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Ulf K./Andreas Dierßen: Das Jahr, in dem wir Weltmeister wurden
„Ja, das kenne ich ganz genau“

Kick off-Buchkolumne: Ulf K./Andreas Dierßen: Das Jahr, in dem wir Weltmeister wurden
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Ich weiß es noch wie heute. Mitten im WM-Endspiel 1974 klingelte der italienische Eiswagen auf der Straße.

Meine gesamte Familie war vor dem neuen Farbfernseher versammelt und schaute gebannt, wie sich Maier, Beckenbauer & Co in einer wahren Abwehrschlacht gegen das Oranje-Team stemmten. Wir schwitzen aufgrund der Wärme in der „guten Stube“ und des holländischen Spielwitzes. Ein Eis war in diesem Moment mindestens genauso gut wie ein

Ulf K./Andreas Dierßen: Das Jahr, in dem wir Weltmeister wurden, Edition 52, Wuppertal 200, EUR 5,-. Ulf K./Andreas Dierßen: Das Jahr, in dem wir Weltmeister wurden, Edition 52, Wuppertal 200, EUR 5,-.

deutsches Kontertor. Aber wer sollte den Fernsehplatz verlassen und auf die sonnendurchflutete Sonntagsstraße gehen, um das Eis zu holen? Natürlich, der Kleinste, also „ich“. So entschieden es die Großen, einstimmig. Ich bekam einen Fünf-Mark-Schein und eine lange Bestellliste in die Hand und sprintete hurtig und voller Zorn auf die Straße, während Johann Cruyff den nächsten Angriff organisierte. Ich war mir sicher, jetzt, gerade jetzt würde das Tor fallen.

Was das nun alles mit dem Comic von Ulf K. (Zeichnung) und Andreas Dierßen (Text) zu tun hat? Nun, erstens: die WM 1974. Mit feinem Strich und mit gefühlvollem Text wird in einer charmanten, biographisch gefärbten Geschichte erklärt, wie während der WM die Antagonisten „Günther Netzer“ und „Sepp Maier“ doch noch Freunde wurden – und ganz nebenbei erfährt der Leser auf schmalen 16 Seiten, warum einen der Fußball nicht mehr loslässt, wenn man ihm einmal verfallen ist. Und zweitens: Wenn Sie jemanden kennen, etwa zwischen 35 und 45, der genauso sentimental (und geschwätzig) an seinen Fußballerinnerungen hängt wie offensichtlich der Rezensent, und derjenige gerade mal wieder Geburtstag hat oder Weihnachten bimmelnd vor der Tür steht oder er aus irgendeinem anderen Grund geschenkwürdig ist, in Ihrer Kasse aber Ebbe herrscht, weil man heute noch nicht einmal für fünf Euro Eis für eine ganze Familie bekommt, dann bestellen Sie das schmale Heft aus dem Wuppertaler Verlag, schreiben eine nette Widmung herein und überreichen es mit bescheidener Geste. Der Geschenkte wird etwas verdutzt gucken, zehn Minuten das 16-seitige Heftchen durch blättern und dann mit einem sanften Lächeln und einem dahin geseufztem „Ja, das kenne ich ganz genau“ eine Geschichte aus seiner Jugend erzählen. Und in diesem Augenblick ist dann alles möglich, wie damals, als wir von den magischen Fußballschuhen träumten, die den Ball aus jeder Position unhaltbar ins Tor beförderten. Aber das ist nun wirklich eine andere Geschichte…

Sechs von sechs Bällen

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