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Rainer Wendt
“Zufall, dass es noch keinen Toten gegeben hat”

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Rainer Wendt: “Zufall, dass es noch keinen Toten gegeben hat”
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Am vergangenen Freitag ist zwischen dem VfB und Hertha BSC etwas aus dem Ruder gelaufen.

Was genau und unter welchen Umständen in Stuttgart geschehen ist, das soll nun unter anderem eine Sonderkommission der Polizei ermitteln. Soviel scheint gewiss: In einer Auseinandersetzung mit Fußballfans hat ein Polizist mehrere Warnschüsse abgegeben – mit einer scharfen Waffe. Als Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft hat Rainer Wendt sich nicht lange bitten lassen und fordert nun abermals härtere Strafen und mehr Kompetenzen für die Polizei. So sollen die Beamten nach Vorstellung des 58-Jährigen selbst bundesweite Stadionverbote aussprechen dürfen und ganze Gruppen schon auf der Anfahrt vom Stadionbesuch aussperren.

Wir sprachen mit Rainer Wendt darüber, warum der Vorfall in Stuttgart jedoch keine neue Qualität der Fußballgewalt offenbart, warum er nicht an Lösungen am Runden Tisch glaubt und sein Image als Scharfmacher.

Rainer Wendt, im Nachgang des Bundesliga-Spiels zwischen dem VfB Stuttgart und Hertha BSC soll eine Gruppe Fans Polizisten in einen Hinterhalt gelockt haben. Dort hat ein Beamter schließlich sogar Gebrauch von seiner Waffe gemacht, um mehrere Warnschüsse abzusetzen. Ist das die vielbeschworene neue Qualität der Fußball-Gewalt? Nein. Wovon wir nicht reden können, ist eine neue Qualität der Gewalt. Dass Polizisten von einer größeren Menge in einen Hinterhalt gelockt werden, das ist alles schon mal passiert und von daher nichts Neues. Neu ist, dass die Kollegen zum ersten Mal zur Schusswaffe gegriffen haben. Wenn man sich die sprichwörtliche Zurückhaltung der deutschen Polizei beim Gebrauch der Schusswaffe anschaut, dann soll das schon etwas heißen. Daran sieht man, dass die Lebensgefahr für die Kollegen tatsächlich gegeben sein musste und die sich nicht anders zu helfen wussten.

Gefunden auf …

Haben Sie schon Gelegenheit gefunden, sich eingehender mit dem Fall zu beschäftigen? Ich habe den Einsatzbericht noch nicht gelesen, aber ich habe keinen Zweifel daran, dass ein Kollege das nicht leichtfertig macht. Das ist jetzt zum ersten Mal geschehen. Solche Vorfälle erleben wir aber durchaus öfter.

Wann genau? Das Thema Hinterhalt hatten wir auch schon vor zwei, drei Jahren, dass Polizisten mit Eisenstangen attackiert wurden. Im Grunde genommen schließt sich das nahtlos an an die Veröffentlichung einer großen Zeitung am Wochenenende, als es um die Regeln der Ultras ging. (Die Bild-Zeitung will einen Kodex der Schalker “Hugos” veröffentlicht haben. Demnach wäre die Rivalität mit der Polizei der Gruppe sogar ernster als jede Vereinsfehde, d. Red.)

“Die Polizei sollte berechtigt sein, bundesweite Stadionverbote auszusprechen”

Wie könnte ihrer Meinung nach ein Lösungsansatz aussehen, um solche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden? Man kann schon feststellen, dass die DFL und die Vereine sich große Mühe gegeben haben, die Sicherheit zu verbessern. Mit großem Aufwand und trotz vieler Gegner haben sie beispielsweise das Konzept “Sicheres Stadionerlebnis” durchgesetzt. Man kann also nicht sagen, dass nichts passiert wäre. Die Vereine haben auch in Sachen Fanarbeit oder was bauliche Maßnahmen angeht vieles angestoßen. Das Problem ist aber, dass das überhaupt nicht greift bei denen, die zu Gewalt entschlossen sind. Die werden immer ihre Möglichkeiten finden. Dabei richtet sich die Gewalt ja nicht allein gegen Polizei, sondern auch gegen Sanitäter, Ordner oder Gegenstände. Wir wollen daher, dass Stadionverbote nicht länger nur ein Thema für Vereine sind, sondern dass die Polizei berechtigt ist, bundesweite Stadionverbote auszusprechen. Dass die Vereine da mehr oder weniger hart durchgreifen und es verschiedene Herangehensweisen gibt, passt uns gar nicht. Das sollte einheitlich gehandhabt werden.

Über welche Zeiträume für Stadionverbote reden wir da? Das muss der Gesetzgeber in den Polizeigesetzen regeln, aber da reden wir nicht von ein paar Monaten. Ich könnte mir vorstellen, Stadionverbote zunächst für ein Jahr und hinterher für längere Zeiträume zu verhängen – und dass das ausnahmslos für Personen gilt, die bei solchen Auseinandersetzungen dabei waren. Das müsste natürlich gerichtlich überprüfbar sein. Aber wir wünschen uns, dass die Polizei besser als bisher in die Lage versetzt wird, Gruppen vom Stadien fernzuhalten. Wenn etwa eine Gruppe vorher einen Zug auseinandergenommen hat, dass wir gleich am Bahnhof sagen können, dass sie das Spiel nicht sehen werden. Es muss möglich sein, dass wir solche Maßnahmen auch durchsetzen können, ohne dass wir den Einzelnen die Tat nachweisen können.

Sie wurden in den Zusammenhängen mit dem Vorfall in Stuttgart am Freitag zuletzt damit zitiert, dass es eine Frage der Zeit sei, bis es den ersten Toten gebe. Wie ernst meinen Sie das? Es ist doch purer Zufall, dass es den noch nicht gegeben hat. Wenn da mit Pflastersteinen geworfen wird und Polizisten damit getroffen werden, muss man damit rechnen, dass das passieren kann. Man kann sicher sein, dass es niemand darauf anlegt, aber wenn ein Kollege in höchster Lebensgefahr zu einer Schusswaffe greift und die Attacken gegen ihn dann noch immer nicht aufhören, ist es auch nicht auszuschließen, dass er als letztes Mittel auch auf den Angreifer zielt.

Nochmal zur Einordnung: Das ist jedoch der absolute Einzelfall. Wie gesagt – es ist ein Einzelfall, dass geschossen wurde.

Dennoch: Wie lässt sich vielleicht ein gemeinsam gangbarer Weg finden, um die Probleme zwischen Fans und Polizei zu lösen: Einfach so lange Stadionverbote erteilen, bis alle unerwünschten Fans aussortiert sind? Ich glaube, dass diese Maßnahmen eben nicht der berühmte Knopf sind, auf den man nur drücken muss. Man muss eine Vielzahl von Maßnahmen treffen. Die Faninitiativen der Vereine sind wertvolle Dinge, die vieles verhindert haben. Es gibt nämlich eben nicht den ganz Friedlichen und den ganz Gewaltbereiten. Dazwischen kann man viel vermitteln und das tun die Vereine. Am Hochschaukeln der verschiedenen Parteien und Gegner kann sicherlich niemandem gelegen sein. Ich kann dazu nur sagen: Ich habe noch nie ein Gesprächsangebot abgelehnt, aber auch noch keins bekommen.

Das ganze Interview lesen sie hier.

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