans-Joachim Dohm in der Arenakapelle. (RS-Foto: Pozo)

Für Sie gibt es daher auch keinen „Fußballgott“, so wie Jürgen Kohler einst von den Fans gerufen wurde und an den Rudi Assauer am 19. Mai 2001 seinen Glauben verlor?

Dohm: Wenn ich die Bibel aufschlage, lese ich von einem Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, der Jesus Christus Mensch geworden ist und die Kirche gegründet hat. Lesen Sie da etwas vom Fußball? Nein! Genau das ist die Grundlage unseres Glaubens, dass man sagt, Gott ist auch einer, der den Gebeten und Reden der Fußballfans zuhört und bei ihnen sein will. Das sagt er den Schalkern - und den Dortmundern.

Junk: Den gibt es nicht. Auch BVB-Trainer Jürgen Klopp hat sich bereits in einigen Interviews von diesem Begriff distanziert. Wir haben vor kurzem eine Untersuchung zu der Frage durchgeführt, wo es Parallelen und Unterschiede zwischen den Riten im Stadion und der Lithurgie der Kirche gibt. Es gibt durchaus Gemeinsamkeiten. Etwa den Einlauf der Spieler, der genauso feierlich ist wie eine Prozession in der Kirche. Aber wir haben auch deutlich die Unterschiede herausgestellt. Der Fußball verherrlicht das Leben, bringt Glanz und Gloria, aber bleibt natürlich auch immer in der Konkurrenz. Während der Glaube dagegen sagt, Gott liebt alle. Wir schließen hier niemanden aus in unserer Kirche, die natürlich katholisch bleibt. Auch Schalker sind also herzlich willkommen.

Schalke kann also auch keine Religion sein, Herr Dohm? Dohm: Natürlich nicht! Das Ergebnis eines Spiels gibt doch keine Heilsgewissheit, sondern es kommt jede Saison zweimal wieder. Wenn wir als Kirche darum bitten, dass man den Gegner nicht verfolgt und auch die Vereinsführung darauf einwirkt vernünftig zu bleiben, dann ist es das Beste, was diesem Spiel passieren kann.

In der Schalker Mannschaft haben sich einige Spieler offen zu ihrem Glauben bekannt, so entstanden die Schalke-Bibel und das Buch 'Mit Gott auf Schalke'. Was kann der Glaube bei Marcelo Bordon und seinem Bibelkreis bewegen?

Dohm: In jeder Gruppe, ob Fußballspieler oder in irgendeinem Betrieb, ist es gut, sich neben der Arbeit auf wichtige Dinge außerhalb zu beziehen. Deswegen ist ein Bibelkreis gut. In dieser Auseinandersetzung kann die Orientierung auf die Bibel hilfreich sein. Ich habe Marcelo bei der Weihnachtsfeier für Rollstuhlfahrer erlebt. Da hat er den Menschen seine Glaubensüberzeugung so nahe gebracht, dass die Rollstuhlfahrer darum gebeten haben, dieses Beisammensein mit einem Gebet zu beenden. Das sind die Akzente, das ist wichtig, das persönliche Zeugnis und die Gemeinschaft im Glauben.

Rechnen Sie damit, dass der Schalker Kapitän am Freitag vor dem Anpfiff die Kapelle aufsuchen wird?

Dohm: Ich schließe die Kapelle auf, ob er hineingeht oder nicht, bleibt ihm überlassen. Ich stehe nicht vor der Tür und passe auf, wer sie betritt. Es ist ein einladender Ort, den auch die Dortmunder Spieler nutzen dürfen. Gott hört dem einen und dem anderen zu.

Ist es schon vorgekommen, dass Spieler die Kapelle vor einem Spiel aufgesucht und um göttlichen Beistand gebeten haben?

Dohm: Ja, das ist schön öfter passiert. Ich nenne nur ein Beispiel aus der Vergangenheit. Tomasz Waldoch ist ein sehr gläubiger Mensch. Er ist vor jedem Spiel, auch auswärts in die Kirche gegangen und hat gebetet. Die einen machen es mehr in der Öffentlichkeit, die anderen eher in der Stille. Ich möchte an dieser Stelle auch noch Jupp Heynckes nennen. Er war ein Trainer, der dafür gesorgt hat, dass die Mannschaft gelegentlich in der Kapelle zusammen gekommen ist.

Werden Sie am Freitag beten?

Dohm: Natürlich! Ich bete jeden Tag, zu Tisch bei den Mahlzeiten. Am Freitag danke ich für die Speise am Mittag, wünsche mir am Morgen einen guten Tag und bitte Gott, dass er mich durch diesen Tag begleitet. Und abends hoffe ich, dass ich ihm dafür danken kann, dass er mich durch den Tag begleitet hat.

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