BVB-Torwart Weidenfeller

„Karriere-Ende halte ich mir offen“

Seinen über Jahre festen Platz zwischen den Pfosten des Fußball-Bundesligisten hat der Torwart, der am Samstag 36 Jahre alt wird, in der vergangenen Saison an Roman Bürki verloren. Im Interview verrät Weidenfeller, wie er mit der ungewohnten Situation umgeht, wie es nach der Saison weitergeht – und warum er heute gelassener ist als früher.

Roman Weidenfeller, Sie waren über viele Jahre die unumstrittene Nummer eins im Tor – bis vor anderthalb Jahren der damalige Trainer Jürgen Klopp plötzlich Mitch Langerak vorzog. Es war keine einfache Situation. Wir hatten eine schwache Phase. Bis auf den Torwart war schon jede Position einmal ausgetauscht worden, ohne dass es besser wurde – und dann war halt irgendwann auch der Torwart dran. Letzten Endes wurde es dadurch auch nicht besser. Das war eine Phase, in der ich lernen musste, mich anzupassen. Ich war es gewohnt, immer zu spielen, eine Führungsposition einzunehmen. Mich dann anders in den Dienst der Mannschaft zu stellen, war eine ungewohnte Aufgabe, die ich dann offen angenommen habe.

Im Sommer wurde dann ein neuer Torhüter geholt... Der Klub wollte im Tor einen Generationswechsel einleiten, und das Gesicht der Mannschaft sollte sich verändern. Das muss man so akzeptieren. Für mich bleibt nur, immer bereit zu sein. Wenn man mich braucht, möchte ich 100 Prozent fit sein. Ich bin überzeugt, dass ich der Mannschaft nach wie vor helfen kann – wie in der vergangenen Saison in der Europa League.

War in der Situation ein Vereinswechsel nie ein Thema? Nein. Ich fühle mich in Dortmund unheimlich wohl. Meine Familie und ich sind hier heimisch geworden. Von daher gab es keinen Grund, zu wechseln. Ich bin auch keiner, der sofort wegläuft, wenn es mal Gegenwind gibt.

Glauben Sie, dass es eine wesentliche Rolle spielt, dass der Konkurrent deutlich jünger ist? Klar.

Macht das Ihre Ausgangsposition also schwieriger? Es wird schon Gründe geben, warum man einen neuen Torwart geholt hat. Bis dahin waren Mitch und ich viele Jahre ein sehr gutes, eingespieltes Team.

Sie gehen in Ihr letztes Vertragsjahr. Gibt es schon Gedankenspiele, was danach kommt? Ich könnte mir sehr gut vorstellen, weiterhin beim Verein zu bleiben, über die aktive Karriere hinaus. Das Karriereende möchte ich mir noch offenhalten. Ich will meine körperliche und sportliche Entwicklung abwarten. Dann werde ich mich vor Ende der Saison mit dem Verein und dem Trainerteam zusammensetzen und gemeinsam besprechen, was das Beste ist.

Das heißt: Solange der Körper auf höchstem Niveau mitmacht, gibt es den Torhüter Roman Weidenfeller? Ja. Bislang hatte ich keine großen Verletzungen. Von daher bin ich voll im Saft und freue mich über jeden Tag, an dem ich trainieren kann.

Wenn dann irgendwann sportlich Schluss ist: Wo würden Sie Ihre Position sehen? Ich könnte mir gut vorstellen, Teil des Vereins zu bleiben, mehrere Stationen zu durchlaufen. Mal von einer anderen Seite zu betrachten, wie Borussia Dortmund überhaupt funktioniert. Die Aufgabengebiete werden schließlich immer größer. Zum Beispiel in der Vermarktung, was man auch auf unserer Chinareise deutlich gemerkt hat.

Der Trainerjob wird es nicht? Das will ich jetzt nicht ausschließen. Ich möchte das alles noch offen lassen, da ich noch gar nicht weiß, was mir nach meiner aktiven Zeit Spaß bereitet.

Sie gehen in Ihre 18. Profisaison. Was hat sich verändert? (lacht) Den Gedanken hatte ich auch, als ich bei unserem Leistungstest die jungen Hüpfer neben mir stehen sah. Man geht inzwischen routinierter an die Aufgaben heran. Dass diese Vorbereitungszeit für jeden sehr hart ist, ist klar. Und natürlich ist der Leistungstest sehr wichtig für den persönlichen Fitness-Zustand. Aber er entscheidet nicht, ob der Torwart bei einem Champions-League-Spiel den Ball aus dem Winkel holt.

In diesem Leistungstest standen Sie auf Laufbändern und hatten Sauerstoffmasken auf. Als Sie vor 18 Jahren anfingen... (lacht) ... da sind wir noch durch den Wald gejoggt. Die einen Spieler um den Berg herum, andere sind quer über den Berg geklettert, um die Strecke abzukürzen.

Heutzutage kommen die Spieler aus Fußballinternaten, werden viel umfassender ausgebildet. Beneiden Sie die heutige Generation um ihre Möglichkeiten? Ab und an denke ich schon: Wenn ich diese Ausbildungsmöglichkeiten genossen hätte, wo wäre ich denn dann noch gelandet (grinst). Nein, Spaß beiseite, ich bin froh, wie es gekommen ist. Früher war es eine tolle Zeit, jetzt ist es eine super Zeit. Ich möchte nichts missen.