Schalke macht‘s, wie immer, spannend.
Vorbereitung Nach dem obligatorischen Laktattest verabschiedete sich Schalke für zehn Tage ins Trainingslager nach Kater. Und wurde auch dort die Seuche nicht los: Aus Doha verabschiedeten sich Torwart Ralf Fährmann, Axel Borgmann und Dennis Aogo wegen ihrer Verletzungen vorzeitig, Christian Fuchs und Roman Neustädter mussten zwischenzeitlich pausieren, Jan Kirchhoff reiste nach.
Die Langzeitverletzten fehlten ohnehin, einige Rekonvaleszenten konnten immerhin große Fortschritte machen. Diejenigen, die es konnten, haben sehr gut trainiert – wie alle Beteiligten beteuerten. Die körperlichen Defizite scheinen dabei schneller aufgeholt worden zu sein, als die Mängel im technisch-taktischen Bereich. Denn diese traten vor allem in den Testspielen deutlich zu Tage. Ob Schalke tatsächlich variabler als in der Hinrunde agieren kann – so lautet ja das große Ziel – das wird erst die Bundesliga zeigen. Gut: die Stimmung passt, es gibt keine lästigen Nebenschauplätze.
Testspiele Schalke 04 – Ajax Amsterdam 0:2 Schalke 04 – Al-Merrikh SC 2:2 SK Rapid Wien – Schalke 04 2:1
Torschüzen: Huntelaar, Sane, Fuchs.
Abwehr In allen Testspielen kassierte Schalke zwei Gegentreffer, was Neuzugang Matija Nastasic nicht weniger wurmen dürfte als Trainer Roberto Di Matteo. Die von ihm favorisierte Dreierkette hat aber Potenzial, egal ob mit Kirchhoff, Neustädter oder dem wiedergenesenen Joel Matip an der Seite von Nastasic und Höwedes. Dahinter wird Fabian Giefer ein guter Vertreter des verletzten Stammkeepers Ralf Fährmann sein. Die Spielpraxis, die er nun sammelt, sollte die Nervosität vertreiben.
Mittelfeld Die Außenbahnen sind mit Christian Fuchs auf links und vor allem Atsuto Uchida ordentlich besetzt. Interessant wird nur, was Di Matteo macht, wenn Draxler und Farfan einmal zurückkehren – dann müsste er sein System eigentlich kräftig umstellen. In der Zentrale wird es noch enger, zumindest wenn alle Akteure fit und in Form sind. Shootingstar Max Meyer ist zum Wackelkandidaten geworden, Kevin-Prince Boateng erst recht. Vielleicht eine große Chance für Leon Goretzka, der an seinem Comeback arbeitet. Nicht besonders auffällige, aber solide Alternativen sind Marco Höger defensiv oder rechts sowie Tranquillo Barnetta auf dem offensiven Flügel. Dies freilich im Gegensatz zu Sidney Sam.
Angriff Der Traumsturm ist erstmal gesprengt, bis Eric Maxim Choupo-Moting vom Afrika-Cup zurück ist. Neben dem gesetzten Klaas-Jan Huntelaar hat sich Leroy Sané zur bisher vielversprechenderen Alternative gegenüber Boateng präsentiert. Dieser ist aber nunmal ein Star und kein Nachwuchsstürmer...
Stärken Schalke ist das effektivste Team der Liga: Durchschnittlich benötigte man nur sieben Torschüsse für ein Tor, was auch ganz gut so ist, denn viele Chancen spielen die Königsblauen nicht heraus. Außerdem erzielte kein Team mehr Kopfballtore als Schalke (neun). Bei ruhenden Bällen ist S04 vor allem defensiv stark: Nur Bayern ließ weniger Gegentore nach Standards zu (zwei) als Schalke (drei). Die individuelle Klasse vieler Akteure blitzt immer wieder mal auf. Nicht zuletzt ist Schalke zuhause immer noch eine Macht.
Schwächen: Selbst unter Roberto Di Matteo kehrte keine Konstanz ein. Vielleicht nicht nur eine Frage der körperlichen, sondern auch der mentalen Frische: Schalke wirkte müde. Der biedere Spielaufbau bleibt ein großes Problem. Kreativität geht den Schalkern ohne verletzte Schlüsselspieler wie Farfan, Draxler oder auch Goretzka fast gänzlich ab. Das Umschaltspiel erfolgt oft zu langsam. In der Rückwärtsbewegung zeigt Schalke viele Unkonzentriertheiten. Schwere Abwehrfehler führen so fast direkt zu Gegentreffern.
Prognose: Die Königsblauen machen sich Mut: Vor einem Jahr war die Vorbereitung auch Murks, danach spielte S04 die beste Rückrunde aller Zeiten. Wenn es so einfach wäre und da ein Zusammenhang bestehen würde, dann hätten die Königsblauen ja alles richtig gemacht. Fakt ist aber: Obwohl allmählich Di Matteos Handschrift erkennbar wird, scheint das ganze Gebilde noch sehr wacklig. Deshalb dürften sich auch in der kommenden Halbserie Glanzleistungen und Trauerspiele mehr oder weniger regelmäßig abwechseln. Mit Platz drei wird es nur was, wenn sich auch die Konkurrenz Schwächen erlaubt. Geld sollte man auf die direkte Champions-League-Qualifikation aber lieber nicht setzen.