1. FC Köln

"Meine Wunschliste ist nicht lang"

Im Doppel-Interview mit dem SID verraten Sportdirektor Jörg Schmadtke und Trainer Peter Stöger, wie Sie die Zukunft des FC planen.

Herr Stöger, wie bundesligareif ist die Mannschaft, die Sie aktuell haben? Peter Stöger: Ganz chancenlos werden wir nicht sein, aber wir werden noch an den ein oder anderen Schrauben drehen müssen. Über die Stärke der 2. Bundesliga sind sich die Fachleute nicht ganz einig. Aber unter dem Strich bleibt, dass in Kaiserslautern ein Zweitligist im Halbfinale des DFB-Pokals stand. Oder dass wir in Mainz gewonnen haben und in Hamburg nicht hätten verlieren dürfen."

Wie stark ist die Liga denn nun, Herr Schmadtke? Jörg Schmadtke: Ich bin sicher, sie sucht weiterhin ihresgleichen in Europa.

Der Kader scheint in der Breite schon gut aufgestellt, braucht aber sicher noch einige Spitzenkräfte... Schmadtke: Wir wollten im vergangenen Sommer einen Kader zusammenstellen, den man auch in die nächsthöhere Liga mitnehmen kann. Natürlich werden wir punktuell versuchen, eine qualitative Verbesserung hinzubekommen. Ob das auch eine andere Startaufstellung zur Folge haben wird, wird die Vorbereitung zeigen. Die Jungs, die den Aufstieg realisiert haben, haben ein gewisses Recht auf ihre Position. Da muss erst einmal einer kommen, der zeigt, dass er stärker ist. Und das wird nicht so einfach.

Sehen Sie das auch so, Herr Stöger? Stger: Auf jeden Fall. Wir werden sicher nicht zwölf Neue holen, die für etwas belohnt werden, woran sie keinen Anteil haben. Und die, die den beinharten Job gemacht haben, setzen wir vor die Tür.

Aber Sie haben doch auch sicher schon einen Wunschzettel abgegeben. Spieler für welche Position stehen darauf ganz oben? Stöger: Wie gesagt: Die aktuellen Jungs sind mit dem Druck, aufsteigen zu müssen sehr gut umgegangen, und viele haben sich enorm entwickelt. Von daher ist meine Wunschliste gar nicht so lang.

Herr Schmadtke, wie weit sind Sie schon mit weiteren Neuzugängen nach dem Polen Pawel Olkowski? Zuletzt wurde von einer Einigung mit Daniel van Buyten von Bayern München berichtet... Schmadtke: Natürlich machen wir uns Gedanken über Spieler, die ablösefrei sind und Erstligaerfahrung haben. Und wir haben auch Kontakt zu seinem Berater gehabt. Aber das war mehr ein erstes Sondierungsgespräch. Davon führen wir viele, aber das heißt nicht, dass wir einen Transfer tätigen. Dass wir uns geeinigt haben, kann ich definitiv verneinen.

Herr Stöger, ist Ihr Vertrauen in den Sportdirektor auch dadurch nochmal gestiegen, dass er im Winter schon die ersten beiden Juwelen ausgegraben hat? Stöger: Bard Finne und Kazuki Nagasawa haben uns in der Tat jetzt schon weitergebracht. Aber wir haben darüber hinaus noch einige Spieler im Kader, die noch eine Menge Potenzial nach oben haben. Auf entwicklungsfähige Spieler zu setzen, wird auch weiter unser Weg sein. Spieler für 15 oder 20 Millionen können wir uns nicht leisten.

Inwiefern haben Ihnen, Herr Schmadtke, der Trainer und die Mannschaft die Verhandlungen erleichtert, da der Weg früh Richtung Bundesliga zeigte? Schmadtke: So, wie die Mannschaft und der Klub aktuell auftreten, ist das natürlich hilfreich.

Die Fans haben Ihnen in diesem Jahr die Bude eingerannt. Nach zwei Niederlagen Ende der Hinrunde oder einigen mäßigeren Spielen, wurden sie aber auch schon unruhig. Für wie stabil halten Sie den Frieden für den Fall, dass der Verein in der Bundesliga erwartungsgemäß in der unteren Tabellenhälfte stehen wird? Schmadtke: Ich habe die Unruhe nicht als Gemecker empfunden. Da war eher Angst im Spiel, das große Ziel Aufstieg aus den Augen zu verlieren. Unsere Fans erwarten nicht, dass wir jeden Gegner mit vier, fünf Toren Unterschied abschießen. Erwartungshaltung wird auch in der Bundesliga eine Rolle spiele - und bei der unglaublichen Wucht und Masse der Fans, die wir haben, ist das ein noch stärkerer Parameter. Im inneren Kern haben wir genug Stärke, um auch mal zwei Niederlagen zu verkraften. Entscheidend wird sein, wie wir unsere Ziele formulieren und wie wir in schwierigen Zeiten auftreten.

Wie könnten die Ziele denn lauten? Schmadtke: In den ersten beiden Jahren kann es nur um Stabilisierung gehen, um nichts anderes. Das werden auch unsere Fans verstehen. Und ich bin sicher, dass diese Mannschaft mit ihrem ausgeprägten Charakter die Farben des Vereins gut vertreten wird.

In einer solch großen Stadt und einem solch traditionsreichen Verein wird aber auch schnell geträumt. Sie haben mit Hannover und Aachen im Europacup gespielt, da muss es auf absehbare Sicht doch auch mit Köln möglich sein..." Schmadtke: Das waren damals andere Zeiten, vor allem mit Aachen. Da war die Schere noch nicht ganz so weit auseinander, und wir haben einen glücklichen Moment genutzt. Wir sind gut beraten, wenn wir uns erst einmal in der Liga stabilisieren - mit all den Unwägbarkeiten und all den Tälern. Wir werden auch noch schwerere Zeiten erleben, aber die Grundsubstanz ist super.

Und wenn es doch unruhig wird, kommt Ihr Mantra-Video ('Ruhig, gaaanz ruhig', d. Red.) zur Wiedervorlage? Schmadtke (lacht): Ich nehme an, wir würden dann ein neues machen.

Wie kam es damals dazu? Schmadtke: Nach unserem Pokalsieg in Mainz herrschte große Euphorie im und um den Verein. Ich habe gesagt 'ganz ruhig', dann war es aus meinem Kopf raus. Am nächsten Tag meinten die Jungs vom FC-TV, daraus könne man etwas machen. Es steht vielleicht auch ein bisschen für den neuen FC und die Saison, die wir gespielt haben.

Was haben Sie, Herr Stöger gedacht, als Sie es gesehen haben? Stöger: Das war natürlich ein Renner in der Kabine (lacht). Aber es war der richtige Moment, auf die Bremse zu steigen. Die Leute waren kurz davor, total ausflippen. Da war auch dem Letzten klar, dass wir von oben nach unten in Ruhe und Sachlichkeit den Verein so aufzustellen, dass er erfolgreich ist.

Was sind denn Ihre persönlichen Ziele für die Bundesliga? Stöger: Vor dreieinhalb Jahren war ich noch TV-Experte. Dann habe ich einen Job in der österreichischen Regionalliga angenommen, den wahrscheinlich kein Kollege aus Wien genommen hätte. Ich bin jeden Tag 200 Kilometer aus Wien gefahren, aber ich wollte unbedingt arbeiten. Jetzt sitze ich hier und rede über die Bundesliga. Deshalb habe ich es aufgegeben, die Zukunft zu planen.

Herr Schmadtke, wie enttäuscht sind Sie darüber, dass Fortuna Düsseldorf nicht mit aufgestiegen ist? Schmadtke: Die Fortuna ist mein Heimatklub, und es wäre schön gewesen, wenn wir zusammen hochgegangen wären. Aber ich widme mich mit Haut und Haaren meiner Aufgabe beim 1. FC Köln, und Düsseldorf wird seinen Weg schon gehen.