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Bezirksliga-Trainer
„Icke“ Häßlers verrückte Premiere

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Bezirksliga-Trainer: „Icke“ Häßlers verrückte Premiere
Foto: firo

Ab 15 Uhr etwa weht der Hauch des großen Fußballs über die Kolonie Birkenwäldchen.

In der Westender Gartensparte lässt sich Hertha an diesem Sonntag mitfühlen, das Olympiastadion liegt ja nicht weit entfernt. Noch dichter sind die Plätze der Sportanlage Westend, direkt hinterm Gartenzaun. Hier sollte jetzt die zweite Halbzeit beginnen.

Doch der Schiedsrichter braucht seine Pfeife nicht mehr. Abbruch in der Pause. Die Gäste können nicht mehr, der Trainer vom VfB Hermsdorf II bittet um das Ende. Mit nur zehn Spielern war der Tabellenletzte der Bezirksliga Staffel 1 angereist. Bei diesen Temperaturen ist der vorgezogene Spielschluss aber für alle eine Erlösung. Mit gepackter Tasche marschiert ein Spieler von Hermsdorf los: „Wenigstens konnte ich ,Icke’ die Hand geben.“ Er ist zufrieden, der Tag hat sich gelohnt.

„Icke“, das ist Thomas Häßler. Der plauscht währenddessen abseits des Platzes – und ist auch zufrieden. Mit 7:0 führte seine Mannschaft zur Halbzeit. Seit er da ist, machen selbst solche Ergebnisse die Gegner in der achten Liga nicht mehr zwangsläufig nur unglücklich. So einen Großen ganz nah zu erleben, das entschädigt für vieles. Häßler war 1990 Weltmeister. Der gebürtige Berliner ist in seine Heimat zurückgekehrt. Dass ihm parallel dazu der Trainerposten beim Club Italia angeboten wurde, passte ihm sehr gut.

Sein erstes Heimspiel in der Bezirksliga endet also kurios. Aber egal. „Das sind drei Punkte. Wir sind gut aus den Startlöchern gekommen“, sagt Häßler. Zuvor wurde zum Auftakt 5:1 beim FC Liria gewonnen. Mit dem Team will er diese Saison oben mitspielen. Und dann mal sehen, was passiert. Der Klub mit den italienischen Wurzeln würde gern möglichst schnell ein paar Ligen nach oben klettern. Häßler geht da nicht offensiv an den Ball, sein großer Name allein ist ja keine Garantie.

Als Hälfte zwei laufen soll, setzt sich Häßler an eine der wenigen Bierbänke. Die haben sogar karierte Tischdecken, wie beim richtigen Italiener. Platz ist genug, die Besucheranzahl sehr übersichtlich. „Hier ist alles im gewohnt lockeren Gang“, sagt der 50-Jährige. Auch als Attraktion der Liga muss er noch nicht mehr Hände schütteln, als ihm lieb ist.

„Für mich ist das eine ganz neue Situation, weil ich viel mehr reden muss

Thomas Häßler

In der Nationalmannschaft lief Häßler 101 Mal auf, die große Bühne war Routine für ihn. Jetzt erlebt er eine andere Welt. „Für mich ist das eine ganz neue Situation, weil ich viel mehr reden muss. Das war nicht immer so mein großes Ding gewesen, daran muss ich mich gewöhnen“, erzählt er. Zum ersten Mal fungiert er als Cheftrainer, nimmt selbst viel mit aus der Aufgabe, wie er sagt. Es macht ihm Spaß.

Den Spielern auch. Anfangs gab es aber Ängste. „Wir dachten, er kommt mit ein paar anderen Spielern, so dass wir von der letzten Saison gar keine Chance mehr haben“, erzählt Verteidiger Ferdi Pilan. Vergangene Saison spielte Italia gegen den Abstieg, mit Häßler nun zunächst ganz oben mit. „Unsere Disziplin ist gestiegen“, so Pilan. Die Motivation auch, für diesen Trainer, der immer steht an der Seitenlinie, laufen alle ein paar Meter mehr.

Das können sie auch, in den fünf Wochen Vorbereitung wurde fast täglich trainiert. „Das war eine Umstellung für viele, aber notwendig. Ich habe versucht allen klarzumachen, dass die Vorbereitung wichtig ist wegen des konditionellen Bereichs und der Taktik“, so Häßler, der nach der Karriere als Techniktrainer in Köln arbeitete, als Assistent in Nigeria und technischer Direktor bei einem Klub im Iran. Jetzt wird nur noch dreimal pro Woche geübt, mehr ist nicht drin. Dafür erlebt sein Team diese Woche tatsächlich den Hauch vom großen Fußball, am Freitag bestreitet der Club Italia ein Testspiel gegen Hertha BSC (15.30 Uhr, Amateurstadion).

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