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Winfried Schäfer: "Nicht nur Sonne genießen, sondern Titel holen"
Ein Projekt in den Emiraten

Winfried Schäfer: "Nicht nur Sonne genießen, sondern Titel holen"
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Es ist bereits seine zweite Trainerstation in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE): Nach dem Al-Ahli Club in Dubai (März 2005 bis Februar 2007) trainiert Winfried Schäfer seit Dezember 2007 den Fußballverein des Emirates Al Ain.

Mit Reviersport sprach der aus der Eifel stammende Trainer in der Hauptstadt Abu Dhabi über die Mentalität des arabischen Fußballs, über die Aufgaben und Herausforderungen als Trainer in diesem Land und über die Chancen seiner Spieler in der Deutschen Bundesliga.

Herr Schäfer, hier in den Emiraten scheint jeden Tag die Sonne, man schaut auf Palmen und an der Supermarkt-Kasse räumen einem Mitarbeiter den Einkauf in die Tüte und tragen alles zum Auto. Ist das hier Ihre schönste Trainerstation?

Vorsicht, junger Mann. Es ist nicht so, dass ich hier nur das gute Wetter genieße, dieser Eindruck ist falsch. Ich will auch sportlich etwas erreichen. Ich will mit Al Ain die Meisterschaft gewinnen, den Klub wieder ganz nach oben bringen. Das ist mein Projekt hier. Und hier lässt es sich wirklich toll arbeiten, Scheich Haza bin Zayed unterstützt uns tatkräftig, es gibt hervorragende Bedingungen. Ich bin hier sozusagen beim FC Bayern vom Golf. Es macht mir sehr viel Spaß, hier zu arbeiten und den jungen Spielern etwas beizubringen.

Wie muss man sich den Trainerjob in den VAE vorstellen?

Im Grunde wohl genauso wie überall sonst auf der Welt. Wegen der Hitze trainieren wir natürlich nicht mittags. Zudem spielt hier die Kultur eine große Rolle, sodass sich der Tagesablauf mit den Trainingseinheiten und Mannschaftsbesprechungen nach den Gebetszeiten richtet. Aber da passe ich mich selbstverständlich an, weil ich großen Respekt vor der Religion und Kultur hier im arabischen Raum habe.

Wo sehen Sie den Schwerpunkt Ihrer Arbeit hier?

Ich sehe mich hier als Fußballlehrer. Ich bin angestellt, um die Spieler weiter auszubilden. Fußball spielen können die eigentlich alle, haben teilweise eine super Technik. Es geht darum, ihnen Systeme beizubringen und die Disziplin auf dem Platz, sich an die vorgegebene Taktik zu halten. Viele haben so viel Spaß am Fußball, dass sie bei einer Führung nur noch schön spielen wollen. Aber es wird immer besser, denn die Lernbereitschaft der jungen Spieler ist sehr hoch und alle sind mit großer Begeisterung dabei.

Deutsche Trainer sind sehr beliebt in den VAE, vor zwei Jahren gab es gleichzeitig sechs, die hier einen Verein trainiert haben. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Wir Deutschen gelten als fleißig. Als ich mit Al-Ahli Meister wurde, gab es im Anschluss einen richtigen deutschen Trainerboom in den Emiraten. Von der taktischen Ausbildung sind wir sehr gut, können daher den Spielern einiges beibringen. Außerdem trainieren wir sehr häufig, mehr als die Trainer aus anderen Ländern hier, und legen auch viel Wert auf eine gute Fitness. Man kann schon sagen, dass sich auch durch die deutschen Trainer hier das Niveau der Liga in den letzten Jahren deutlich gebessert hat, auch die Nationalspieler werden besser.

Und gewannen so zuletzt den Golf-Cup.

Genau. Eine tolle Sache für die Nation, durch den Erfolg dort ging noch einmal ein Ruck durch dieses ohnehin schon fußballbegeisterte Land. Hier entsteht richtig was und ich bin froh, dabei zu sein und zu helfen.

Denken Sie dennoch manchmal an eine Rückkehr nach Deutschland?

Ich kann das nicht ausschließen, aktuell ist das aber kein Thema für mich. Ich habe auch noch für die nächste Saison einen Vertrag und will den erfüllen, weil ich hier etwas aufbauen und zu Ende bringen will. In dieser Saison sind wir knapp gescheitert, nun wollen wir in der nächsten Spielzeit den Titel holen. Deshalb bin ich auch nicht Nationaltrainer von Iran oder Tunesien geworden, obwohl es Angebote gab.

Verfolgen Sie den deutschen Fußball denn noch? Und wo würde Ihr Team Al Ain dort spielen?

Natürlich, über die Bundesliga bin ich nach wie vor gut informiert. Das sagt man ja gerne über Trainer, die lange im Ausland waren, dass die nicht mehr auf dem aktuellen Stand sind, aber dem ist nicht so: Man kann hier Samstagabend die Sportschau schauen, manchmal wird auch ein Spiel live übertragen, und ich sehe oft im Internet nach. Wo Al-Ain dort spielen würde, ist schwer zu sagen. Ich denke, meine Mannschaft könnte in der 2. Bundesliga mithalten, würde dort auf einem Mittelfeldplatz stehen.

Haben Sie auch Spieler in Ihren Reihen, die es in die 1. Bundesliga schaffen könnten?

Ja, einige könnten das schaffen. Es ist aber eine sehr große Umstellung, man muss sich der Liga anpassen. Das konnte man auch bei Ali Karimi sehen, der hier in Dubai ein Star war, bei Bayern München dann aber scheiterte. Das größte Talent in meinem Team ist Farez. Er ist erst 20 Jahre alt, spielt schon im rechten Mittelfeld bei der Nationalmannschaft. Er muss noch viel lernen, könnte es aber packen. Welche Rolle spielt der Fußball in diesem Land?

Eine sehr große, der Fußball ist hier Volkssport Nummer eins. Die Menschen lieben es, ihre Mannschaften anzufeuern und sind mit viel Leidenschaft und Emotionen dabei, um ihr Team zu unterstützen. Davon habe auch ich mich schon anstecken lassen: Im Entscheidungsspiel um die Meisterschaft damals mit Dubai musste ich auf die Tribüne, weil ich mich über den Schiedsrichter beschwert habe. Als dann klar war, dass wir die Partie gewinnen und somit den Titel holen, war um mich herum eine solch fantastische Stimmung, dass ich mit den Fans spontan einen Bauchtanz hinlegte, was dann auch noch im Fernsehen zu sehen war. Wie kommunizieren Sie hier mit Ihren Spielern?

Den größten Teil besprechen wir auf Englisch. Und mein Co-Trainer übersetzt dann sicherheitshalber noch einmal auf Arabisch, damit es da keine Missverständnisse gibt. Ich habe unserer Presseabteilung nun auch eine Liste mit den wichtigsten Fußball-Vokabeln gegeben, die sie für mich ins Arabische übersetzen. Aus Respekt gegenüber Land und Leuten möchte ich zusätzlich Arabischstunden nehmen, um mich zukünftig mit meinen Kollegen in ihrer Muttersprache zu unterhalten. Erzählen Sie uns zum Schluss eine Anekdote aus Ihrer Zeit hier in den Vereinigten Arabischen Emiraten?

Als ich damals das Angebot aus Dubai hatte, bin ich mit zwei Hemden im Koffer zu den Verhandlungen geflogen und dachte mir: Mal sehen, was so passiert und was sie dir anbieten. Die Gespräche verliefen dann sehr gut und wir einigten uns schnell. Als ich anschließend nach Deutschland zurückfliegen wollte, um meine Sachen zu holen, sagte der Präsident: „Nix da, du bleibst hier, wir haben morgen ein Spiel.“ Ich kannte die Mannschaft überhaupt nicht, habe mich nur mit dem Co-Trainer beraten, wer überhaupt auf welcher Position spielt. Wir haben dann zweimal trainiert und hatten ein Spiel in Kuwait. Leider aber haben wir 0:2 verloren, sonst wäre die Geschichte natürlich noch schöner.

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