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Von wegen Tote Hosen
Essener Pyro-Spektakel vor 26.000 Fans

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Von wegen Tote Hosen: Essener Pyro-Spektakel vor 26.000 Fans
Foto: dpa

Über fehlende Mitspieler konnten sich Campino und seine Toten Hosen nicht beklagen. Im Stadion Essen boten sie ein Konzert mit Fußball und Feuer.

Offensichtlich war doch nicht nur die Opel-Gang erschienen. Statt einer kauzigen Clique von Autofahrern - auf dem gleichnamigen Debüt-Album der Toten Hosen im Jahr 1983 besungenen - zog es am Donnerstag unweit des Autokinos im Essener Stadtteil Bergeborbeck gleich 26.000 Fans ins Stadion Essen. Ein Konzert voller abgefahrener Zitate und prall gefüllter Parkplätze für sämtliche fahrbaren Fabrikate.

Um das Fazit eines doch sehr schwitzigen Open-Air-Abends vorwegzunehmen: In der Oldtimer-Klasse spielen die Toten Hosen trotz ihrer rund 35 Band-Jahre und einiger angezogener Stellschrauben beim musikalischen Profil noch lange nicht. Tote Hose wäre bei diesem Konzert-Reigen auch völlig unpassend gewesen. Die sicher nicht mehr ganz taufrischen Düsseldorfer Protagonisten für Rock und Punk veranstalten noch einmal ein schallendes Spektakel und zünden zwischendurch sogar in den gesperrten Puffer-Zonen des Innenraums eine kontrollierte Pyro-Show mit feurig-roten Bengalos.

Was kann es für einen Fortuna-Fan Schöneres geben, als eine Tour bei Rot-Weiss Essen zu starten!

Campino

Der Westen des Ruhrgebiets freut sich: Die Bühne samt der kräftigen Lautsprecher-Türme hat sich eine Lieblingshimmelsrichtung ausgesucht. Außerhalb der Stadionmauern lauschen Konzert-Kiebitze problemlos Campinos einleitenden Worten: „Was kann es für einen Fortuna-Fan Schöneres geben, als eine Tour bei Rot-Weiss Essen zu starten!“ Der Fußball fasst thematisch Fuß.

Dass sich die dunklen Gewitterwolken über dem Stadion während des gesamten Abends nicht in den Vordergrund mogeln, kann man nur als angenehme Laune der Natur interpretieren. Das erste von zwei ausverkauften Konzerten in Essen geht gut ins Ohr, bietet allerdings nicht immer eine akustisch ganz sauber schnurrende Zeitreise.

Alle haben gesehen, dass Rot-Weiss Essen gegen Rot-Weiß Oberhausen besser war!

Campino

So richtig ruhig ist es um Campino, Andreas von Holst, Michael Breitkopf, Andreas Meurer und Vom Ritchie aber zuletzt sowieso nicht gewesen. Ein Konzert-Abenteuer beim Yugong-Yishan-Musikfestival vor den Toren von Peking führte die Band erstmals nach China, wo der Hosen-Frontmann nach eigenem Bekunden in einer Karaoke-Bar recht rustikal „Hey Jude“ von den Beatles schmetterte.

Hinzu kommt Campinos klare Kante gegen die umstrittenen Rapper Farid Bang und Kollegah während einer Rede bei der Echo-Verleihung - viel Krach in der Republik.

Toten Hosen unterstützen Jürgen Klopp

In Essen gibt sich der 55-Jährige ebenfalls nicht gerade kurz angebunden. Zwischen den Allzeit-Klassikern „Hier kommt Alex“; „Bonnie & Clyde“ und „Zehn kleine Jägermeister“ gibt es bissige Spitzen. Die Toten Hosen singen bei ihrem Auswärtsspiel in Essen sogar vom gerade erst beendeten Niederrheinpokal-Finale. Sie meinen: „Alle haben gesehen, dass Rot-Weiss Essen gegen Rot-Weiß Oberhausen besser war!“ Damit spielt Campino auf die unglückliche Niederlage gegen den kickenden Nachbarn an. Immerhin folgt „Steh auf, wenn du am Boden bist“ als aufbauende Hymne für den Verbandspokal-Vize. Reaktion: aufbrausender Jubel. Danach benennt Hosen-Bassist Andreas Meurer als gebürtiger Essen noch unvermittelt Schwarz-Weiß Essen als seinen Lieblings-Fußballverein. Reaktion: Ungefähr die Szene im Western, wenn der Strohballen vorbeirollt.

Dass Campino als offensiv bekennender FC-Liverpool-Sympathisant mit dem Gänsehaut-Cover „You'll never walk alone“ noch dem von Jürgen Klopp trainierten englischen Spitzenverein einen Mutmacher für das am Samstag anstehende Champions-League-Finale gegen Real Madrid mit auf den Weg gibt, ist dagegen weniger überraschend.

Und drumherum? Viele Fans sind im Kern zwischen 30 und 50 Jahre alt, aber nicht wirklich leiser geworden. Die Anheizer-Bands Donots, The Vaccines und Adam Angst locken zusätzlich, sind bei der Hosen-Sause jedoch nur zu Besuch. Geölte Stimmen, gegrölte Erinnerungen. Auch wenn einige Puristen den größer werdenden Graben zwischen den bissigen Anfängen („Betrunken im Dienst“) und dem heute teils anschmiegsamen Mainstream der Gegenwart („Tage wie diese“) bemängeln: Zweieinhalb Stunden lang sorgen die Toten Hosen beim großen Teil der 26.000 Fans für jubelnde Stadionatmosphäre.

Nostalgie-Punk auf dem Stadionparkplatz

Und so summen sie hinterher auf dem Weg zum Parkplatz noch langsam die nimmer vergilbten Songzeile aus der Zeit des Hosen-Urknalls, die beim Konzert fehlten: „Einmal rund um den Häuserblock. Danach wird die Karre aufgebockt. Und sich unter die Kiste gehockt. Samstags nachmittags um halb vier, Fußball-Reportage und ein Bier...“ Die Opel-Gang rüstet sich für den nächsten Hosen-Besuch.

Am Freitag (25. Mai) gibt es ein weiteres ausverkauftes Konzert der Toten Hosen im Stadion Essen.

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