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Ronaldo
Anklage wegen Steuerhinterziehung

Ronaldo: Anklage wegen Steuerhinterziehung
Foto: firo

Es gab zuletzt Verwunderung über Cristiano Ronaldo in der Klatschwelt des Fußballs.

Dass seine Mutter dieser Tage von ihm gezeugte und von einer anonymen Leihmutter ausgetragene Zwillinge aus den USA abholen wird – nun ja, so ähnlich ist es bei seinem ersten Kind Cristiano Junior auch gelaufen. Dass denselben Medienberichten zufolge der neugeborene Junge aber Mateo heißen soll, mithin genauso wie der zweite Sohn von Ronaldos großem Rivalen Lionel Messi? Schon merkwürdig.

Andererseits: Mit Messi teilt Ronaldo eine ganze Menge. Das Streben nach Exzellenz, die Jagd nach Rekorden – und seit gestern auch ein offizielles Steuerverfahren.

Die Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft Madrid erstattete wegen vier Delikten aus den Jahren 2011 bis 2014 eine entsprechende Anzeige beim zuständigen Gericht im Vorort Pozuelo de Alarcón. Danach soll der 32-Jährige „willentlich“ und „wissentlich“ rund 14,7 Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben, 8,5 Millionen allein 2014.

Der fragliche Gesamtbetrag ist rund dreieinhalb Mal so hoch wie die 4,1 Millionen Euro, wegen der Messi zu 21 Monaten Haft (auf Bewährung) bestraft und von der Anklage während des Prozesses als „Capo einer mafiösen Struktur“ bezeichnet wurde. Das Oberste Gericht Spaniens hat das Urteil erst vor wenigen Wochen bestätigt – und die Staatsanwälte im Ronaldo-Verfahren berufen sich nun explizit auf „die jüngste Rechtsprechung“. Danach liege Steuerbetrug vor, wenn eine inaktive Scheinfirma im Ausland dazu genutzt werde, Einnahmen zu vertuschen.

Ronaldo soll seine Bildrechte an eine Firma auf den Virgin Islands abgetreten haben, deren einziger Gesellschafter er selbst war. Diese wiederum habe die Vermarktung der Rechte an ein anderes Unternehmen in Irland abgetreten. Laut Staatsanwaltschaft sei diese Struktur „vollkommen unnötig“ gewesen und habe „dem einzigen Ziel gedient, einen Vorhang aufzuhängen, um der Steuerbehörde den Gesamtwert der erzielten Einkünfte des Angezeigten aus seinen Bildrechten zu verbergen.“

Während die Presse in der Hauptstadt gestern prominent, aber eher nüchtern die Neuigkeiten vermeldete, war die Berichterstattung in Katalonien geradezu triumphal. Dort sahen weite Kreise den Prozess gegen Messi als Schauspiel, um den bis FC Barcelona zu schwächen, und spekulierten bis zuletzt, dass Ronaldo wegen des Einflusses von Real-Präsident Florentino Pérez in Politik- und Justizkreisen verschont bleiben würde. Danach sieht es nun nicht mehr aus – auch wenn das Gericht das Prozessverfahren natürlich erst noch einleiten muss.

„Ich werde wie ein Verbrecher behandelt“, klagte Ronaldo kürzlich in einem Rundumschlag gegen seine Kritiker. Jetzt könnte es ihm ganz aktenkundig so ergehen. Anders als Messi könnte er sogar tatsächlich ins Gefängnis wandern.

Der Argentinier wurde für jedes seiner drei Delikte (2007 bis 2009) mit je sieben Monaten Haft bestraft, was die Gesamtdauer von 21 Monaten erklärt. Ganz abgesehen von der höheren Summe bei Ronaldos vermeintlichen Vergehen, die in drei der betroffenen vier Jahre den Tatbestand des schweren Verstoßes erfüllen – bei identischer Mathematik des Gerichts würde allein die Addition von vier mal sieben für Ronaldo eine Strafe von 28 Monaten bedeuten. Nur Haftstrafen von bis zu zwei Jahren werden in Spanien allerdings zur Bewährung ausgesetzt.

Kürzlich beim Champions-League-Finale in Cardiff lobte sein Trainer Zinédine Zidane noch die Vorbildwirkung des Stürmers: „Auf dem Platz ist er ein geborener Leader, daneben ein guter Mensch, der sich um alle kümmert“. Als freundlich und nahbar beschreibt ihn diese Woche auch Sami Khedira in einem Interview mit „GQ“: „Er ist als Mensch ebenso besonders (wie als Fußballer, d. Red.), und das im positivsten Sinne.“ Anderswo in Deutschland fragte sich derweil kürzlich der „Spiegel“, warum sich die Weltpresse kaum für die von ihm publizierten Vergewaltigungsvorwürfe interessierte. 2009 in Las Vegas soll sich der Vorfall ereignet haben, seine Anwälte hätten jedoch einen außergerichtlichen Vergleich erreicht und ihn so kaschiert, so das Magazin.

Im Falle eines Steuerprozesses wird sich Ronaldo kaum verstecken können. Schon bei Messi wollte das Gericht nichts von der Schutzbehauptung wissen, „um die Kohle kümmert sich mein Vater“. Ronaldo steht diese Verteidigungsstrategie erst recht nicht offen. Die Kinder mag die Mutter abholen, seine Freundinnen wie derzeit die Spanierin Georgina Rodríguez mögen blass bleiben – aber seine Geschäfte, die betrachtet er gern als zweite Chefsache nach dem Fußball. In dem wird er übrigens schon am Wochenende wieder zu sehen sein. Dann beginnt in Russland der Confed-Cup.

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