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Marc-André ter Stegen
So denkt der Nationaltorwart über Leon Goretzka

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Marc-André ter Stegen
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Von Borussia Mönchengladbach in eine Mannschaft mit Messi: Wir haben uns mit Nationaltorwart Marc-André ter Stegen in Barcelona getroffen.

Die Passage de la Concepció ist ein Ort der Ruhe. Eine Oase mitten im bunten Treiben von Barcelona. Dort findet man das Restaurant Mordisco. Abgewetzter Betonboden, weiße Tische, Wintergarten, offene Küche. Es duftet nach frischen Kräutern und kräftigem Kaffee. Marc-André ter Stegen spaziert durch die Glastür, singt ein munteres und akzentfreies „hola bon dia“, lächelt und beeindruckt mit einem klaren Blick und einem festen Händedruck. Der ehemalige Gladbacher ist beim FC Barcelona die Nummer eins im Tor, in der Deutschen Nationalmannschaft hat der 25-Jährige zuletzt blendende Leistungen gezeigt. Das Gespräch mit ihm beweist, dass das kein Zufall sein kann. Ein Interview über Stolz, den Zweikampf mit Manuel Neuer, Angst und das große Glück, das er in seinem Leben verspürt.

Herr ter Stegen, Sie leben im Zentrum von Barcelona. Bekommen Sie von dem Unabhängigkeitsbestreben der Katalanen viel mit? Marc-André ter Stegen: Natürlich. Ich lese viel darüber. An zwei unserer Spieltage war der obere Teil der Stadt wegen einer Demonstration geschlossen. Ich sehe und spüre natürlich, wie stolz die Menschen sind, dass sie Katalanen sind und unabhängig sein wollen. Ich sehe auch die Menschen, die Teil Spaniens bleiben wollen. Diese Sache ist aber sehr kompliziert, weil sie auch mit Gefühlen zu tun hat, die weit zurückliegen in der Geschichte. Deshalb kann und möchte ich mir kein abschließendes Urteil bilden.

Ist das Unabhängigkeitsreferendum ein großes Thema in der Mannschaft? Natürlich beschäftigen wir uns damit. Wir haben einige Spieler, die aus Katalonien kommen. Jeder bildet sich seine Meinung und jeder respektiert den anderen.

Wie haben Sie die Stadt nach den Terroranschlag auf die Ramblas erlebt? Sprachlos. In Schockstarre. Man hat die Angst der Menschen förmlich greifen können. Die Furcht war groß, dass so etwas Schreckliches wieder vorkommen kann. Ich selber habe mich wirklich betroffen gefühlt, weil ich im Zentrum lebe und deshalb relativ nah dran war. Man denkt darüber nach und stellt sich vor was passieren kann, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist - das kann niemanden kalt lassen. Kinder, Väter und Mütter werden mutwillig und bösartig aus dem Leben gerissen. Das macht fassungslos.

Haben Sie seitdem Angst oder Beklemmungen, wenn Sie durch Barcelona spazieren? Man wird oft daran erinnert, wenn man über die Ramblas geht und Menschen sieht, die Kerzen anzünden oder Blumen niederlegen. In diesem Moment denke ich natürlich darüber nach. Man sollte sich jeden Tag vor Augen halten, wie glücklich man sein kann, dass die Familie gesund ist und, dass es einem persönlich gut geht.

Und die Angst… Es wäre ein Fehler, Angst zu zeigen. Den Leuten, die so etwas Schreckliches tun, muss man zeigen, dass man sich die Freiheit nicht nehmen lässt.

Ihr Wechsel vor dreieinhalb Jahren von Gladbach zum FC Barcelona fiel Ihnen schwer. Sie sagten, Sie hätten sich im Winter zwei Wochen irgendwo verkrochen, um eine Entscheidung zu treffen. Schließlich haben Sie den Schritt gewagt. Und haderten. Woran lag das? Wenn du am Anfang nicht das bekommst, was du dir selber vorgestellt hast, kommt immer mal der Gedanke, vielleicht etwas zu ändern.

In den ersten zwei Jahren mussten Sie um die Nummer eins mit Claudio Bravo kämpfen… Ja. Aber in dieser Zeit habe ich nie ernsthaft darüber nachgedacht, Barcelona zu verlassen.

Es hieß aber, Sie würden zurück in die Bundesliga kommen. Sowohl Claudio als auch ich haben anscheinend darüber nachgedacht, wie es weitergeht. Der Verein hat mir signalisiert, dass er mich nicht verlieren will und hat sich klar positioniert. Ich habe viel Wertschätzung erfahren.

Wirklich nie den Gedanken gehabt, hinzuschmeißen, zurück nach Deutschland zu kommen? Nein. Es stand für mich fest in Barcelona zu bleiben, Gas zu geben und dem Trainer zu zeigen, warum ich die uneingeschränkte Nummer eins sein muss.

Dieser Ehrgeiz müsste Sie doch auch motivieren, Manuel Neuer als Nummer eins in der Nationalmannschaft abzulösen. Schließlich gibt es ja kein Gesetz, dass er vor Ihnen steht? Über Manuel Neuer braucht man nicht viel sagen. Er verdient es, die Nummer eins zu sein und hat ein beeindruckendes Standing. Das hat er sich erarbeitet und das respektiere ich.

Aber geht es letztendlich nicht um Leistung? Ja, es geht um Leistung. Im Moment ist er verletzt, aber wenn er auf dem Platz steht, zeigt er Leistung. Aber jeder hat auch gesehen, dass ich beim Confed-Cup meine Leistungen gebracht habe.

Wir müssen nachhaken. Ihr Ziel muss es doch sein, Manuel Neuer irgendwann einmal zu beerben. Ich konzentriere mich auf den nächsten Schritt. Der nächste Schritt ist unser Spiel mit Barcelona gegen Olympiakos Piräus in der Champions League. Natürlich möchte jeder die Nummer eins im deutschen Tor sein. Wenn du aber anfängst, dir über Eventualitäten Gedanken zu machen, bist du nicht fokussiert und es kann sich schneller erledigen, als du denkst. Wenn du zwei Schritte im Voraus denkst, vergisst du, was im Jetzt wichtig ist. Das hat mir bereits Trainer Lucien Favre in Gladbach eingetrichtert. Und damit lag er und liegt er absolut richtig.

Seit Neuer verletzt ist, sind Sie die klare Nummer eins im DFB-Team. Das überrascht, weil zu Beginn Ihrer Länderspielkarriere auch nicht alles glatt lief. Hatten Sie auch einmal Zweifel an Ihren Fähigkeiten? Wenn es ginge, würde ich es rückgängig machen, dass ich gerade zu Beginn meiner Nationalmannschaftskarriere nicht immer glücklich aussah. Aber heute denke ich: Das waren Rückschläge, die mich weiter gebracht haben. Fehler gehören einfach im Leben, auch einem Fußballerleben, dazu. Auf Strecke haben sie mich stärker gemacht.

Zurzeit leistet sich Bernd Leno, mit dem Sie seit Jahren konkurrieren, einige Fehler. Empfinden Sie Mitgefühl oder Genugtuung? Ich bin generell der Typ, der Torhüter beschützt. Es gibt Bälle, die auf dein Tor kommen, in die man sich von Außen nicht hineinversetzen kann. Fehler passieren. Wir sind alle keine Maschinen. Es gibt Höhen und Tiefen. Bernd ist ein toller Torwart, und auch Kevin Trapp ist ein toller Torwart. Wir brauchen uns in Deutschland keine Sorgen auf dieser Position zu machen.

2014 wechselten Sie von Gladbach zum FC Barcelona. Welches Gefühl hatten Sie, als Sie in der Kabine das erste Mal mit Lionel Messi, Neymar oder Iniesta zusammentrafen? Ich schaue nicht auf Namen (lacht).

Sie wissen schon, wie wir das meinen… Fußballerisch sind alle wahnsinnig gut.

Und menschlich? Familiär und sehr herzlich. Es hat mich trotz der Größe des Klubs tief beeindruckt, wie natürlich alle sind. Es ist niemand da, der sich über die anderen stellt, der sich größer macht. Es war interessant zu sehen, wie normal alle sind.

Auch Messi? Auch Leo - dass sein Leben nicht ganz normal ist, ist wohl jedem klar. Wenn Leo irgendwo auftaucht, ist die Hölle los. Ich habe ihn als einen netten und guten Menschen kennengelernt. Einem, dem die Familie wichtig ist (lacht).

Man kann mit ihm also einfach mal ein „Bierchen“ trinken gehen? Glauben Sie mir: Wir haben eine tolle Mannschaft. Es gibt niemanden, über den ich schlecht reden könnte. Die Jungs sind relaxed, wir haben Spaß. Auf und neben dem Platz verstehen wir uns sehr gut.

Sie sind 25 Jahre alt, spielen beim vielleicht besten Klub der Welt - mehr geht doch nicht. Das ist das, worauf jeder hinarbeitet. Das Interessante daran ist, dass der Klub es jedes Jahr schafft, das zu wiederholen. Der FC Barcelona will in jedem Spiel top sein. Eine schwache Partie kann schon die Meisterschaft kosten. Das motiviert einen. Du ernährst dich gut, du bereitest dich so gut es geht vor, du gehst zum Training und willst Höchstleistung bringen. Manchmal geht es nur um ein paar Prozent, die den Unterschied ausmachen können. Nur so schaffst du es, alles zu erreichen.

In Ihrem Vertrag steht eine Ablösesumme von 180 Millionen Euro. Was haben Sie gedacht, als sie diese irre Summe sahen? Natürlich sind das Summen, die unglaublich sind. Natürlich sind das Zahlen, die man am besten gar nicht aufschreibt, damit einem nicht schwindelig wird. Aber diese Summen geben den Klubs auch die Sicherheit, dass sie ihre Spieler halten können. Außerdem: Die Spieler machen nicht den Markt - am Ende haben wir nur geringen Einfluss auf diese Summen, die bezahlt werden.

Ist es für Sie auch eine Art der Wertschätzung? Ja. Wenn Barcelona mir so eine Ablösesumme in den Vertrag reinschreiben will, signalisieren sie, dass sie mich nicht gehen lassen wollen.

Empfinden Sie auch Stolz? Ich war damals stolz, für Borussia Mönchengladbach spielen zu dürfen und seit dreieinhalb Jahren bin ich stolz, das Trikot von Barcelona überzustreifen. Und ich trage dieses Trikot mit absoluter Freude. Ich bin stolz, diese Farben zu tragen. Der Slogan „Mehr als nur ein Verein“ ist dabei kein Kunstprodukt. Das ist kein Marketinggag. Es wird tatsächlich so gelebt, und das tagtäglich. Genau das gefällt mir an diesem Klub.

Könnten Sie sich angesichts Ihrer wunderbaren Geschichte überhaupt noch einmal eine Rückkehr in die Bundesliga vorstellen? Erst einmal habe ich fünf Jahre Vertrag. Ich bin hier, um bei Barca Erfolge zu feiern. Aber man weiß nie, was noch kommt.

Auf der zweiten Seite unseres Exklusiv-Interviews spricht Marc-André ter Stegen unter anderem über Leon Goretzka.

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