Als der FC Bayern in den 70er-Jahren begann, seine Meisterschaften im Dreierpack zu gewinnen, hieß es über die Trainer immer: Auch der Hausmeister hätte die Mannschaft zu Titeln geführt. Wenn der Bayern-Job so einfach wäre, hätte es keine Liste gescheiterter Trainer gegeben. Jürgen Klinsmann, Louis van Gaal und Carlo Ancelotti wären niemals vorzeitig gefeuert worden.
Jupp Heynckes ist der beste Beweis, wie entscheidend der Trainertyp auf der Bayern-Bank ist. In der Bundesliga 5:0 gegen den SC Freiburg, in der Champions League 3:0 gegen Celtic Glasgow: Schon scheint die Blamage von Paris (0:3) vergessen. Drei Wochen ist das jetzt her. Heynckes brachte Bayern Selbstvertrauen und Lachen im Eiltempo zurück. Mia san mia: Man spürt es wieder.
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Das Märchen ist ja auch zu schön: Heynckes wird mit 72 Jahren zum vierten Mal Bayern-Trainer — prompt treffen die Sorgenkinder Thomas Müller, Joshua Kimmich und Mats Hummels in der Königsklasse. Fast klingt das so, als habe Heynckes, der Triple-Sieger von 2013, nur die Hand auflegen müssen.
Eher stimmt, was gestern in Sport-Bild stand: Der neue Mann verpasste dem Star-Ensemble einen strengen Katalog von Maßnahmen, die Disziplin und Professionalität erzwingen. Automatisch kommt auch der Erfolg nicht zu Jupp Heynckes und Bayern. Dahinter steckt harte Arbeit.
Nur muss Bayern wissen: Es waren Pflichtsiege. In so eine Falle tappte schon der BVB: Siege über den 1. FC Köln, den Hamburger SV und Borussia Mönchengladbach verführten zu einem Hochgefühl, das, kaum wurden die Gegner stärker, bestraft wurde. Pleiten gegen Tottenham Hotspur, Real Madrid und RB Leipzig mit jeweils drei Gegentoren passierten. Das ist nichts Schlimmes. Nur die Begegnung mit der Wahrheit auf’m Platz.
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Auch Bayern muss erst noch zeigen, ob der Heynckes-Vorgänger Carlo Ancelotti das Formtief verursacht hat und nicht doch die Bayern-Mannschaft selbst. Freiburg und Glasgow sind kein Gradmesser. Erst die Duelle gegen RB Leipzig am 28. Oktober, Borussia Dortmund am 4. November und Paris Saint Germain am 5. Dezember werden ein Zeugnis über die Heynckes-Rückkehr abgeben.
Soll man deswegen nicht würdigen, dass zumindest Bayern mit jetzt sechs Punkten aus drei Spielen wohl den Sprung in die nächste Runde der Champions League schaffen? Natürlich nicht! Nur sollten Pflichtsiege nicht zum falschen Überschwang verleiten.