Wattenscheid 09

Jacob knüpft Rücktritt an Bedingungen

Bei seinem Schlusswort rang sich Christoph Jacob dann zu dem Satz durch, auf den die meisten der rund 250 Fans, die zu der spontan einberufenen Kundgebung erschienen waren, gewartet haben dürften: "Nach dem heutigen Gespräch werde ich dem Aufsichtsrat nun definitiv noch einmal signalisieren, dass ich bereit bin zurückzutreten, wenn kurzfristig geklärt werden kann, dass die Darlehen, die ich dem Verein gegeben habe, zurückgezahlt werden."

Dabei geht es laut Jacob selbst um etwa 100.000 Euro. Ein gewaltiger Batzen für den schwer angeschlagenen Regionalligisten, der - das alles kam am Montagabend auf den Tisch - schon seit der Winterpause quasi zahlungsunfähig ist und den Spielbetrieb nur aufrecht erhalten konnte, weil ein Gönner nach dem anderen immer mal wieder die Spielergehälter übernommen hat - oder weil die Mannschaft, wie aktuell, wochenlang auf ihr Geld wartet.

Dass der Saison-Etat mit einer Unterdeckung veranschlagt wurde, gestand Jacob ein, die (alleinige) Verantwortung wollte er dafür indes nicht übernehmen. Bei Fragen wie diesen taten die zuvor mit offiziellen Formulierungen kaschierten Gräben zwischen Jacob einer- und Mano Oliveri und Marco Ostermann andererseits offener denn je zutage. Beide erschienen mit kleiner Verspätung zu der Veranstaltung, beide wurden mit Sprechchören und warmem Applaus empfangen. Und beide nahmen kein Blatt vor den Mut, als es darum ging, Kritik am Vorstandsvorsitzenden zu formulieren.

Oliveri und Ostermann reden Klartext

"Als ich gemerkt habe, dass man unseren Trainer, unsere Mannschaft und unseren Vorstand verraten hat, weil Spieler manipuliert wurden, da bin ich wütend geworden und zurückgetreten. Ich weiß auch nicht, was Dich geritten hat, als Du das Konzept mit Christoph Klöpper (Jacobs Favorit für die Nachfolge als Cheftrainer, Anm. d. Red.) vorgestellt hast", sprach Oliveri Jacob direkt an - "damit kann ich mich nicht identifizieren und dann ist es auch mein gutes Recht, zurückzutreten." Nicht zuletzt ging es dem am Samstag zurückgetretenen Vorstandsmitglied darum, zu belegen, dass er seinen Verpflichtungen als Sponsor sehr wohl nachgekommen sei - Jacob hatte dies im Gespräch mit RevierSport anders dargestellt (RS berichtete). Zum Beweis hatte Oliveri die entsprechenden Belege mitgebracht.

Ähnlich spitzfindig lief die Diskussion, als Fans Jacob aufforderten, Stellung zu den Vorwürfen von Alexander Thamm zu beziehen. Jacob rechtfertigte sich, erklärte, er sei am Samstag zu emotional geworden. "Die Diskussion davor in der Kabine war auch nicht schön für mich, auch gegen mich sind Worte gefallen, die nicht schön waren." Dafür, dass er die Mannschaft als "Pisser" und Thamm als "Hurensohn" bezeichnet habe, habe er sich entschuldigt. "Das tut mit leid und das habe ich der Mannschaft auch schon gesagt."

Kehrt Kolberg in den Vorstand zurück?

Ostermann, bis Sonntag Teammanager bei 09, appellierte an Jacob, die massive Stimmung gegen ihn zur Kenntnis zu nehmen und sich einen Rücktritt zu überlegen. Diesen Schritt macht Jacob aber von finanziellen Bedingungen abhängig - siehe oben. Frank Kolberg, der vor einem knappen Jahr aus dem SGW-Vorstand zurücktrat, soll laut Ostermann grundsätzlich bereit sein, den Vorstandsvorsitz zu übernehmen.

Nach RS-Informationen gibt es bereits konkrete Überlegungen der Opposition, wie Jacobs Darlehen abgelöst werden können, um so den Weg für Jacobs Rücktritt und einen personellen Neuanfang freizumachen. Dann hätten die "Jacob raus"-Rufe, die auf der alten Haupttribüne am Montagabend immer wieder auf den 36-Jährigen einprasselten, ihre Wirkung wohl tatsächlich nicht verfehlt.

Klöpper als Trainer nicht mehr vorstellbar

Das eigentliche Ziel, das die Fans vorher und während der filmreifen Versammlung - so in etwa muss es auf den turbulentesten Schalker Jahreshauptversammlungen zugegangen sein - kam aber etwas kurz: Antworten zu bekommen.

Eines steht allerdings jetzt fest: Einen Pawlak-Nachfolger namens Klöpper kann es an der Lohrheide nicht mehr geben. Aber vielleicht ist ja der Abschied des beliebten Aufstiegstrainers jetzt auch nicht mehr in Stein gemeißelt...