Es könnte an der Lohrheide im Frühling 2016 alles so schön sein: Die 09er holten die Bochumer Hallenstadtmeisterschaft nach Wattenscheid, stehen im Westfalenpokal-Endspiel und sind nur noch einen Sieg von der DFB-Pokalhauptrunde entfernt und spielen eine Regionalliga-Saison, die der SGW die kühnsten Optimisten nicht zugetraut hätten. Doch der Schein trügt.
Wichtige Eckpfeiler wie Kapitän Mario Klinger (FC Kray) und Adrian Schneider (Eintracht Trier) werden den Verein sicher verlassen und andere Leistungsträger wie Güngör Kaya, Jan-Steffen Meier, Christopher Braun oder Manuel Glowacz werden dem Klub aller Voraussicht nach den Rücken kehren. Warum? Das ist schnell erzählt. In Wattenscheid fehlt einfach die Perspektive. Schon in dieser Saison wurde auf eine Drittliga-Lizenz verzichtet. Die Spieler warten immer noch - Stand 11. Mai - auf ihre Gehälter aus den Monaten März und April. "Das geht einfach nicht. Das ist ja nicht das erste Mal in Wattenscheid. Wenn man im Sommer etwas verspricht, dann muss man das auch ein Jahr lang halten. Ich habe glücklicherweise einen Job und bin nicht von dem Geld, was ich bei der SG Wattenscheid 09 verdiene, abhängig. Aber die meisten Jungs sind es. Sie müssen ihre Fixkosten monatlich decken und über die Runden kommen. Niemand sagt doch gerne gegenüber dem Vermieter, dass er aktuell die Miete nicht zahlen kann. Normalerweise geht der Arbeitnehmer nicht mehr zur Arbeit, wenn die Firma nicht zahlt. Bei uns Fußballern ist das glücklicherweise etwas anders. Aber ich kann den Frust der Jungs nachvollziehen", bricht Kapitän Klinger eine Lanze für die Mannschaft, die aktuell unzufrieden ist.
Nach RS-Infos soll ein Teil des Teams sogar in Erwägung ziehen im Westfalenpokal-Finale gegen Rot Weiss Ahlen (28. Mai) nicht anzutreten. "Das ist mir zwar neu, aber im Fußball ist nichts unmöglich. Ich weiß nicht, wo das noch hin führen wird. Ich kann nur für mich sprechen und sagen, dass ich nach den Titeln im Saarland und Rheinland-Pfalz auch den Pokal in Westfalen gewinnen will. Da bin ich Sportler durch und durch. Sollten aber zehn Mannschafskollegen auf mich zukommen und sagen, dass sie nicht spielen wollen, dann kann ich auch nichts machen. Es wäre für alle Beteiligten das Beste, wenn der Verein zügig die ausstehenden Gehälter überweist", betont Klinger.
"Ich kann mich nur um die sportlichen Belange kümmern. Aber natürlich ist das keine schöne Situation. Ich weiß, dass der Verein auf eine üppige Zahlung einer gestellten Rechnung wartet. Dieses Geld sollte stündlich eintreffen. Dann sollte das Thema endlich erledigt sein", hofft Hartmut Fahnenstich, Sportlicher Leiter der Wattenscheider.