Stoppelkamp

Mit Paderborn die Bundesliga aufmischen

Die Tempel des FC Bayern München, Borussia Dortmunds, Bayer Leverkusens oder der Borussiapark in Mönchengladbach ragen wie Leuchttürme empor. Prestigeobjekte, die jedem Vorbeifahrenden bereits kilometerweit vorher ins Auge stechen, in ihren Bann ziehen, staunen lassen, beeindrucken und oft faszinieren. Faszinierend ist auf der A33 Richtung Bielefeld wenig. Viel Grün, schier unendliche Felder, Weiden mit grasenden Kühen. Dann taucht plötzlich das immerhin 150.000 Einwohner zählende Paderborn auf. Ruckzuck liegt die Studentenstadt aber auch schon hinter einem und die Autofahrer blicken wieder auf viel landschaftliche Einöde. Würde der Besucher nicht wissen, dass er in Elsen abfahren müsste, würde er fast unbemerkt an der neuesten Spielstätte der Bundesliga vorbeirauschen: der Benteler-Arena des Aufsteigers SC Paderborn.

Im Gegensatz zu den Prunkbauten der Konkurrenten wird das Stadion von der Autobahn kaum als solches wahrgenommen. Das Stadionareal, am Stadtrand mitten auf einem Feld errichtet, gleicht mehr einem Industriegebiet. Eine riesige Parkplatzanlage vor der Spielstätte, die auf den ersten Blick auch einer Lagerhalle des benachbarten Möbelhauses des SCP-Präsidenten Wilfried Finke gleichen könnte, fällt allerdings schon auf. Aber es handelt sich hier mitnichten um ein x-beliebiges Gewerbegebiet, sondern um einen Ort, der – ja! – Fußballgeschichte geschrieben hat. Hier feierte Paderborn vor knapp drei Monaten den historischen Aufstieg in die Beletage. Ein Ereignis, mit dem der Verein selbst nicht gerechnet hat, sonst wäre das 2008 fertiggestellte Stadion nicht mit nur 15.000 Plätzen ausgestattet worden. Man muss also kein Prophet sein, um sagen zu können, dass die Arena immer ausverkauft sein wird. Der Dauerkartenverkauf musste sogar gestoppt werden – 11.000 Tickets gingen weg wie warme Semmeln. Es wird folglich schwer, überhaupt noch an Karten für ein Heimspiel des SCP zu kommen.

Für Neuzugang Moritz Stoppelkamp ist aber genau das ein Vorteil. „Ich sehe es nicht so kritisch wie einige Leute, dass nicht so viele Zuschauer bei uns reinpassen. Unsere Arena ist sehr klein und die Fans sind extrem laut. Das kitzelt bei uns noch zusätzliche Prozente heraus, während unsere Gegner damit ersteinmal klarkommen müssen", sagt der Junge aus dem Ruhrgebiet.

Das gilt derweil allerdings auch für die Schwarz-Blauen, die sich in der neuen Spielklasse zurechtfinden müssen. Zum einen sportlich, aber sicherlich auch mit der bundesweiten Aufmerksamkeit. Denn seit dem Aufstieg ist nicht nur die Mitgliederzahl von 2.000 auf über 10.000 explodiert, sondern ganz Fußball-Deutschland interessiert sich plötzlich für die südwestfälische Provinz. „Dass Außenstehende sagen, dass wir der Abstiegskandidat Nummer eins sind, ist klar", weiß Stoppelkamp.

Doch der 27-Jährige ist nicht gekommen, um zu verlieren. Der Mittelfeldstratege will zusammen mit seinem Kollegen zeigen, was abseits der Großen möglich ist und blickt dabei sicherlich gerne nach Mainz. Augsburg oder auch Fürth. Vereine, die in den letzten Jahren emporgeschossen sind und sich im Millionengeschäft etabliert haben. Stoppelkamp: „Wir gehen nicht in die Saison und sagen, dass wir absteigen werden. Wir wollen überraschen. Wir sind ein Außenseiter mit realistischen Chancen, am Ende der Saison noch drei Teams hinter uns lassen zu können."

Michael Born, Geschäftsführer Sport beim SCP, formulierte es so: „Wir sind der krasseste Außenseiter aller Zeiten. Aber wir sind nicht hier, um nur Trikots zu tauschen."

Stoppelkamp stimmt seinem Chef natürlich zu, nimmt den Spruch mit dem Trikottausch aber nicht ganz so ernst. Zwar ist er kein Sammler, aber die Möglichkeit, vielleicht ein Shirt eines WM-Helden zu ergattern, möchte der Ex-Oberhausener und -Essener nicht ungenutzt lassen. „Ich bin keiner, der bereits in der Pause tauscht, aber wenn das Ergebnis am Ende in Ordnung ist, werde ich mir vielleicht das ein oder andere Trikot holen." Mit einem Augenzwinkern schiebt er nach: „Als ehemaliger Löwe von 1860 München werde ich mich bei den Bayern aber zurückhalten."

In Zurückhaltung haben sich die Paderborner bereits geübt und im DFB-Pokal gegen den Retortenklub aus Leipzig mit 1:2 den Kürzeren gezogen. Kein Wunder, zwar kickt das Spielzeug eines Brauseherstellers eine Liga tiefer, hat dafür aber gegenüber Paderborn den dreifachen Etat zur Verfügung. „Natürlich wären wir gerne weitergekommen, haben aber leider unglücklich verloren. Doch wir lassen uns von diesem Rückschlag nicht unterkriegen", zeigt sich Stoppelkamp, der im westfälischen Ländle bereits heimisch geworden ist, kämpferisch: „Wir freuen uns jetzt lieber auf eine grandiose Serie und werden Paderborn hoffentlich gut repräsentieren."

Die A33 kennt Stoppelkamp mittlerweile wie seine Westentasche. Weil seine Freundin Ina, mit der er seit drei Jahren liiert ist, noch in Hannover wohnt, pendelt der gebürtige Duisburger aus dem Pott immer in den Norden. „Der SCP liegt dann genau in der Mitte, das ist optimal für uns", ist er zufrieden und nimmt die Ausfahrt in Elsen so gekonnt, wie sich der Verein im Oberhaus verkaufen will. Schließlich braucht nicht jeder große Prunkbauten, um erfolgreich zu sein. Faszination Fußball kann manchmal so einfach sein.