Schalke

Tönnies über seine Zukunft, Schulden und die Ultras

Bei der Mitgliederversammlung im Sommer wollen Sie wiedergewählt werden. Was ist Ihr Antrieb? Tönnies: Schalke - der geilste Club der Welt. Ich liebe diesen Verein, ich liebe diese Fans und ich liebe vielleicht auch ein Stück weit dieses Theater. Diese unbändige Freude über einen Sieg gibt es nirgendwo so wie bei uns, selbst 36 Kilometer weiter nicht. Das ist extremer bei uns.

Vor Ihrer Wiederwahl gibt es zwei Hürden: Sie müssen erst vom Wahlausschuss nominiert werden, dann müssen Sie sich dem Votum der Mitglieder stellen. Vor welcher Hürde haben Sie mehr Angst? Tönnies: Ich habe gar keine Angst. Ich werde vor den Wahlausschuss gehen und dort mein Konzept präsentieren. Und wenn ich dort überzeuge und zur Wahl zugelassen werde, dann gehe ich in die Mitgliederversammlung.

Im Vorjahr hat der Wahlausschuss die beiden amtierenden Aufsichtsräte Uwe Kemmer und Ingolf Müller nicht zur Wiederwahl zugelassen… Tönnies: Das hat mich überrascht und aufhorchen lassen, dass damals vier neue Kandidaten zugelassen wurden. Der Wahlausschuss ist eine wichtige Institution in unserem Verein. Ich bin Demokrat und stelle mich.

Frage: So einfach? Tönnies: Ja, so einfach. Wenn Schalke der Ansicht ist, es gehe Schalke besser ohne Clemens Tönnies, dann täte das weh, weil ich für diesen Verein brenne und viel Herzblut hineinstecke. Aber sowohl Schalke als auch Clemens Tönnies werden weiter existieren. Ich kaufe dann für Margit und mich zwei Karten und gehe weiterhin zu den Spielen.

Könnten Sie denn ohne Schalke auskommen? Tönnies: Ich werde doch nicht im Rollator durchs Stadion fahren. Es kommt doch irgendwann die Zeit nach Schalke, auch wenn es die schönsten Jahre meines Lebens sind. Für mich ist jetzt wichtig, dass wir die organisatorischen und personellen Strukturen so weiterentwickeln, dass Schalke noch erfolgreicher sein kann. Und ganz klar: Ich stehe dafür ein, dass wir den Kurs der finanziellen Gesundung auf keinen Fall verlassen.

Und dann bleiben Sie so lange im Amt, bis Sie Deutscher Meister sind? Tönnies: Das Thema Rollator hatten wir doch gerade (lacht). Lassen Sie uns mal arbeiten. Titel sind das große Ziel, völlig klar, und die Schale wäre das Wertvollste für alle. Ich glaube, ich wäre einen Monat lang aus dem Häuschen, wenn wir mal Deutscher Meister würden. Aber wir können das auch nicht erzwingen.

Frage: Wie gelingt es, die Schalker Fans bei so einer langen Phase ohne den ganz großen Erfolg bei Laune zu halten? Tönnies: Schalke können Sie alles vorwerfen, aber nicht, dass wir nicht erfolgreich waren. Wenn ich das auf die letzten zehn Jahre sehe: Da haben wir neunmal international gespielt, davon sechsmal in der Champions League, waren zweimal Vize-Meister. Ja, wir sind nicht Deutscher Meister geworden, aber drumherum haben wir unheimlich viel geleistet, haben auch erst einiges an die Seite räumen müssen, damit Schalke nicht finanziell untergeht. Unseren Verein mit all seinen Werten – Stadion, Trainingsgelände, Kader – hat jetzt jemand mit 500 Millionen Euro bewertet.

Sie haben Schalke schon einige Male mit Ihrem eigenen Geld gerettet. Was hat Sie Schalke insgesamt gekostet? Tönnies: Darüber rede ich nicht. Ich habe schlaflose Nächte genug mit Schalke gehabt. Als wir die Arena gebaut haben und dann die Kirch-Pleite kam: Da sind wir ganz hart am Wind gesegelt, aber Aufsichtsrat, Vorstand und Mitgliedschaft haben zusammen gehalten wie Pech und Schwefel.

Und heute? Tönnies: Schalke ist gesund. Und jetzt, nachdem wir den Ballast abgeworfen haben, möchte ich den Verein weiter professionalisieren und kerngesund machen. Die wichtigste Entscheidung, die wir alle miteinander getroffen haben, ist die, dass wir ein eingetragener Verein bleiben. Das schränkt uns zwar ein in der Möglichkeit, Kapital zu holen und uns weiter zu entschulden. Aber das macht uns auch unheimlich stark. Ebenso wie die Vielfalt unserer Fanszene: Die Ultras etwa sind ein ganz wichtiger Teil unserer Fan Kultur und eine verlässliche Größe. Ich stimme nicht in allen Fragen mit ihnen überein, aber sie gehören dazu, sind vielleicht sogar das Salz in der Suppe.

Inwiefern? Tönnies: Wir haben ein Zusammengehörigkeits-Gefühl, wie es das in der gesamten Bundesliga sonst gar nicht mehr gibt. Natürlich kann man sagen, dass Aktiengesellschaften beim Tor genauso jubeln. Aber wir sind etwas Besonderes, denn die Schalke-Fans sind Teil des Ganzen. Und unsere über 140.000 Mitglieder geben uns ja auch Kraft. Wenn einer ein eingetragener Verein bleiben und dabei stark und erfolgreich sein kann, dann sind wir es.

Gab es schon einmal diesen Scheich, der Ihnen den Verein abkaufen wollte? Tönnies: Nein, den gab es nicht. Ich habe mir aber durchaus andere Konzepte angehört und mich gefragt: Ist das eine Option? Und dann habe ich Nein gesagt. Wir wollen uns nicht verkaufen. Vielleicht würden wir dann in zwei, drei Jahren Deutscher Meister, weil wir uns die Spieler holen könnten. Aber wir wollen uns nicht abhängig machen, bleiben lieber bei unseren Werten und setzen auf den eigenen Nachwuchs, um den uns ganz Fußball-Deutschland beneidet.

Ihr Hauptsponsor ist Gazprom, der Vertrag läuft 2017 aus. Wird er verlängert? Tönnies: Wir sind in guten Gesprächen mit Gazprom-Chef Alexeij Miller und mit Dimitri Medvedev. Demnächst fliege ich mit unserem Marketing-Vorstand Alexander Jobst nach Moskau, und dann sind wir guter Dinge. .